Die Schandmaske
die im Verhältnis zwei zu eins aufgeteilt werden soll, wobei Deine Mutter das Doppelte Deines Anteils erhalten wird. Vielleicht hätte ich das schon vor langer Zeit tun sollen, aber es fiel mir schwer aufzugeben, wofür ich im Namen der Cavendishs so hart gearbeitet hatte. Heute erkenne ich, dass ein Name nichts ist, wenn nicht die Menschen, die ihn tragen, sich hervorheben, denn nicht der Zufall unserer Geburt macht uns groß, sondern unser Handeln. Indem ich Dir und Deiner Mutter die Möglichkeit gebe, Euer Leben nach eigener Wahl zu führen, hoffe ich, Euch die Chance zu geben, Euch zu bew ähren, genau wie das andere - weniger Glückliche - schon getan haben.
Nur noch eines zum Schluss : Sollte mir etwas zustoßen, und solltest Du eine Freundin brauchen, dann wende Dich an Dr. Sarah Blakeney, meine Ärztin, die Dir nur gut raten wird, ganz gleich, in was für einer Situation Du Dich befindest. In Liebe, Deine Großmutter.
Cooper legte den Brief vor Chief Inspector Charlie Jones auf den Schreibtisch. »Seitdem ich den Brief gelesen habe, frage ich mich, woher sie das Geld nehmen wollte, um Mrs. Lascelles und Ruth diese Pauschalsumme zu geben, wenn sie doch Dr. Blakeney bereits zu ihrer Erbin eingesetzt hatte.«
Charlie Jones überflog rasch das Geschriebene. »Und - haben Sie eine Antwort gefunden?«
»Ich vermute, sie ist in dem Video zu finden. Wir hätten nur wissen müssen, worauf wir achten müssen. Erinnern Sie sich an die Stelle gegen Ende, als sie Ruth direkt ansprach und erwähnte, dass sie die Absicht hatte, ihr das Haus zu überlassen, ehe Ruths Verhalten in den letzten sechs Monaten sie zu einer Sinnesänderung veranlasst hatte? Gut, unmittelbar danach sagte sie ungefähr folgendes: Du hättest die Wahl gehabt, entweder zu verkaufen oder weiterhin hier zu leben. Aber du hättest das Haus sicher verkauft, weil es nach Genehmigung der Anlage viel von seinem Charme verloren hätte. Erinnern Sie sich?«
Charlie Jones nickte.
»Ich nahm damals an, die Worte mach Genehmigung der Anlage bezogen sich auf irgendeine Geldanlage und habe nicht weiter auf sie geachtet.«
»Und?«
»Ich glaube jetzt, dass sie von einer Wohnanlage sprach. Sie hatte wohl die Absicht, den Garten zu verkaufen, weil dort eine Wohnsiedlung erstellt werden sollte. Wie sonst hätte sie den Pauschalbetrag für Joanna und Ruth Lascelles aufbringen und dennoch das Haus samt allem Inventar Dr. Blakeney hinterlassen können? Und jetzt stellen Sie sich mal vor, wie das auf Duncan Orloff gewirkt haben muss. Ein Mann, der nicht einmal die Vorstellung von ein paar schreienden Kindern im Nachbargarten ertragen kann, hätte wohl kaum ruhig zugesehen, wie sein Garten in eine Riesenbaugrube verwandelt wird.«
»Beweisen Sie es«, sagte Duncan Orloff ungerührt. »Nennen Sie mir den Bauunternehmer. Erklären Sie mir, wieso keine Korrespondenz mit dieser geheimnisvollen Baufirma existiert. Du meine Güte, guter Mann, sie hätte nicht einmal die Baugenehmigung für ein solches Projekt bekommen. Die Zeiten, wo alles zubetoniert wurde, sind längst vorbei. Jetzt versucht man die Grünflächen so weit wie möglich zu erhalten oder wiederherzustellen. Heutzutage kann man mit der Ökologie Stimmen fangen, aber bestimmt nicht mit spekulativem Vandalismus. «
Und das alles, dachte Charlie Jones niedergeschlagen, ist nur allzu wahr. Es blieb Cooper überlassen, da mit einer Prise gesundem Menschenverstand einzuspringen.
Am folgenden Morgen pr äsentierte er sich nach längeren Besprechungen mit der örtlichen Baubehörde bei der Firma Howard & Sons, Bauunternehmen in Learmouth seit 1972. Eine ältere Sekretärin, die über das unerwartete Erscheinen eines Kriminalbeamten vor Neugier fast platzte, führte ihn mit einer gewissen Feierlichkeit in das Büro von Mr. Howard senior.
Mr. Howard, ein korpulenter älterer Mann mit schütterem grauen Haar, blickte stirnrunzelnd von einem Stapel Pläne auf. »Ja, Sergeant? Was kann ich für Sie tun?«
»Wenn ich recht unterrichtet bin, hat Ihr Unternehmen die Cedar-Estate-Anlage in Fontwell gebaut. Das war vor zehn Jahren. Erinnern Sie sich?«
»Natürlich«, blaffte Howard. »Warum? Gibt es Beschwerden?«
»Soviel ich weiß, nicht«, antwortete Cooper freundlich.
Howard wies auf einen Sessel. »Setzen Sie sich. Heutzutage kann man nie wissen. Da wird mit harten Bandagen gekämpft, Rechtsstreitigkeiten sind an der Tagesordnung, und die einzigen Leute, die davon profitieren, sind die Anwälte. Erst heute
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