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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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worden waren. Das Lagerhaus im Hafen von Dundalk war an diesem Morgen kalt und feucht, doch trotzdem schienen die Seeleute gute Laune zu haben. 3000 Pfund Sterling pro Nase nur damit zu verdienen, dass man einen dünnen Mann an Bord versteckte, wer hätte sich da nicht gefreut? Über das zerschossene Fenster des Clio und die Löcher in der Karosserie schienen sie sich keine Gedanken zu machen. Sie hatten raue Hände und wissende Augen. So einer wie Fegan machte ihnen keine Angst.
    Fegan zog eine Grimasse, als er das Schulterpolster seiner Jacke richtete. Sein linker Arm hing bleischwer und nutzlos herab. In gebrochenem Englisch hatten die beiden Seeleute ihm versprochen, dass sich für tausend Pfund extra der Schiffsarzt um die Wunde kümmern würde. Wo er sie sich geholt hatte, fragten sie nicht. Sie grinsten nur und steckten das Geld ein.
    Ellen schlief, sicher in ihrem Kindersitz festgeschnallt, auf der Rückbank. Marie hatte den Kopf in den Händen vergraben und lehnte mit dem Rücken an der Beifahrertür. Vom Chloroform war sie noch benommen und hatte Kopfschmerzen.
    »Schlaf erst mal ein Weilchen«, sagte Fegan. »Hier wird dich niemand behelligen. Wenn du aufwachst, bin ich weg. Dann kannst du zur Polizei gehen.«
    Sie hob den Kopf. »Und was soll ich denen erzählen?«
    »Die Wahrheit«, sagte Fegan. »Obwohl das ohnehin keine Rolle mehr spielt.«
    Als Fegan schließlich Marie hinunter zum Auto getragen hatte, während Ellen sich an seine Jacke klammerte, waren Bull und Malloy verschwunden. Offenbar hatte Quigley sie mitgenommen. Wie Fegan war vermutlich auch er nach Süden gefahren, über die Grenze. Die Fahrt zum Hafen von Dundalk hatte nicht mehr als dreißig oder vierzig Minuten gedauert, allerdings hatte es dann noch eine weitere Stunde gekostet, diese beiden Seeleute aufzutreiben und zu überreden, dass sie Fegan an Bord ihres Schiffes schmuggelten. Möglicherweise wurde Quigley ja gerade schon in irgendeinem Krankenhaus von Beamten der irischen Polizei Garda Siochdna verhört. Fegan wusste nicht, ob er reden würde, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, bis man die Leichen auf O’Kanes Bauernhof fand.
    Und was dann?
    Die Politiker und die Medien würden in Aufruhr geraten, man würde sich gegenseitig Anschuldigungen und Drohungen an den Kopf werfen, möglicherweise brach der Stormont wieder auseinander, oder die britische und die irische Regierung würden weitere Konzessionen machen, nur damit das Parlament bestehen blieb. Möglicherweise würde auch die Europäische Union noch mehr Geld für kommunale Zuschüsse lockermachen, damit es auf den Straßen von Belfast ruhig blieb. Vielleicht würden die Briten es auch den Dissidenten in die Schuhe schieben, die hatten sowieso keine Freunde.
    All das wusste Fegan nicht. Er wusste nur, dass dieses Land keinen Krieg mehr wollte. Die Lust darauf war den Leuten schon lange vergangen. Männer wie er gehörten nicht mehr hierhin. Die Erschöpfung schlug über ihm zusammen wie eine mächtige graue »Welle.
    Maries Gesicht war wie versteinert, ihre Augen waren kalt. »Und wo willst du hin?«, fragte sie.
    »Weiß ich noch nicht«, antwortete er. Selbst wenn er es gewusst hätte, hätte er es ihr nicht gesagt. »Auf jeden Fall weit weg. Ich kann nicht mehr zurückkommen. Nie mehr.«
    Marie nickte, und die unnahbare Maske fiel ganz kurz von ihr ab. Sie lehnte sich vor und gab Fegan einen Kuss auf die Lippen. Die Wärme hielt nur ein paar Augenblicke, dann wurde es wieder kalt. Marie lief um den Wagen herum und öffnete die Fahrertür.
    »Wenn du dich noch einmal bei mir blicken lässt, liefere ich dich der Polizei aus. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.«
    Fegan sah hinab auf die schlafende Ellen. Ihm war klar, in welche Gefahr er sie und ihre Mutter bringen konnte.
    »Das verstehe ich«, sagte er. »Trotzdem noch eines.«
    »Was?«
    Er nahm das Telefon aus der Brusttasche. Es war blutverklebt. Er hob es hoch. »Wenn irgendjemand dich verfolgt oder bedroht, wenn du Angst hast, dann weißt du ja, wie du mich findest.«
    Marie nickte, über ihren Mund huschte die Andeutung eines Lächelns. Noch bevor Fegan sicher sein konnte, war es schon wieder verschwunden.
    Die Chinesen sammelten ihr Geld ein und entfernten sich von dem Clio. Sie bedeuteten Fegan, ihnen zu folgen. Er steckte das Telefon weg und blickte noch einmal zurück zu Marie. Doch sie stieg schon ein und sah ihn nicht mehr an.
    »Kommen, kommen!«, riefen die Seeleute. »Kommen jetzt. Ist Zeit.«
    Als

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