Die Schattensurfer (German Edition)
Fall.“
Luan nickte abwesend. Mit nervösen Fingern strich er über sein ceeBand: 1 Stunde 13 Minuten. „Schnell, wir müssen Pablo rausholen, und Nele, Chris, Nick und Emil.“
„Da kann ich helfen“, mischte sich Doktor Tornham ein. „Eure Freunde sind hier im Kristallamt, im Verhörraum BC389.“
„Wo?“, fragte Luan.
Doktor Tornham winkte. „Kommt mit! Ich bringe euch hin.“
Im Gehen wischte Sansibar über ihr TwaddleBand: „Papa, wo bist du?“
Das Bild von Herrn Arbani flimmerte auf. Seine schwarzen und grauen Haare standen immer noch wirr ab, aber seine Augen strahlten. Die Schatten darum herum waren wie wegradiert und das Stirnband mit dem Kristall hatte er längst heruntergerissen. „Bin gleich bei dir. Wir treffen uns am Haupteingang.“
Doktor Tornham eilte voraus. Immer wieder wurden sie aufgehalten. Doktor Tornham grüßte jeden. Das ganze Kristallamt glich einem Ameisenhaufen. Fröhlich plappernd drängten und schoben Mitarbeiter durch die Gänge. Kein Einziger trug noch seinen Kristall.
Im Raum BC389 gab es ein riesiges Hallo. Nele, Chris, Nick und Emil schrien durcheinander und fielen Luan und Sansibar um den Hals. „Tut mir so leid“, schluchzte Nele.
„Schon in Ordnung“, sagte Sansibar.
In abgehackten Sätzen berichtete Luan, was passiert war. Sie müssten sich beeilen, um Pablo zu retten. Er trieb sie an.
Der kleine Emil rannte neben Luan und sah zu ihm auf. Chris hastete hinterher. Und Nick hatte einen genauso roten Kopf wie Kalawesi.
Das Kristallamt glich einem riesigen Labyrinth. Und alles sah gleich aus. Die Gänge führten mal nach links, mal nach rechts, verästelten sich und liefen an anderer Stelle wieder zusammen. Ohne Doktor Tornham wären sie verloren gewesen. Endlich, nach einer halben Stunde hatten sie den Ausgang erreicht.
Sansibar sah Papa draußen vor dem geöffneten Lichtportal stehen. Ein erstes Morgenrot verdrängte das Grau des Nachthimmels. Verlegen drehte Herr Arbani seine Mütze in den Händen. Er lächelte. Kreischend rannte Sansibar ihrem Vater entgegen. „Papa!“ Sie warf sich in seine Arme. Herr Arbani hob Sansibar hoch, als wäre sie noch ein kleines Kind. Er schwang sie im Kreis, in Wellen, hin und her. Immer wieder. Sansibar wurde schwindelig vor Glück. Alles um sie herum verschwamm zu einem wunderschönen Orange mit einem Schuss Lila.
„Papa, ich wollte dich nicht an die Sipos verraten“, heulte Sansibar.
Herr Arbani stellte Sansibar vorsichtig ab und strich ihr eine lila Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du konntest doch nichts dafür, mein Kleine. Du warst fast noch ein Baby. Es war nicht deine Schuld. Und jetzt fahren wir zu Mama. Wir zwei. Es hat eben ein bisschen länger gedauert. Ich hätte mich einfach mehr um dich kümmern müssen. Immer diese Verwaltungsanordnungen.“ Herr Arbani schniefte und wischte sich mit dem Handrücken unauffällig über die Augen.
„Wir kommen mit“, rief Luan, „Wir müssen Pablo befreien, bevor die Garmal-Sammler ihn auf Eis legen.“
Herr Arbani hüstelte: „Auf meinen Scooter passen leider nur zwei.“
Nacho heulte schauerlich auf.
„Dich lassen wir bestimmt nicht hier“, sagte Luan.
„Kein Problem, Freunde, wir nehmen meinen Dienstwagen“, bot Doktor Tornham an. Und schon winkte er ein großes Fahrzeug mit mehreren Sitzreihen heran. Kalawesi stieg auf der Beifahrerseite ein. Die anderen kletterten nach hinten. Sie quetschten sich auf die weich gepolsterten Sessel. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, nahm auch Doktor Tornham im Fond Platz. „Ich hoffe, ich störe nicht“, meinte er. Seine Frisur war mittlerweile in Unordnung geraten und das Hemd aus der Hose gerutscht.
Kalawesi brummte, aber Sansibar meinte nur: „Wir freuen uns, wenn sie mitkommen.“
Luan klopfte dem Fahrer auf die Schulter und drängte: „In die Schattenstadt, Lindenallee, schnell.“
Der Fahrer drehte sich um und starrte Luan entgeistert an.
„Überqueren Sie die Mauer am besten im Nordquadranten, Position 348. Dann sind Sie gleich in der Lindenallee“, fügte Doktor Tornham hinzu.
„Wenn Sie meinen, Herr Doktor“, räusperte sich der Fahrer und setzte die große Limousine in Bewegung. Lautlos hob sie ab und schlängelte sich durch die überfüllten Flugbahnen in die Taxispur. Von oben sahen sie den glühenden Morgenhimmel. Die Sonne verwandelte die Wolken in orangefarbene Watte.
Nervös blickte Luan immer wieder auf sein ceeBand. „Beeilung“, drängte er. „Uns bleiben nur
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