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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Nachbarschaft einen fröhlichen Anstrich. Winter stieg der Duft von gebratener Wurst in die Nase, von überhitztem Spätsommer.
    Er hörte ein Dröhnen und hob den Blick. Ein Hubschrauber verharrte in der Luft, an der gleichen Stelle, wo sich vorher die Luftballons befunden hatten. Es war, als zerschnitten die Rotorblätter das schwache Mondlicht und sandten es in kurzen Blitzen über den Himmel. Der Hubschrauber wendete schwerfällig und flog weiter Richtung Stadt. Das Fest schien zu warten. Auf der anderen Seite der Tankstelle standen die Autos in dichter Schlange bis vor das Ullevi-Stadion. Die ganze Stadt war verstopft. Winter blieb am Auto stehen und blickte genervt auf die Schlüssel in seiner Hand und das Auto vor sich: Er würde nicht viele Meter in der Stunde auf der Straße vorankommen.
    Winter machte kehrt, lief zum Eingang zurück und weiter zum Fahrradständer. Für Situationen wie diese hatte er hier immer ein Reservefahrrad stehen. Er lächelte einer Rechtsanwältin zu, die nach ein paar Stunden Arbeit oben in der U-Haft das Präsidium verließ. Sie setzte sich auf die Bank. Winter vermutete, dass sie auf ein Taxi wartete. »Brauchen Sie eine Mitfahrgelegenheit?«, fragte er und zeigte auf seinen Gepäckträger. Er kannte sie nur flüchtig. Sie antwortete nicht, sondern blickte in die andere Richtung. Bestimmt ist sie die Anwältin, überlegte Winter. Ich habe sie doch im Gericht gesehen. Sie erkennt mich nur nicht. Vielleicht liegt es an der Sonnenbrille und dem Hemd und den abgeschnittenen Jeans. Für sie machen Kleider Leute.
    Er strampelte am Hauptbahnhof vorbei und zum Fluss hinunter. Weiter im Westen war er gezwungen, zwischen den Menschen zu kreuzen, die auf dem Weg zu und von den Bierzelten am Lilla Bommen unterwegs waren. Vor der Oper lief ein Mann bei Rot über die Straße, und Winter wäre um ein Haar mit ihm zusammengestoßen. Doch Winter wich nach rechts aus und verlor kurz das Gleichgewicht. Er griff nach der Schulter des Mannes, um nicht zu stürzen.
    »Was fährst du denn für einen Scheiß zusammen, du Tölpel«, schrie der Mann Winter ins Gesicht. »Lass mich los, verdammt noch mal.« Winter roch die Alkoholfahne des andern, in dessen Augen es zornig aufblitzte.
    »Ist ja gut«, beschwichtigte ihn Winter und versuchte, den Lenker dem Griff des Mannes zu entwinden.
    »Du haust mir nicht ab, verdammter Fahrradrowdy«, brüllte der Mann und packte den Lenker fester.
    Der perfekte Abschluss eines langes Arbeitstages, dachte Winter und riss kräftig, während er gleichzeitig zwei Schritte rückwärts machte. Der Fremde ließ mit verwunderter Miene los, stellte sich ihm aber in den Weg, als Winter versuchte wegzufahren. Sie hatten Publikum bekommen.
    »Heja, Nasse«, rief einer.
    Winter dachte, was für ein Schwein, als der Mann erneut nach ihm griff. Da ließ Winter das Fahrrad los, zog seine Brieftasche aus der Hose und nahm den Ausweis heraus. Er erinnerte sich noch zu gut an seine Hände um Benny Vennerhags Hals. So etwas durfte nicht noch einmal passieren.
    »Ich geb dir eine Chance«, erklärte Winter. »Ich bin Polizist. Du kannst entweder sofort von hier verschwinden, oder du bekommst echte Schwierigkeiten.«
    Nasse starrte auf den Ausweis, dann wandte er sich seinem Publikum zu.
    »Heja, Nasse«, brüllte der Schreihals von gerade noch einmal, und Nasse starrte Winter an.
    »Hau ab«, wiederholte Winter. »Du hast fünf Sekunden.«
    Er bückte sich und hob sein Fahrrad auf, während Nasse regungslos dastand. Der muss nüchterner gewesen sein, als ich dachte, überlegte Winter, setzte sich aufs Rad und strampelte weiter, so schnell er konnte. Dieses Stadtfest ist eine gefährliche Veranstaltung, vor allem für Bullen. Aber ich bin besser davongekommen als Aneta.
    Es duftete nach frisch gemähtem Gras, als er das Fahrrad an den Eisenzaun lehnte und den kurzen Gartenweg zur Treppe ging. Es war Monate her, dass er zuletzt hier gewesen war. Warum das so war, über diese Frage hatte er gegrübelt, während er durch Hagens stille Straßen radelte. Vielleicht konnte seine Schwester ihm bei der Antwort helfen, aber einen der Gründe kannte er. Er hatte zum Nachbarhaus auf der linken Seite geblickt, als er das Rad abstellte. Kein Licht. Ein halbes Jahr zuvor hatte er versucht, den Mord an dem 19-jährigen Jungen, der in dem Haus aufgewachsen war, aufzuklären. Er war dort gewesen und hatte mit den Eltern des Jungen gesprochen, und es war furchtbar gewesen.
    Die Tür zum Haus der Schwester

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