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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Stunde Schlaf und dann ein wenig Schreibtischarbeit und eine kleine Mahlzeit. Er musste mal wieder allein sein.
    Tausend Schwalben flogen über den Platz wie eine schwarze Wolke, die die Nacht hinter sich herzog. Die Straßenbeleuchtung und die Reklameschilder gingen an.
    »Tja...«, endete Bendrup. »Gibt es noch irgendwas, das wir dir zeigen könnten? Möchtest du hier noch was Bestimmtes sehen?«
    »Im Moment nicht«, gestand Winter. »Ihr seid unheimlich entgegenkommend gewesen, muss ich sagen.«
    »Reiner Egoismus«, flachste Bendrup. »Du löst den Fall, und wir kassieren das Lob dafür.«
    »Versteht sich von selbst.« Winter wurde Bendrups Redefluss allmählich ein wenig überdrüssig.
    »Vielleicht sollten wir versuchen, die Sache ein wenig professioneller anzugehen als damals«, meinte Michaela Poulsen. »Na ja, fahren wir also. Wir können dich am Hotel absetzen.«
    »Ich gehe gern zu Fuß«, erklärte Winter. »Es ist doch nicht weit, oder?«
    »Gar nicht«, versicherte ihm Bendrup. »Geh einfach die Straße weiter, dann kommst du automatisch zum Bahnhofsplatz. Dem Kennedyplatz. Da ist doch dein Hotel?!«
    Winter hob die Hand zum Gruß und machte Anstalten zu gehen. »Ich komme morgen vorbei.« Michaela Poulsen winkte und nickte. Bendrup rief »leb wohl« und eilte zu seinem Auto.
    Winter hatte eine Weile gedöst und wurde von Motorenlärm geweckt. Irgendwann hört man es kaum noch, hatte Michaela Poulsen gesagt. Es geht einem dann so wie Leuten, die an einer Bahnlinie wohnen. Nun, hier hatte er beides. Motoren und die Eisenbahn. Winter stand vom Bett auf und trat ans Fenster. Das Zimmer lag im Dunkel, nur an eine Wand drang das Licht vom J. F. Kennedy Plads, diesem spärlich beleuchteten Viereck vor dem Bahnhofsgebäude. Draußen gaben zwei Motorradfahrer Gas, und eine Minute nachdem Winter sich ans Fenster gestellt hatte, brausten sie nach rechts weg. Ihm war, als hätten sie auf seine Silhouette gewartet. So war es bestimmt nicht, aber es war ein merkwürdiger Zufall.
    Winter vernahm helle Stimmen und versuchte die Ecke des Platzes zu sehen, die direkt unter seinem Fenster lag. In eine der beiden Telefonzellen hatten sich drei Mädchen gezwängt und telefonierten. Mit Jungen. Ganz gewiss mit Jungen, dachte Winter. Man hört es am Gekicher.
    Busse fuhren vorbei, hielten an den Haltestellen am anderen Ende des Platzes. Rechts fiel Winter der gedämpfte Schein der Mallorca Bar ins Auge. Zwei Männer gingen hinein, und einer kam heraus.
    Winter schloss die Gardinen, ließ seine Kleider fallen und auf einem Haufen auf dem Boden liegen und ging ins Bad.
    Das Duschwasser hatte fast auf Anhieb die richtige Temperatur. Er blieb lange stehen, bevor er sich einseifte und den Schaum mit dem Gesicht zu den Düsen abspülte.
    Winter zog die Gardinen wieder auf, öffnete das Fenster und schnupperte in der Abendluft. Dann holte er den Laptop aus seiner Aktentasche und stellte ihn auf den Schreibtisch rechts vom Fenster.
    Erst muss ich wohl eine Kleinigkeit essen, überlegte er und zögerte mit der Hand über der »on«-Taste. Zwei Würstchen und zwei Hof sind nicht genug.
    Er kleidete sich an und telefonierte kurz mit Ringmar, bevor er die schwarzen Boots anzog und den braunen Wollsakko vom Kleiderbügel im Schrank nahm.
    Winter bestellte ein Beefsteak mit Pommes frites und Salat. Er hatte keine Lust, an diesem Abend zwischen den Restaurants herumzuschlendern und überall die Speisekarten zu studieren. Er war auf dem Boulevarden nach Norden gegangen und ein Stück vor der Bank nach links abgebogen. Er war in das erste Restaurant hineingegangen, Jensen's Bofhus, das ihm ins Auge fiel. Die Kellnerin hatte ihn kurz kritisch beäugt und dann zu einem der wenigen freien Tische geführt. Auf die Frage, ob er etwas zu trinken bestellen wolle, hatte er sich mit einem Glas Hauswein und einer Flasche Mineralwasser begnügt. Auf der Speisekarte standen nur Fleischgerichte. Also hatte er Fleisch bestellt.
    Das Restaurant füllte sich nach und nach, während Winter auf sein Essen wartete. Schließlich waren sämtliche Tische von größeren oder kleineren Gruppen belegt, nur er saß allein da. Die Kellnerin kam mit seinem Wein und dem Wasser und fragte, ob alles zu seiner Zufriedenheit sei. Das hängt nun ganz davon ab, was sie meint, schoss Winter durch den Kopf, aber so kann ich wohl nicht antworten. Also sagte er »ja« und trank einen Schluck Wasser.
    Es roch nach gegrilltem Fleisch und Wein. Ein junges dänisches Paar saß am

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