Die Schatzhöhle
zwar, aber Worte einer fremden, einer eigenartigen gutturalen Sprache. Eingeborene! ging es ihm durch den Sinn. Die Insel schien demnach bewohnt zu sein. Eine Gänsehaut überlief ihn. Wenn diese Burschen nun auf der Lauer lagen, um die schlafenden Kameraden im geeigneten Augenblick zu überfallen und zu massakrieren?
Schweißperlen traten auf Fernandos Stirn. Er mußte sich ebenso leise zurückziehen, wie er gekommen war. Er mußte die anderen warnen.
Aber seine Hände flogen. Die Spannung in ihm wurde unerträglich. Das Geräusch seines Atems verstärkte sich. Das Rauschen des eigenen Blutes war wieder in seinen Ohren.
Sollte er schreien, einfach Alarm geben? Würden dann die Eingeborenen nicht über die noch Schlaftrunkenen herfallen?
Fernando war unschlüssig. Er kaute an seiner Unterlippe. Er hatte Angst. Was galt schon die eigene Angst, wenn es hieß, die Freunde zu warnen!Er raffte sich auf. Aber die Ausführung seines Entschlusses kam zu spät. Irgendein Gegenstand, eine Keule wahrscheinlich oder ein Stein, traf seinen Kopf. Ihm schwand die Besinnung. Mehrere dunkle Gestalten stürzten sich lautlos wie Schlangen über ihn, zerrten ihn nach der entgegengesetzten Richtung aus dem Gebüsch und verschwanden mit ihm in der Dunkelheit.
Der dumpfe Schlag auf Fernandos Kopf war es, der Mutatulli hell wach werden ließ. Mutatulli überlegte nicht lange. Gleichgültig, ob Menschen diesen Schlag verursacht hatten oder Dämonen, der Schlag an sich gab Anlaß zur Besorgnis.
Der Häuptling erhob sich und wandte sich mit leisen Schritten dorthin, wo der Pfeifer schlief.
»Hallo, Sir«, rüttelte er ihn am Arm. »Hallo, wacht auf!«
Michel Baum hob mit Anstrengung die schweren Lider.
»Was ist? Was wollt Ihr?«
»Dort vorn, in dem dunklen Gebüsch, hat es einen Schlag gegeben. Es sind wahrscheinlich Menschen dort oder waren zumindest dort. Wir sollten nachsehen.«
»Es wird eine heruntergefallene Kokosnuß gewesen sein«, entgegnete Michel schläfrig. »Nein, Sir, es klang wie der Schlag einer Keule auf das Haupt eines Menschen.« »Seid Ihr sicher?«
»Ganz sicher. Ich werde nachsehen, was es gegeben hat, und den Schäferhund mitnehmen. Ich wollte Euch nur davon unterrichten, damit Ihr mich morgen nicht vergebens sucht.« »Glaubt Ihr wirklich, daß Fremde hier sind?«
»Wir werden ja sehen. Ich werde mich überzeugen.« Er griff nach seinem Schäferhund. Karo, der ein wenig abseits lag, spitzte die Ohren und sprang dann herzu. Ehe Michel noch etwas erwidern konnte, waren die beiden gegangen.
2
Tunatatschi stand auf dem Steg, der über das Wasser zu seinem Haus führte, als ihm jemand zurief:
»Wir haben einen Gefangenen, Tunatatschi ! Sollen wir ihn zu dir bringen?«
Tunatatschi hob die Hand. In diesem Augenblick durchbrach der Mond die Wolken. Die Handbewegung war von der Stelle, an der die Eingeborenen mit dem gefangenen und besinnungslosen Fernando standen, gut zu sehen. Und so konnte sich der gefürchtete Häuptling der unbekannten Insel einen wörtlichen Befehl sparen.
Der Strahl des Mondes spiegelte sich in einem glasklaren See. Dieser See war der Mittelpunkt der Insel. Hier entsprangen außer dem Fluß, in den die Schiffe der kleinen Flottille eingefahren waren, noch mehrere andere Flüsse, die sich sternförmig über das ziemlich große Eiland verbreiteten.
Lange Stege aus Bambusrohr und Rotang liefen bis tief in den See hinein. Häuser oder Hütten aus dem gleichen Material, auf Pfählen stehend, bildeten die Residenz Tunatatschis und die einzige Stadt.
Sie war ganz auf Pfählen erbaut. Man konnte die Hütten entweder mit einem Baumrindenkanu oder über dieStege erreichen. Das Ganze bot ein seltsam bezauberndes Bild.
Die Eingeborenen, die Fernando de Navarra trugen, gingen sicheren Schrittes über den Steg und legten ihre menschliche Last vor dem Haus ihres Fürsten nieder.
»Wo?« war alles, was Tunatatschi mit unbeweglichen Lippen fragte.
»Drüben, am Ufer des großen Flusses.«
»Wieviel?«
»Vielleicht zehnmal zehn und fünfmal zehn. Sie haben drei Schiffe.«
Er machte eine Handbewegung, die besagte, daß sie den Gefangenen in seine Hütte bringen sollten. Schweigend gehorchten sie dem Befehl. Sie legten Fernando auf eine aus Palmenblättern geflochtene Matte, und entfernten sich schweigend.
Tunatatschi klatschte zweimal in die Hände. Aus einem Seitenraum seines »Regentenpalasts« trat ein anmutiges Mädchen.
»Gib ihm zu essen, wenn er erwacht, und paß auf, daß er nicht flieht«,
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