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Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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wieder an.
Aber Fernando gab keine Antwort.
    »Wir werden ihn forttragen müssen«, sagte Michel. »Wahrscheinlich hat er einen Schlag auf den Kopf erhalten, und sein Gehirn ist verletzt worden. Fragt den Häuptling, was ihm geschehen ist.« Tunatatschi grinste nur und sagte, daß er nichts von den Geheimnissen der Seele eines weißen Mannes wüßte, daß er selbst aber noch heute morgen bei Sonnenaufgang mit ihm gesprochen hätte. »Zu dieser Zeit«, meinte er, »war sein Geist noch bei ihm.«
    Michel blickte sich mißtrauisch um. Er hatte viel davon gehört, daß die unzivilisierten Völker über Gifte verfügten, deren Wirkung man im Okzident nur vom Hörensagen kannte. Er trat zur Seite und ließ plötzlich einige seiner schrillen, teuflisch klingenden Triller hören.
    Alle, auch Ojo und Mutatulli, fuhren erschrocken zusammen. Sogar Fernando wandte langsam den Kopf zum Pfeifer hin. Der Glanz eines schwachen Erkennens trat in seine Züge, erlosch aber sofort, als das Pfeifen verstummte.
    »Wenn wir zu den Schiffen zurückkommen, werde ich Ernesto den Auftrag geben, mit einigen Leuten nach hier zu gehen, um den Kranken zu holen. Jetzt wollen wir den Vertrag aufsetzen.«
    Er zog eine Rolle Papier aus dem Wams und zückte das letzte, kaum noch sichtbare Bleistiftstümmelchen, das er noch besaß.
    Alle drei setzten sich, und Michel schrieb auf, was er dem Häuptling an Goldgulden und Sachwerten zugestand.
    Es war ein stolzes Gefühl für Tunatatschi, als er mit dem Bleistift nach langem Überlegen einen hundertfach verschnörkelten Schriftzug unter den Vertrag setzte.
    Michel besah sich die Hieroglyphen und — — — staunte nicht schlecht. Was der Inselhäuptling dort hingeschrieben hatte, waren europäische Schriftzeichen, natürlich ungelenk und nur mit großer Mühe zu lesen; aber sie hatten einen Sinn, und als Michel ihn erfaßte, fiel es ihm schwer, ein Lachen zu unterdrücken. Da stand nämlich:

    Heute Schlachtfest!

    Tunatatschi hatte auf seinen Reisen zu den Weißen in deren Gehöften einmal diese grün umkränzte Aufschrift gelesen. Und zwar bei einem deutschen Farmer auf Celebes. Buchstaben hatte er viele gesehen; aber diese schienen ihm doch den größten Eindruck gemacht zu haben, weil das Schild, auf dem sie standen, von grünen Ranken gerahmt war. So hatte sich die Folge der Buchstaben fest in sein Gehirn eingeprägt, und heute war endlich der Tag gekommen, wo er sein Wissen stolz verraten konnte.
    Neben allem lachenden Verstehen berührte es Michel doch eigenartig, auf dieser
    weltabgeschiedenen Insel so vielversprechende Worte aus seiner Heimatsprache wiederzufinden. Nach der Unterzeichnung des Vertrages erhoben sich die drei. Mutatulli sagte dem König der Insel, daß man im Lauf des heutigen und des morgigen Tages Leute herschicken würde, die das Versprochene bringen und zugleich den kranken Fernando wieder mitnehmen würden.

    Unter vielen Höflichkeitsbezeugungen verließen sie den »Palast«.

    9

    »Du hast aus dem Gefangenen unserer Stadt einen Gefangenen deiner Seele gemacht, Taitscha«, sagte Tunatatschi zu seiner Tochter. »Weshalb?«
    »Ich sollte ihn halten. Wie kann ich das ohne die Bande, die man nicht durch Körperkraft zerreißen kann.«
    »Hoffentlich bist du nicht zu weit gegangen! Hoffentlich hast du nicht selbst ein Schlücklein deines Hexensuds getrunken!«
    »Ich habe nur gekostet, ob genug Honig drin war.«Das Mädchen schlug die dunklen Augen nieder.
    Tunatatschi betrachtete seine schöne Tochter lange und nachdenklich.
    »Also doch. Ich habe es mir gedacht. Es wird dir die Seele zerreißen, wenn sie ihn heute oder morgen abholen.«
    Taitschas Kopf flog ruckartig nach oben. Angst stand in ihren Augen. Ihre Lippen begannen zu
zittern.
»Du wirst ihn nicht ausliefern! Er muß bei mir bleiben.«
Tunatatschi stellte sich entrüstet.
    »Die Weißen haben furchtbare Mordwerkzeuge! Soll ich vielleicht zugeben, daß sie uns alle vernichten, nur, weil du diesen Burschen behalten willst?« »Tuan Hassan muß sie töten«, flüsterte sie.
    »Sie sind doppelt so stark wie er; aber dein Gedanke ist gut. Du bist die Tochter deines Vaters. Dein Vater hat immer durchgesetzt, was er wollte. Ich glaube schon, daß du diesen Mann behalten kannst; denn ich habe den gleichen Plan wie du, wenn auch aus anderen Gründen.« Draußen hob wieder neues Schnattern an. Aber diesmal klangen die Laute nicht mehr drohend, sondern eher freudig.
    Der Mittag war vorbei, und Hassan kam, wie er versprochen

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