Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
hinab, während die Energien wie ein reißender Bach aus seinen Händen strömten. Kaum hatte sich die erste Lücke aufgetan, wusste er Bescheid. Jenseits des Erdrutsches sah er zwei Personen: Dubhe und eine schwarz gekleidete Gestalt, unverwechselbar ein Mitglied der Gilde. Doch Dubhe war nicht bei sich, ihre Züge waren verzerrt, die Muskeln unter der Haut zuckten bei ihren raubtierhaften, rhythmischen Bewegungen.
Bis dahin hatte Dubhe immer ihr Aussehen bewahren können, wenn die Bestie in ihr hervorgebrochen war. Nur ihr Gesicht war zu einer brutalen Maske verzerrt gewesen. Nun jedoch waren Muskeln und Glieder angeschwollen, erfüllt von jener geheimen Kraft, die nur der Fluch ihr verleihen konnte. Wie ein wildes Tier sah sie aus, so machtvoll wie nie zuvor hatte sich die Bestie trotz des Tranks durchgesetzt.
Wie beim ersten Mal, als er die Bestie hatte wüten sehen, war Lonerin wieder wie versteinert. Sogar unfähig, weiter die Steine fliegen zu lassen, stand er nur wie angewurzelt da und sah ihr fassungslos mit offenem Mund zu.
Das Gesicht zu einer hässlichen Grimasse verzerrt, beugte sich Dubhe tief über Rekla, hatte die Hände um den Hals der Frau gelegt und drückte krampfhaft mit aller Gewalt zu. Lonerin konnte die Füße der Frau erkennen, die wild hin und her zappelten, doch mit jedem Augenblick wurden die Bewegungen schwächer und langsamer. Den Mund weit aufgerissen, rang sie nach Luft, um Worte zur formen, die niemand mehr hören würde. »Lass sie!«
Der Schrei hinter ihm ließ Lonerin zusammenzucken. Verzweifelt bemühte sich Filla, sich von dem Zauber, der ihn gefesselt hatte, zu befreien, konnte aber nur mit irrem, panischem Blick machtlos dem Geschehen beiwohnen.
Reklas Füße erstarrten, und das fürchterliche Geräusch berstender Knochen zerriss die unnatürliche Stille, die Fillas Aufschrei gefolgt war. Doch immer noch ließ Dubhe ihr Opfer nicht los, wandte ihnen nur den Blick zu. Lonerin lief es kalt den Rücken hinunter. Das war sie nicht. Das war nicht Dubhe, dieses Wesen mit dem triumphierend strahlenden Blick, dem irren Grinsen, dem blutbesudelten Gesicht.
»Oh Herrin!«, schrie Filla, vollkommen außer sich. Mit letzten Kräften hatte er einen Arm freibekommen und schleppte sich nun auf den Geröllhaufen zu.
»Haltet aus, Herrin, haltet aus!«
Der Fluch hat sie zerstört, dachte Lonerin mit wachsendem Grauen.
Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als Dubhe mit einem unglaublichen Satz durch die Bresche sprang, die er selbst geöffnet hatte, und sich wie von Sinnen auf Filla stürzte.
Lonerin sah zu, wie sie ihn mit bloßen Händen zerfleischte, Händen, die ihn nicht lange zuvor noch gestreichelt hatten und nun echte Waffen waren. Noch nie im Leben hatte ihn das Grauen so gelähmt. Er konnte nichts anderes tun, als dazustehen und zuzuschauen. Für einen Moment traf sich sein Blick mit dem von Filla. Der Mann war weder in Panik noch von Schmerzen überwältigt. Er lag nur da und blickte mit einer Miene, die von unermesslicher Traurigkeit sprach, auf das schwarze leblose Bündel am Boden jenseits der Geröllmassen.
»Lass ihn!« Spontan waren Lonerin diese Worte über die Lippen gekommen, wobei er schon wusste, wie vergeblich sie waren.
Ich muss sie davon befreien! Ich muss!
Er warf sich auf Dubhe und packte ihre plötzlich so muskulösen Schultern. Ihre Kräfte waren tatsächlich beeindruckend, denn mit einem Stoß schüttelte sie ihn ab und schleuderte ihn gegen die Felswand. Lonerin schrie vor Schmerz, und ihm wurde schwarz vor Augen. Als er den Blick wieder hob, stand Dubhe mit blutrünstiger Miene vor ihm. »Komm zu dir! Ich flehe dich an!«
Dubhe rührte sich nicht, starrte ihn nur an mit ihrem irren Blick, ging aber nicht auf ihn los. Sie schien verwirrt.
Das war der Moment. »Lithos!«, schrie Lonerin aus Leibeskräften, und sofort erstarrte sie. Er atmete kurz durch, eilte dann zu der Tasche, die während des Kampfes in eine Ecke geflogen war, und durchwühlte sie. Als seine Fingerspitzen das kühle Glas berührten, spürte er, dass nun doch nicht alles verloren war, dass es noch Rettung für sie gab.
DRITTER TEIL
Sie ist ja noch da, direkt hei mir, ein Schluck von dem Trank, und alles wird wieder so wie vorher sein. Es war ein tragisches Unglück, mehr nicht. Dubhe ist nicht verloren, ich kann sie retten!
Er eilte zu ihr. Filla lag am Boden und weinte leise.
»Oh Herrin ... oh Herrin ... Rekla ...«, raunte er, den Blick immer noch auf den
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