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Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Titel: Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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leblosen Körper jenseits der Geröllmassen gerichtet. Dann verstummte er. Mit Gewalt öffnete Lonerin Dubhes Lippen und ließ ihr den gesamten Inhalt des Fläschchens die Kehle hinunterlaufen. Schon sah er, wie sich ihre Glieder langsam von dem Zauber lösten, wie sie matt und erschöpft in seinen Armen zusammensank. Gespannt beobachtete er ihre Gesichtszüge, doch die ihm vertraute Dubhe wollte nicht Gestalt annehmen. Ihre Augen waren immer noch blutunterlaufen, ihre Miene war grimmig verzerrt.
    Sie wird wieder tu sich kommen. Der Fluch kann sie nicht verschlungen haben!, machte sich Lonerin weiter Mut, glaubte aber selbst immer weniger daran. Der Schmerz traf ihn mit der Gewalt eines Faustschlags.
    »Dubhe ... Dubhe ...«
    Sanft legte er sie zu Boden, stützte ihren Kopf. Sie hatte die Augen geschlossen, und ihr Gesicht war leichenblass. Einige Augenblicke vergingen, dann bewegte sich etwas unter ihren Lidern. Als sie wieder zu sich kam, waren ihre Pupillen wieder die dunklen Seen, in denen er sich verlieren konnte und die er so liebte. Nur noch von Schmerzen war ihre Miene verzerrt. Die Bestie war gebändigt. »Danke, danke ...«, murmelte Lonerin, der dieses Geschenk gar nicht fassen konnte. Fest drückte er sie an sich, wiegte sie in seinen Armen.
    »Es wird alles gut, Dubhe, es wird alles gut. Ich habe dir das Mittel gegeben, jetzt musst du dich nur noch erholen.«
    Sie blickte ihn an und murmelte seinen Namen. Dann schwanden ihr wieder die Sinne.
    Ich beobachtete, wie die beiden den Drachen bestiegen, zunächst Nihal, dann Sennar. Wie sie es gewünscht hatten, waren nur Soana und ich anwesend. Ein Wunsch, den ich verstehen kann und den wohl jedermann respektieren muss. Der Abschied war kurz, Umarmungen, einige wenige Worte. Alles, was zu sagen war, hatten wir uns am Vorabend schon gesagt. Dann breitete Oarj seine mächtigen Flügel aus, bewegte sie ein paarmal in der frischen Morgenluft auf und nieder und hob schließlich mit Leichtigkeit ab. Soana und ich sahen ihnen nach, wie sie am Himmel immer kleiner wurden, wie sie von uns fortflogen, dem Saar entgegen.
    Sie sind fort. Das ist eine Tatsache. Und sie werden nicht mehr zurückkehren. Sie sind fortgezogen in die Unerforschten Lande.
    Aus IDOS AUSSAGE VOR DER VOLLVERSAMMLUNG DES RATS ANLÄSSLICH DES VERSCHWINDENS DER DRACHENRITTERIN NIHAL UND DES MAGIERS SENNAR

Die Rettung
    Die leere Ampulle in einer Hand, mit der anderen Dubhes Kopf stützend, saß Lonerin da. Nach all dem Kampfeslärm schien die Stille zu dröhnen.
    Entgeistert blickte er sich um. Jenseits des Geröllhaufens lag Reklas Leiche, kaum mehr als ein schwarzes Bündel in einer Blutlache. Diesseits die von Filla, ebenfalls verrenkt und zerfetzt, fast spiegelbildlich zur Position seiner Herrin, der Wächterin der Gifte.
    Einen Augenblick verweilte Lonerin bei diesem Gesicht, den weit aufgerissenen Augen, die voller Trauer auf die Frau gerichtet waren, die er geliebt hatte. Das Letzte, was er im Leben sah, sein letzter Gedanke. Der Hass auf diesen Mann, den Lonerin verspürt hatte, verrauchte vollends, löste sich in Mitgefühl auf. Wozu all dieses Leid? Für wen? Für Thenaar?
    Er senkte den Blick und betrachtete Dubhe, die in seinen Armen lag. Sie war totenblass. Wie sollte er ihr bloß helfen? Trotz seiner Liebe und Hingabe war die Bestie im Begriff, sie für immer zu verschlingen. Lonerin war müde, hatte keine Kraft mehr weiterzumachen. Es war alles zu viel. Er drückte Dubhe an sich und spürte die schwachen Schläge ihres Herzens. Ihm war nach Weinen zumute. Sie braucht deine Hilfe, Dummkopf, mach schon!
    Er riss sich zusammen, versuchte klar zu denken, ihre Situation und Dubhes körperliche Verfassung nüchtern einzu schätzen. Aber es fiel ihm schwer: Angst und Sorge setzten ihm zu, und nur mit größter Anstrengung gelang es ihm, die Gedanken zu ordnen.
    Dubhe hatte eine lange Fleischwunde in der Brust, und eine Klinge hatte ihre Hand durchbohrt. Praktisch überall hatte sie Kratzer und Blutergüsse, ihr Atem war schwach, ihre Blässe entmutigend. Wenn ihm nicht bald etwas einfiel, lief er Gefahr, sie diesmal für immer zu verlieren. Kühlen Kopf, Lonerin, du musst jetzt kühlen Kopf bewahren Übelkeit. Er spürte einen Brechreiz in der Kehle, zusammen mit dem salzigen Geschmack von Tränen. Am liebsten hätte er laut geschrien und gar nicht mehr aufgehört, den Himmel um Hilfe anzuflehen. Doch er war allein, entsetzlich allein.
    Mit zitternder Hand fuhr er über Dubhes Wunden:

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