Die Schanz
lehnte sich gegen eine Hauswand, beleuchtete mit dem Feuerzeug sein Handy und gab die Kurzwahl für zu Hause ein.
Als er die Bewegung neben sich spürte, war es zu spät.
Ein kurzer, dumpfer Schmerz, dann nichts mehr.
Ackermann wählte Toppes Handynummer, sicher schon zum zwanzigsten Mal.
«Der geht einfach nicht dran. Dat is’ nich’ normal. Der geht immer dran», jammerte er.
«Nun mach dich doch nicht verrückt», sagte Cox, dabei hatte er selbst Bauchflattern. Aber er zwang sich zur Ruhe, zwang sich, nicht an Irina zu denken. Er zündete sich noch eine Zigarette an, obwohl er schon weit über seiner heutigen Ration lag.
«Lass uns noch einmal alles in Ruhe durchgehen: Am Freitag um zwanzig Uhr war Schenkenschanz komplett evakuiert. Nach eigener Aussage kehrten um 22 Uhr neun Einwohner heimlich zurück. Gegen 22 Uhr 45 bemerkten die Männer vom Technischen Hilfswerk den Feuerschein. Wir wissen außerdem, dass niemand Rose Wetterborn mit aufs Festland genommen hat und dass ihr Auto auf der Schanz geblieben ist. Folglich hat die Frau die Schanz nicht verlassen.»
Ackermann hibbelte mit den Beinen, aber er hörte zu.
«Und ich frage mich», fuhr Cox fort, «warum nicht? Warum hat diese Frau die Schanz nicht verlassen? Sie kam von außerhalb, das Hochwasser muss ihr Angst gemacht haben. Daraus kann man folgern, dass sie nicht freiwillig dort geblieben ist. Jemand hat sie gezwungen zu bleiben, einer aus dem Dorf. Habt ihr in ihrem Haus irgendwelche Hinweise gefunden?»
«Ei’ntlich bloß die ausgekippte Handtasche, sons’ nix. Nee, du has’ Recht, et sah so aus, als wär’ se am Packen gewesen un’ einer hätt’ se gestört dabei.»
«Und ich glaube, dass auch der Täter das Dorf nicht verlassen hat.»
Ackermann verzog gequält das Gesicht. «Du meins’, der hat se in seine Gewalt gehabt. Aber warum hat er se nich’ verbrannt, bevor die andren zurück waren?»
«Vielleicht wusste er nicht, dass sie zurückkommen wollten.»
«Glaub’ ich nich’. Wenn der ’n Schänzer is’, wusste er dat. Dat war längs’ abgesprochen.»
«Nun ja, vielleicht wollte er sie noch eine Weile lebendig haben …» Cox’ Miene war undurchdringlich.
Ackermann kämpfte mit einem Kloß im Hals. «Du meins’ … Vergewaltigung … der hat se quälen wollen? Aber wer von denen? Die sin’ do’ alle …»
«Jemand, der von dem Mord wusste und Boumas Tod rächen wollte, jemand, der Roses wahre Identität kannte, oder jemand, der nicht ganz dicht ist. Alles ist möglich.»
«Ob se wohl schon tot war, als se verbrannt worden is’?»
«So, wie Helmut mir die Leiche beschrieben hat, werden wir das wohl nie wissen.»
Das Telefon auf Toppes Schreibtisch klingelte, und Ackermann machte einen Satz.
«Astrid, Schätzken, alles klar?» Er drehte Cox den Rücken zu und bemühte sich, eine normale Stimmlage zu finden. «Nee, der is’ nich’ hier, der is’ auffe Schanz. Ja, ich weiß, dat alle Fluttore geschlossen worden sind, weiß ich. Jetz’ reg dich nich’ auf, wir fahren au’ gleich hin. Dat THW bringt uns rüber.»
Ackermanns Funkgerät meldete sich, er drückte schnell auf einen Knopf und sprach dann weiter am Telefon mit Astrid, die ihn aber offenkundig nicht zu Wort kommen ließ.
«Muss ’ne Störung inner Leitung sein, kein Wunder bei dem chaotischen Wetter. Pass ma’ auf, Schätzeken, ich muss jetz’ au’ schleunigst los. Mach dir keine Sorgen, wir ham alles im Griff. Ich sorg’ dafür, dat Helmut dich anruft, sobald et geht, okay? Tschö!»
Van Gemmern fegte herein, außer Atem. «Das könnte was für euch sein!» Er wedelte mit ein paar Ausdrucken. «Auf den beiden Kanistern, die ihr aus Jens Molenkamps Garage geholt habt: Fingerabdrücke von Molenkamp selbst, aber die meisten – und die sind ganz frisch – stammen von Klaus Voss.»
Sie schauten sich nur an.
Als Erster fand Cox seine Sprache wieder. «Der Kerl war mir die ganze Zeit nicht geheuer.»
Ackermann tippte wie wild Toppes Handynummer ins Telefon, wiegte sich vor und zurück, während er lauschte. Schließlich gab er händeringend auf.
«Was weißt du über diesen Voss?», fragte Cox.
«Nich’ viel, armes Schwein, Scheißeltern, Scheißmutter vor allem. Wär’ einma’ fast auffe Füße gekommen, aber dann hat er dat vermurkst, weil er … ach du Scheiße!» Ackermann stockte. «Jetz’ weiß ich et wieder. Der is’ ausse Lehre geflogen, weil er bei seinem Boss ’n paar Müllcontainer in Brand gesetzt hat.»
Van
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