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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Kopf und die Tatsache, dass seine Hände nicht zitterten. Inmitten des Todesgeruchs, der ihn umgab, fühlte er sich mit allen Sinnen lebendig. Aus der Kälte in seinem Körper war eine grelle Flamme geworden, sie glühte in seiner Brust. Er suchte die Fenster nach irgendeiner Bewegung ab.
    Mit Schüssen hatten McGinty und die anderen zweifellos gerechnet, aber nicht mit einem Feuergefecht. Bestimmt würden sie auf der Hut sein.
    Der Clio stand immer noch dort, wo er ihn abgestellt hatte. Mitten im Hof, zwischen Fegan und dem Haus. Da musste er rankommen und an die Plastiktüte, die er mit Klebeband unter dem Beifahrersitz befestigt hatte. Er warf einen letzten prüfenden Blick auf die Fenster und die Tür, dann rannte er geduckt los.
    Die Küchentür wurde nach innen geöffnet. Fegan ließ sich auf die Knie fallen, er war kaum noch einen Meter vom Wagen entfernt. Aus dem Spalt fiel ein Schuss, und etwas zischte über seinen Kopf hinweg. Die Hunde fingen wieder an mit ihrem Bellen, Jaulen und Kratzen.
    Es war Malloy. Für Sekundenbruchteile hatte Fegan seinen untersetzten Leib durch die Scheiben des Clio ausgemacht. Er lauschte auf Schritte auf dem Beton. Bei dem ganzen Lärm, den die Hunde verursachten, konnte er nicht sicher sein. Er kroch zum Wagen, der nasse Beton klebte an seinen Händen und Füßen.
    Wieder ein Knall. Fegan hörte, wie die Kugel in das verrostete Wellblech der Scheune einschlug. Es hatte sich angehört, als sei der Schuss von der Tür gekommen. Malloy war also immer noch drinnen. Fegan hatte die Hintertür der Beifahrerseite erreicht und spähte über den Scheibenrand. Die Küchentür stand einen Spalt offen, und im Innern sah er einen Schatten vorbeihuschen.
    Er duckte sich und dachte fieberhaft über seine Möglichkeiten nach. Er wollte Malloy nicht töten, aber an ihm vorbeigelangen musste er.
    Fegan schob sich wieder vorsichtig an der Scheibe hoch und spähte hindurch. Er sah, wie aus der Dunkelheit eine Hand zum Vorschein kam. Sie hielt eine Pistole. Fegan duckte sich, und ein Schuss ließ Glassplitter auf ihn regnen.
    »Ich will dich nicht töten«, rief er.
    Er wartete. Keine Antwort.
    »Ich will nur McGinty. Du kannst gehen, wenn du willst. Ich werde dir nichts tun.«
    »Du bist ein toter Mann, Fegan.« Malloys raue Stimme hallte über den Hof, sie klang nach Angst.
    Fegan wagte noch einen flüchtigen Blick durch die Scheiben des Clio und duckte sich sofort wieder weg, als er sah, dass Malloy durch den schmalen Spalt in der Tür zurückspähte. »Du musst nicht mit McGinty sterben. Nicht, wenn du jetzt abhaust.«
    Irgendwo auf der anderen Seite des Clio schlug eine Kugel ein.
    »Bitte«, rief Fegan. »Ich will dich nicht töten müssen.«
    »Leck mich.«
    Fegan schloss seufzend die Augen. »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, murmelte er.
    An der Seite des Clio entlang robbte er von hinten nach vorne und behielt den Kopf auch unten, als er die Motorhaube erreicht hatte. Er schob sich vorsichtig um die Ecke, von der Tür aus immer noch außer Sicht. Als er hochsah, erkannte er, dass man ihn vom ersten Stockwerk des Hauses aus sehen konnte. Er beobachtete die stockfleckigen Vorhänge. Bewegte sich da etwas?
    Jetzt nur noch ein paar Zentimeter, dann würde er die Tür sehen können. Wenn Malloy die Holztür nicht weiter aufgezogen hatte, würde sie Fegan verdecken. Er kroch weiter nach vorne, bis er die abblätternde grüne Farbe erkennen konnte. Malloys Pistole tauchte auf, und eine Kugel schlug ins Heck des Clio ein.
    Er denkt, dass ich immer noch da drüben bin, dachte Fegan.
    Er erhob sich bis über die Motorhaube des Clio, stützte seine Arme darauf ab und jagte vier Schüsse durch die Holztür. Dann lauschte er und hielt dabei den Lauf des Revolvers weiter auf die Türöffnung gerichtet.
    Nach einer oder zwei Sekunden hörte er einen leisen Aufschrei und das Geräusch, wie ein Körper an der feuchten Wand herabrutschte.
    Fegan fluchte. Bittere Wut stieg in ihm hoch. Das war so überflüssig gewesen.
    Er ging wieder hinter dem Auto in Deckung und schob sich zentimeterweise vor bis zur Fahrertür. Er hatte nicht abgeschlossen. Quietschend ging sie auf, Glassplitter rieselten heraus. Fegan zog sich flach über den Fahrersitz, legte den Revolver im Fußraum ab und griff unter den Beifahrersitz. Dabei behielt er weiter das Haus im Auge, zumindest den Teil, den er durch die zersplitterte Scheibe sehen konnte. Er fand die Plastiktüte mit ihrem kalten, harten Inhalt und zog an dem

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