Die Schattenfrau
bemerkt. Einer der gestohlenen Wagen war nicht wieder aufgetaucht, aber der Besitzer hatte ein Alibi und eine makellose Vergangenheit.
Die hatten allerdings bei weitem nicht alle. Ein Achtel der Fahrzeughalter war bereits einmal wegen eines Bagatelldelikts oder etwas Schlimmerem verurteilt worden. Halders war jedoch lange genug Polizist, um entscheiden zu können, ob das eine große oder eine eher geringe Anzahl war. Er fand, sie war erfreulich gering. Was nicht direkt hilfreich war. Ein Verkehrsdelikt, Trunkenheit im Straßenverkehr, leichte Körperverletzung, kleinere Diebstähle oder ein Einbruch machten den Betreffenden noch nicht gleich zum Mörder. Die Vorbestraften waren eher lästig, nahmen Zeit in Anspruch, auch weil man sich durch einen Haufen Akten arbeiten musste.
Etwas anderes ging Halders ständig im Kopf herum. Es betraf einen dieser Vorbestraften: Bremer. Georg Bremer. Der Alte hatte einmal wegen Einbruchs gesessen. Sechs Monate. Vor zwanzig Jahren. Halders erinnerte sich an sein Haus auf dem Land. An den Weg dorthin durch die Wildnis. Die Pferde am Feldrand. Die Flugzeuge, die nach Landvetter und Härryda hereinkamen und über das Haus donnerten.
Verdammt, grübelte Halders. Was kann das nur sein? Was daran lässt mir keine Ruhe? Hab ich vergessen, was zu überprüfen? Irgendwas hatte ich mir doch vorgenommen zu tun. Aber was?
Er blätterte, las nach. Die Werkstatt!
Aneta hatte sich Notizen gemacht, aber er hatte selbst den Bericht geschrieben. Wer hatte diese Werkstatt überprüft, wo Bremer sein Auto zur Reparatur stehen hatte? Hätte er selbst das in die Hand nehmen müssen? Nein, sagte sich Halders. Aber wem hatte er den Auftrag gegeben? Es stand nicht da. Noch nicht einmal der genaue Name der Werkstatt stand da. Aber er hatte doch den Namen notiert, irgendso etwas Austauschbares, wie Autoreparaturen AG oder so. Darum würde er sich sofort kümmern, beschloss Halders. Vielleicht war die Angelegenheit längst erledigt, aber das ging aus dem Bericht nicht hervor. Halders sah auf die Uhr und rief Möllerström an, der sich nach dem dritten Rufzeichen meldete. »Hier ist Fredrik. Könntest du mir bei einer Sache helfen?«
Und nun saß Halders vor einem anderen Bericht: dem Protokoll eines Verhörs, das er geführt hatte.
Veine Carlberg, so hatte Halders herausgefunden, hatte die Werkstatt in Hisingen längst überprüft. An ihr war nichts auszusetzen. Und der alte Bremer hatte auch wirklich sein Auto dort zur Reparatur abgegeben. Schaden an der Ölwanne. Auch die Zeitangaben hatten übereingestimmt. Merkwürdig war nur, dass einer mit so einem Leck den ganzen Weg quer durch die Stadt machte. Aber Bremer kannte den Besitzer der Werkstatt schließlich.
Fredrik Halders aber auch. Jonas Svensk war ein alter Bekannter, mit dem er erst vor kurzer Zeit ein kleines Verhör geführt hatte. Halder versuchte sich zu erinnern, bei welchem Fall. Svensk hatte vorgegeben, sich von seiner Vergangenheit längst gelöst zu haben. Einer Rocker-Vergangenheit.
Halders hatte ihm nicht geglaubt.
Sollte er sich mit Winter über Bremer und Svensk unterhalten? Oder sollte er zuerst selbst der Sache nachgehen? Winter war mit unheimlichen Berichten aus Sm0rrebr0dsland zurückgekehrt. Hatte von blitzendem Chrom und einer langen Allee erzählt. Winter hatte das Richtige getan, als er rübergefahren war. Vielleicht könnte er, Halders, auch etwas Richtiges machen. Er auch.
Halders überlegte. Sie verfolgten verschiedene Spuren und mussten dabei Schwerpunkte setzen. Im Augenblick kreiste alles um Billdal, die neue Spur. Außerdem hatte Winter bei der Besprechung am Morgen von dem Ferienhaus in Dänemark und von Helene Andersens Verbindung dorthin gesprochen. Von diesem Zusammenhang oder wie zum Teufel man es nennen wollte.
Dieser Bremer hatte ein großes Grundstück. Aneta hatte die Aussicht bewundert. Als wäre es ein Ferienhaus.
53
Winter saß bei Christina Wallin, die Psychologin und Psychotherapeutin war. Winter hatte sich schon in zwei früheren Fällen an sie gewandt.
Er hatte versucht, Fragmente von Puzzleteilen in den mageren Krankenakten zu finden. Fragmente von Helenes Erlebnissen. Wenn sie dort zu finden waren, dann nur zwischen den Zeilen. Winter wünschte, ein Therapeut hätte mit der erwachsenen Helene gesprochen.
»Sie hätte es gebraucht«, stimmte ihm Christina Wallin zu.
»Kann sie nicht zu einem Therapeuten gegangen sein, ohne dass wir es erfahren haben?«
»Habt ihr nicht alles
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