Die Schattenfrau
gerade gesprochen haben. Aber ich muss mir das erst mal näher ansehen, ehe ich was dazu sage.«
»Was sie gemalt hat, entspringt also nicht ihrer Fantasie?« »Nein.«
»Dann könnte man sie deuten?«
»Vielleicht. Das da ist Wald und das da Wasser.« Christina Wallin zeigte auf ein Bild an der Wand.
»Was ist dann das hier?« Winter trat näher und deutete darauf.
Sie ging näher heran. »Was?«
»Das da. Rechts von dem. Was ist das für ein Ding?«
»Ich finde, es sieht aus wie eine kleine Windmühle.«
54
Winter war wieder allein im Zimmer und arbeitete sich langsam durch die Ermittlungsunterlagen. Er machte immer wieder Notizen, trank Kaffee und ging ab und zu raus, um zu rauchen oder, wenn notwendig, eine Pause zu machen.
Er wartete auf Michaela Poulsens Anruf. Winter war sich ziemlich sicher, wie sich das Gespräch entwickeln würde.
»Einen Moment lang habe ich geglaubt, wir wären dümmer als ich denke«, würde sie sagen. »Kein Kommentar«, würde er darauf antworten.
»Ein wacher Kriminalassistent hat damals, als es passierte, die Zeitungen durchgeblättert und den Artikel auf der Lokalseite über Blokhus gefunden. Genau wie du.«
»Es stand aber nichts davon in meinen Akten.«
»Wahrscheinlich deshalb, weil da nichts war.«
»Woher weißt du, dass da nichts war?«
»Ich habe Jens Bendrup gefragt.«
»Das erklärt die Sache natürlich«, würde Winter sagen.
»Das tut es tatsächlich. Er hat sich gut daran erinnert. Die Frau und das Kind vor dem Haus. Klar, dass sie das damals interessiert hat.«
»Also waren es die falschen Personen? Für euch. Für uns.«
»Ja. Die wohnten da.«
Das Telefon läutete. Die Zentrale fragte, ob ein Gespräch aus Aalborg durchgestellt werden sollte. Winter musste ein paar Sekunden warten.
»Einen Moment lang habe ich geglaubt, wir wären dümmer als ich denke. Leider hat sich das als wahr erwiesen«, begann sie.
Winter richtete sich auf, schlug ein Blatt im Block um. »Ich kann nichts über dieses Foto finden«, fuhr sie fort. »Es stand auch nichts darüber in den Akten, die ich durchgearbeitet habe«, meinte Winter.
»Das muss wirklich mit dem Teufel zugegangen sein«, fluchte sie. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Du warst doch damals nicht dabei«, tröstete Winter sie.
»Mich trifft keine Schuld, meinst du das?«
»Hier geht es doch nicht um schuld oder nicht schuld. Ihr habt damals eben gar nicht nach so was gesucht.«
»Ein schwedischer Bulle kommt her und findet auf Anhieb, was wir vor fünfundzwanzig Jahren hätten bemerken müssen. Das ist alles andere als lustig, sag ich dir.«
»Dann sag keinem was davon.«
»Jens weiß Bescheid, und er hält bestimmt den Mund. Aber ich habe versucht, es wieder gutzumachen, wenigstens zum Teil.«
»Schieß los«, sagte Winter.
»Der Fotograf ist pensioniert, lebt aber noch. Der Lokalredakteur selbst hat damals das Bild gemacht, also kein professioneller Fotograf. So ein Mist. Ich habe mit dem Mann gesprochen und er erinnert sich an den Artikel, Landgewinnung und so. Aber zu der Fotografie ist ihm nichts eingefallen. Also bin ich hin und hab ihm eine Kopie der Zeitungsseite gezeigt. Auch da konnte er sich noch nicht erinnern. Schließlich meinte er, er müsse es ja wohl gewesen sein.«
»Wann war das?«, fragte Winter.
»Er wusste den Tag nicht. Es muss kurz vor Erscheinen des Artikels gewesen sein, da der Beschluss der Verwaltung zur Neulandgewinnung erst kurz zuvor gefasst wurde. Drei Tage vor der Veröffentlichung nämlich. Also muss er das Bild in diesen drei Tagen aufgenommen haben. Oder innerhalb von zweien.«
»Hat er Abzüge?«
»Nein. Das ist der nächste Punkt. Er hat die Filmrolle einem Bauern gegeben, der mit seinem Transporter voller Schweine in die Stadt fuhr. Der hat sie in der Redaktion abgegeben, wo man sie entwickelt und Abzüge davon gemacht hat. Im Zeitungsarchiv sind sie noch alle, ganz ordentlich einsortiert. Das weiß ich so gut, weil ich von da anrufe.«
»Du hast das Foto also?«
»Ich habe sogar die Negative. Es gibt nicht nur eine Aufnahme von der Gegend. Ich nehme sie alle mit ins Präsidium und lasse unseren Fotografen in der technischen Abteilung daran arbeiten. Sobald wir die Vergrößerungen haben, lasse ich von mir hören.«
»Ausgezeichnet.«
»Ich habe auch mit dem Richter in Hj0rring gesprochen. Er zögert mit einem Durchsuchungsbefehl für das Haus in Blokhus und verweist mit Recht auf den Paragraphen 794: Es muss ein nachweisbarer Grund zu der
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