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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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schien ernsthaft beleidigt zu sein. «Schon zwanzig nach», knurrte er, holte eine Tupperdose aus seiner Aktentasche, breitete eine gestärkte Serviette auf dem Schreibtisch aus und arrangierte sein tägliches Mittagsmahl: eine Flasche Mineralwasser, ein Glas, gebuttertes Schwarzbrot, Besteck und die Plastikdose, die heute mal nicht mit Salat, sondern frisch angemachtem Frühlingsquark gefüllt war.
    Van Appeldorn nahm die Beine vom Schreibtisch. «Ich kann dich wirklich gut leiden, Peter, aber deine Macke mit den pünktlichen Mahlzeiten treibt mich in den Wahnsinn!»
    Cox kaute und spülte mit einem Schluck Wasser nach. «Mir tut das sehr gut. Kann ich nur jedem empfehlen.» Er war nach wie vor verschnupft.
    «Ach komm», meinte van Appeldorn versöhnlich. «Ich hab’s nicht bös gemeint. Wann kommt Irina denn endlich? Erzähl einem alten Mann, der gerade dabei ist, in seine zweite Ehe zu segeln, mal was Prickelndes.»
    Cox hatte vor anderthalb Jahren im Internet eine sibirische Deutschlehrerin kennen gelernt und sich nachhaltig in sie verknallt. Das konnte van Appeldorn nachvollziehen, er hatte ein Foto der Dame gesehen. Schon seit einem Jahr war klar, dass Irina Cox besuchen kommen wollte. Ihr Visum, falls sie es denn bekam, würde für zwei Monate gelten, und so lange wollte sie auch bleiben, wenn man sie schon zum ersten Mal in ihrem fünfunddreißigjährigen Leben aus ihrem Land herausließ.
    «Na ja, das Visum ist endlich durch, aber», druckste Cox, «ich hab halt Zweifel, immer noch.»
    Van Appeldorn zuckte zurück, als Cox ihn jetzt Rat suchend anschaute. «Wir schreiben uns zwar schon seit Ewigkeiten, jeden Tag mindestens einmal. Ich habe das Gefühl, ich kenne sie in- und auswendig, aber Papier ist geduldig, denke ich manchmal. Verstehst du?»
    Van Appeldorn rutschte auf seinem Stuhl herum. «Du kriegst das schon hin. Ich glaube, ich geh mal rüber in die Halle und gucke, wie weit van Gemmern inzwischen gekommen ist.»
    Cox nickte und widmete sich wieder seinem Quarkbrot. «Du könntest mich vorher noch kurz aufklären. Ich bin landwirtschaftlich nicht so bewandert, aber ich dachte immer, bei der Maisernte würden die Kolben gleich auf dem Feld gedroschen und nur die Körner abtransportiert.»
    «Das stimmt auch», antwortete van Appeldorn, «so macht man das mit Körnermais. Aber bei uns in der Gegend ist der Futtermais wesentlich häufiger. Und bei der Sorte werden die Stangen knapp über dem Boden abgeschnitten und als Ganzes gehäckselt. Der Brei kommt dann in Silos und wird über den Winter ans Vieh verfüttert.»
    «Verstehe, besonders groß sind die Häckselteile dann wohl nicht …»
     
    Der Anhänger stand mit hochgekippter Ladefläche am Ende der Halle. Neben dem Berg von Gehäckseltem kniete van Gemmern mit einer kleinen Schaufel und einem Sieb. Weiter vorn waren zwei Männer in den weißen Overalls des Erkennungsdienstes dabei, die Häckselmaschine in ihre Einzelteile zu zerlegen.
    «Ich habe Verstärkung aus Krefeld kommen lassen», erklärte van Gemmern. «Aber auch so werden wir Tage brauchen. Das verdammte Zeug klebt und klumpt, gut durchweicht von fünf Litern Blut.»
    Van Appeldorn betrachtete das bräunlich rote Mus und rümpfte die Nase.
    «Ja», brummte van Gemmern und schaufelte die nächste Portion aufs Sieb, «ganz taufrisch war unser Junge nicht mehr.»
    «Hast du denn schon irgendwas?»
    «Eine Gürtelschnalle, ein paar Knöpfe und ein Stück Leder, das vermutlich zu einem Uhrarmband gehört», antwortete van Gemmern, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen. Wenn er sich in eine Aufgabe verbissen hatte, ließ er sich von nichts und niemandem aufhalten, und es konnte passieren, dass er dreißig Stunden und mehr am Stück arbeitete.
     
    Bonhoeffer hatte den Fußrest in einen inkubatorähnlichen Glaskasten gelegt und behutsam durch zwei Eingriffslöcher mit Ärmeln das Stück Schuh und die Spitze einer dunkelgrünen Wollsocke abgezogen. Dabei waren ein paar Fliegen aufgestoben.
    «Die fangen wir uns gleich», murmelte er.
    Toppe trat näher heran. Besonders verwest sah der Fuß nicht aus, aber man konnte ein paar Maden winken sehen.
    Bonhoeffer stocherte mit einer Sonde. «Ganz wenige Puppen nur», sagte er. «Das bedeutet, der Mensch ist noch nicht länger als zwei Wochen tot, zwischen sechs und vierzehn Tagen, würde ich meinen.»
    «Das ist aber nicht besonders genau», maulte Toppe.
    Bonhoeffer lächelte, dieses Spiel hatten sie schon zigmal gespielt. «Mit meinen bescheidenen

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