Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatzinsel (Original)

Die Schatzinsel (Original)

Titel: Die Schatzinsel (Original) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
Versuch zu verwenden, das freundlicher aussehende Waldkap zu erreichen.
    Ich befand mich in einer großen sanften Dünung. Da der Wind beständig und nicht stark nach Süden blies, so fand kein Kampf zwischen ihm und der Strömung statt, und die Wogen hoben und senkten sich, ohne sich zu brechen.
    Wäre es anders gewesen, so hätte ich längst umkommen müssen; aber unter diesen günstigen Umständen erwies mein kleines, leichtes Boot sich als überraschend sicher. Ich lag immer noch auf dem Boden ausgestreckt, und wenn ich einmal ein Auge über dasDollbord hob, sah ich oft eine gewaltige, blaue Höhe dicht über mir; aber das Korakel machte nur einen kleinen Sprung, tanzte wie auf Sprungfedern und glitt auf der anderen Seite, leicht wie ein Wasservogel, in das Wellental hinab.
    Nach einer kleinen Weile wurde ich sehr kühn und richtete mich auf, um meine Geschicklichkeit im Paddeln zu versuchen. Aber selbst eine kleine Veränderung in der Verteilung des Gewichtes macht für ein Korakel sehr viel aus. Kaum hatte ich die Bewegung gemacht, so gab das Boot sofort seine sanfte, hüpfende Bewegung auf und fuhr in einen so steilen Wellenabgrund hinunter, daß mir schwindlig wurde. Dann bohrte es seinen Bug tief in die Seite der nächsten Woge, daß das Wasser um mich herumspritzte. Ich wurde völlig durchnäßt und bekam einen großen Schreck. Sofort nahm ich meine alte Lage auf dem Boden des Bootes wieder ein, woraufhin das Korakel offenbar wieder zur Besinnung kam und mich so sachte wie zuvor durch die Wellen trug. Es war klar, daß man es nicht stören durfte; da ich aber auf diese Weise den Kurs meines Bootes nicht lenken konnte, was für eine Hoffnung blieb mir da noch, das Land zu erreichen?
    Ich begann eine entsetzliche Furcht zu bekommen; aber ich behielt trotzdem noch meinen Kopf oben. Zunächst schöpfte ich, mit Anwendung aller Vorsicht, das Wasser aus dem Korakel mit Hilfe meiner Mütze aus; dann blinzelte ich wieder über das Dollbord hinüber und fing an darüber nachzudenken, wie mein Boot es anfinge, so ruhig durch die hohen Wogen zu schlüpfen.
    Ich fand, daß jede Woge keineswegs ein großer, glatter Berg ist, wie es vom Lande oder vom Deck eines Schiffes aus den Anschein hat, sondern daß eine ruhige Dünung genau einer Reihe von Hügeln auf dem trockenen Lande gleicht, wo es Höhen und Tiefen gibt. Wenn das Korakel sich selber überlassen wurde, suchte es sich sozusagen seinen Weg durch diese tieferen Stellen und vermied die steilen Abhänge und die hohen Gipfel der Wogen.
    Nun, dachte ich bei mir selber, es ist klar, daß ich ruhig liegenbleiben muß und das Gleichgewicht nicht stören darf; ebenso klar ist es aber, daß ich mit dem Paddelruder von Zeit zu Zeit und an geeigneten Stellen dem Boot einen kleinen Stoß geben könnte, der es dem Lande näher bringt.
    Gedacht, getan. Ich stützte mich auf die Ellenbogen und tat ab und zu einen kleinen Schlag, der das Boot der Küste näher brachte.
    Es war eine sehr ermüdende und langwierige Arbeit, aber ich gewann sichtbar Raum; als wir uns dem Waldkap näherten, sah ich zwar, daß ich dieses auf keinen Fall erreichen konnte, aber doch mehrere hundert Ellen weiter nach Osten gekommen war. Ich befand mich in der Tat dicht am Lande. Ich konnte die kühlen, grünen Baumwipfel sehen, wie sie in der Brise schwankten, und ich war überzeugt, daß ich das nächste Vorgebirge unfehlbar erreichen würde.
    Es war höchste Zeit; denn jetzt begann der Durst mich zu quälen und brennende Sonnenglut von oben, die tausendfache Widerspiegelung ihrer Strahlen von den Wellen, das Meerwasser, das auf meiner Hauttrocknete, so daß sogar meine Lippen mit einer Salzkruste überzogen waren – alle diese Umstände im Verein machten, daß mir die Kehle brannte und der Kopf schmerzte. Der Anblick der so nahen Bäume hatte mich beinahe krank vor Sehnsucht gemacht; aber die Strömung hatte mich bald an der Landspitze vorbeigetragen, und als ich wieder in das offene Wasser hinauskam, hatte ich einen Anblick, der meinen Gedanken eine ganz neue Richtung gab.
    Gerade vor mir, keine halbe Meile entfernt, sah ich die Hispaniola unter Segel. Ich war sofort überzeugt, daß die Piraten mich jetzt fangen würden; aber infolge des Wassermangels war mir so schlimm zumute, daß ich kaum wußte, ob diese Gedanken mich freuten oder betrübten. Aber bevor ich zu einem Entschluß kam, war ich so voll Verwunderung, daß ich nur immer das Schiff anstarren konnte.
    Die Hispaniola fuhr unter ihrem

Weitere Kostenlose Bücher