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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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weiß.«

Fegan lauschte auf McGintys keuchenden Atem und Ellens leises Wimmern. Noch drei Patronen übrig. Immer vorausgesetzt, dass er nicht noch mehr Munition hatte. Das musste Fegan einfach riskieren. Er musste McGinty dazu zwingen, dass er sie verschoss.
    Am Fuß der Treppe war es dunkel. Das einzige Licht kam aus dem Fenster hinter McGinty, und selbst durch dieses drang nur die fahle Dämmerung des frühen Morgens. McGinty wusste, dass sein Gegner ein lausiger Schütze war und nicht riskieren konnte, Ellen zu verletzen bei dem Versuch, den Politiker zu treffen. McGinty wusste aber auch, dass Fegan verrückt genug war, es trotzdem zu probieren.
    Fegan sah sich im Zimmer um. Die Stühle lagen auf dem Boden verstreut, dahinter ein Stapel mit alten Vorhangstoffen. Er richtete einen der Stühle auf und legte mehrere Lagen des dicken schwarzen Samts darüber. Er war schwer, aber mit dem gesunden Arm klappte es. Dann schlich er bis zur Tür und hob den Stuhl in Höhe seiner Schultern. Die Frau und der Metzger traten zurück und ließen ihn vorbei.
    Fegan streckte den Arm vor und schob den mit Vorhangstoff belegten Stuhl vorsichtig nach draußen, Zentimeter um Zentimeter, bis McGinty das unidentifizierbare Objekt sehen konnte. Er hoffte im Dämmerlicht würde es aussehen wie …
    Ein Knall ließ den ganzen Flur erzittern. Der Holzstuhl wurde Fegan aus der Hand gerissen und fiel krachend zu Boden, gefolgt von dem zerfetzten Stoff.
    Ellen schrie auf. Dann herrschte einige Sekunden vollkommene Stille, bis er schließlich McGinty leise fluchen hörte. Wieder ein Schuss vergeudet.
    »Jetzt hast du nur noch zwei übrig, Paul«, sagte Fegan.
    »Die reichen für die beiden«, rief McGinty. »Das willst du doch nicht, oder? Zwing mich also nicht dazu. Komm nicht hier rauf.«
    »Ich muss, Paul.«
    »Mach es nicht! Mach es nicht, oder ich … ich …«
    »Was?«
    »Verflucht noch mal!«, schrie McGinty. »Jemanden zu töten ist gar nicht so leicht. Nicht, wenn man selbst den Finger am Abzug hat.«
    »Ich mache es. Glaub mir, ich tue es.«
    Fegan trat von der Tür weg. Im frühen Morgenlicht, das die Wand hinabkroch, sah er McGintys Schatten. »Du hattest doch noch nie den Mumm, es selbst zu tun, Paul. Dafür gab es immer Leute wie mich. Selbst hast du dir nie die Hände blutig gemacht.«
    McGintys Schatten wanderte hin und her, während er oben auf und ab ging, Ellen fest an sich gedrückt. »Treib mich nicht zum Äußersten, Gerry.«
    »Du hast Leute wie mich benutzt. Du hast uns eingetrichtert, wir hätten keine Zukunft. Du hast uns gesagt, wir müssten sie uns erkämpfen. Du hast uns Waffen in die Hand gedrückt und uns losgeschickt, damit wir für dich töteten.«
    »Du hast dich doch freiwillig gemeldet, Gerry. Genau wie wir alle. Niemand hat dich zu etwas gezwungen.«
    »Du hast uns angelogen.«
    »Niemand hat dich dazu gezwungen abzudrücken, Gerry. Niemand hat dich gezwungen, diese …«
    »Bei der Sache hast mich auch angelogen.« Fegan legte die Stirn an die Wand und spürte die feuchte Kühle auf seiner Haut. »Du hast behauptet, über dem Metzgerladen fände ein Treffen der Loyalisten statt. Du hast mir gesagt, die halbe UVF und UDA säßen da rum. Du hast gesagt, der Zeitschalter sei auf fünf Minuten eingestellt. Genügend Zeit, um alle zu evakuieren.«
    »Es war Krieg. Manchmal trifft es da auch Unschuldige.«
    Fegan lachte auf. »Manchmal? Aber die Schuldigen trifft es nie, oder? Doch jeder muss bezahlen. Was ist heute für ein Tag?«
    »Wie bitte?«
    »Heute ist Sonntag, richtig? Ist es tatsächlich erst eine Woche her? Meine Güte! Genau vor einer Woche hat mir eine alte Frau gesagt, dass jeder früher oder später bezahlen muss. Eine Frau, deren Sohn ich getötet hatte. Für den hat Michael McKenna bezahlt. Jetzt bist du an der Reihe. Drei Menschen sind umgekommen. Ein Metzger. Und dann auch noch ein Säugling, um Gottes willen. Eine Mutter mit ihrem Baby.«
    Fegan nahm die Stirn von der Wand und spähte hinaus in den Flur. McGintys Schatten verharrte jetzt reglos.
    »Geh einfach, Gerry. Verschwinde doch. Niemandem sonst muss etwas geschehen.«
    »Sie ist hier, Paul.«
    »Wer?«
    »Die Frau. Und ihr Baby auch. Mein Gott, ich kenne nicht mal ihren Namen. Sie ist hier, und sie will dich. Sie und der Metzger. Weißt du noch, wie es abgelaufen ist? Es war damals in allen Nachrichten. Er ging hin und nahm das Paket auf. Wahrscheinlich hat er gedacht, jemand hätte seine Einkäufe vergessen. Er und die Frau standen

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