Die Schattenmatrix - 20
als sie war. Ihr einst so glänzendes Haar sah struppig und trocken aus, und ihrer hellen, zarten Haut fehlte die Geschmeidigkeit, die Lew so gut kannte. Er ließ sich für einen Moment von seiner Angst verzehren. Wie sollte er es nur ertragen, wenn Marguerida scheiterte und Dio starb? Einige Minuten lang geschah gar nichts. Marguerida fuhr fort, Dios Gestalt mit der Matrixhand zu untersuchen, wobei sie gelegentlich zu Mikhail blickte, um sich wortlosen Rat zu holen. Lew sah zu Liriel, die sowohl seine Frau als auch seine Tochter überwachte, und sagte sich, dass den beiden nichts zustoßen konnte. So war es jedenfalls in der Theorie, aber auf die hatte Lew noch nie viel gegeben.
Wenn er doch nur etwas tun könnte! Lews Ungeduld war wie ein heftiges Jucken, wie ein Brennen auf der Haut. Was tat Marguerida da eigentlich? Wieso hatte er diesem Versuch überhaupt zugestimmt?
Er beobachtete, wie seine Tochter die Hand über Dios Brust hielt. Die schwachen Linien auf ihrer Hand wurden heller und leuchteten schließlich. Lew konnte die Form der Schattenmatrix jetzt deutlich erkennen. Dann pulsierte ein Licht um Marguerida herum, bis sie nur noch eine helle Lichtgestalt war. Was war das? Lew sah nun, wie Mikhail mit seinen eigenen Kräften Marguerida unterstützte und beschützte. Die beiden funktionierten als Einheit, und nach Liriels Gesichtsausdruck zu urteilen, musste etwas sehr Bemerkenswertes vor sich gehen.
Der Lichtzauber wurde schwächer, als sich Marguerida mit ruhiger Miene aufrichtete. Sie lächelte Lew aufmunternd zu. Dann zuckten Dios Augenlider. Lew vergaß alles andere, er stürzte zu dem Apparat und beugte sich über seine Frau. Dio zeigte ihr vertrautes, katzenhaftes Gähnen, blinzelte ein paar Mal und räkelte sich behaglich.
Dann öffnete sie die Augen und starrte Lew einen Moment lang an, als wüsste sie nicht, wer er ist. Doch schließlich erschien ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht, und sie griff nach Lews Hand. Sein Herz hämmerte wie wild, und vor Freude stockte ihm schier der Atem.
Lew schloss die Hand um die Finger seiner Frau, er spürte die lederne Haut und das Blut, das darunter pulsierte. Dio schluckte und verzog das Gesicht, als hätte sie einen unangenehmen Geschmack im Mund. Dann flüsterte sie mit vor Staunen runden Augen: »Ach, Lew! Da war so eine Musik …!«
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