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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Gemmern gab ein unheilvolles Grunzen von sich. «Ich komm mit, hol nur meine Jacke.»
    Aber da meldete sich erneut Ackermanns Funkgerät.
    «Die Bundeswehr macht die Bodanfähre klar. Dann is’ Matthäus am Letzten – die holen die Leute vonner Schanz!»
    Cox warf sich den Mantel über. «Kommt!»
    In diesem Augenblick ging die Sirene auf dem Dach los.
    «Katastrophenalarm!», schrie Ackermann.
     
    Toppe glaubte, Sirenen zu hören, sein Kopf dröhnte, und er musste sich übergeben. Er würgte, versuchte, nach Luft zu schnappen, aber sein Mund war zugeklebt.
    Die Ohnmacht kam wie eine samtweiche Welle. Nein, nicht! Durch die Nase atmen, tief, gleichmäßig, nicht zu schnell. Er schlug die Augen auf. Flackernde Lichtpunkte in blauem Nebel. Dunkelheit näherte sich vom Rand. Schnell schloss er die Augen. Wenn er den Kopf bewegte, würde er brechen. Er würde ersticken!
    Kalter Schweiß lief ihm in Strömen den Rücken herab. Atme, befahl er sich. Sein Bauch, sein Darm, er musste aufs Klo.
    Aus seiner Kehle löste sich ein Laut, prallte gegen verschlossene Lippen. Atmen. Seine Hände waren taub, die Schultern brannten. Er saß auf einem Stuhl! Seine Füße waren angebunden, die Arme hinter der Lehne zusammengeschnürt. Er senkte den Kopf, öffnete wieder die Augen. Der Boden kam ihm entgegen. Würgen, Schlucken, Würgen.
    Eine Stimme hinter ihm, die Worte durchdrangen nicht das zähe Brodeln in seinen Ohren.
    Er senkte das Kinn. Ein scharfer Schmerz im Gesicht, sein Mund war frei.
    Er erbrach sich in einem großen Schwall, schnappte nach Luft, würgte, bis sein Magen sich ballte, sein Schlund brannte.
    Jetzt sah er klarer, seine voll gekotzten Schuhe, einen fleckigen Teppichboden. Die Lichtpunkte waren Kerzen, weiße, schlanke Kerzen auf blauen Untertassen mit goldenem Rand, fünf Kerzen auf einem Wandbrett. Blut tropfte ihm aufs Hosenbein. Vorsichtig legte er den Kopf zurück, ein Rinnsal lief ihm ins linke Auge. Die Stimme. Jetzt verstand er die Worte. «Wenn du auch nur einen Mucks machst, puste ich dir die Lichter aus. Hat gut geklappt hiermit.»
    Eine Wasserwaage schob sich in Toppes Gesichtsfeld.
    «Voss?»
    Ein gebrochenes Lachen. «Ganz richtig, Herr Voss!»
    «Sind das …» Seine Stimme wurde kräftiger. «Sind das Sirenen?»
    «Schnauze, hab ich gesagt!»
     
    Sie sprangen in Cox’ Auto. Auf einmal waren die Funkdurchsagen deutlich zu verstehen:
    «Rheinkilometer 851, Emmerich. Das Eis bricht auf!»
    «Bewegt es sich?»
    «Heilige Scheiße!»
    «Bitte wahren Sie Funkdisziplin!»
    «Großer Gott, die Schollen, wie Rasierklingen …»
    «Richtung Oraniendeich …»
    «Was für eine Welle!»
    «Funkdisziplin, Teufel nochmal! Klare Ansagen!»
    «Rheinkilometer 851, 852, 853 – Eisschollen haben Deich durchbrochen, obere Hälfte abgetrennt, die Welle …»
    «Plan A – an alle Einheiten –, Plan A …»
    Peter Cox trat aufs Gaspedal, mit quietschenden Reifen schlingerten sie auf die Kanalstraße, aber Cox fing die Bewegung mühelos ab. Er war in jungen Jahren Rallye gefahren.
    Ackermanns Gesichtsausdruck war Furcht erregend, als er sich in den Funkverkehr einschaltete.
    Er ignorierte die wütenden Proteste.
    «Ich will ’n Hubschrauber, sofort, am Anleger in Düffelward!» – «Is’ mir scheißegal, wo er den hernehmt!» – «Intressiert mich nich’, wat der für ’ne Vorlaufzeit hat!» – «… jeden persönlich zur Rechenschaft …» – «… vor den Kadi – fahrlässige Tötung is’ noch dat Netteste!»
     
    Er saß in einem fensterlosen Flur, aber die Schreie von draußen waren gut zu hören. «Das Eis kommt!» Ein Megaphon: «Klettern Sie auf die Mauer!»
    Seine Beine waren mit Kabelbindern aus weißem Plastik an den Stuhl gefesselt.
    «Meine Finger sterben ab.»
    «Gut.» Voss stellte sich vor ihn, kerzengerade mit erhobenem Kinn und sah ihm direkt in die Augen. «Ist erst der Anfang.»
    «Warum?», fragte Toppe.
    Voss lachte leise.
    «Warum Rose Wetterborn?»
    Voss schnaubte abfällig, ging weg, öffnete eine Tür irgendwo hinter Toppes Rücken und redete dabei vor sich hin: «Klaus hier, Klaus da, Klaus, wie lieb, Klaus, wie nett. Was für ein lieber Kerl Sie sind! Was würde ich ohne Sie tun?» Er hantierte mit irgendwas.
    Draußen ging die Welt in Angstschreien und metallischen Befehlen unter.
    Toppe spürte seinen Körper nicht mehr, ihm war weder kalt noch heiß, ihm war nicht übel, er hatte keine Schmerzen, er fühlte nichts. Voss kam zurück, stellte zwei Flaschen

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