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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Ohne Titel
    B itte nicht!« sagte die Küchenschabe. Ich nahm den Finger vom Sprühkopf der Spraydose und blickte mich suchend nach dem Bauchredner um. Außer mir war jedoch niemand in der Küche. Die Schabe tauchte schnell hinter der Puffreisschachtel weg, aber schon einen Augenblick später sah ich ihre Fühler hinter einer der Schachtelecken hervorwedeln. Ein runder Kopf folgte, der um einiges größer war, als ich es bei dieser Spezies je bemerkt hatte. Nicht daß ich ein Fachmann wäre. Genaugenommen hatte ich schon seit einem Jahrzehnt keine Küchenschabe mehr in unserer Wohnung gesehen. Eine sprechende noch nie.
    Ich überdachte die Möglichkeiten und verwarf den Verlust des Verstandes. Um Friedenswillen zu signalisieren, stellte ich die Spraydose ab. Das ermutigte die Schabe. Sie streckte den Kopf noch weiter hinter der Puffreisschachtel hervor und kam dann langsam ganz zum Vorschein. Ich räusperte mich und stellte die Frage: »Hast du etwas gesagt?«
    Ich hörte einen Laut, der an ein menschliches Seufzen erinnerte. Und dann war da wieder die Stimme, dünn und schnarrend, aber so scharf und deutlich, daß jeder Vokal ganz rund herauskam.
    »Das war knapp«, sagte die Schabe. »Wie ich sehe, be nutzt du ein Mittel auf der Basis chlorierten Phenyls. Ich bin sicher, daß das einigermaßen tödlich wirkt. Hebst du die Insektizide immer in der Küche auf?«
    »Ich wußte nicht einmal, daß wir überhaupt so etwas haben«, antwortete ich. Unterhielt ich mich tatsächlich mit einem Käfer? »Ich habe dich auf dem Küchentisch gesehen, bin ganz automatisch zum Schrank gegangen, und da war es.« Ich besah mir das Etikett. »Verfallsdatum 1989. Wahrscheinlich harmlos.«
    »Keine Experimente!« sagte die Schabe schnell.
    »Du sprichst nicht wirklich, oder? Das ist doch so was wie eine Halluzination. Oder ein wirklich gelungener Streich. Wirklich gelungen.«
    »Doch, doch, ich spreche zu dir«, sagte die Schabe mit einem Anflug von Melancholie. »Aber nicht so, wie du denkst. Um genauer zu sein, übermittle ich dir meine Wörter. Du empfängst sie mit Hilfe der Außenantenne, die ich in deinen Kopf implantiert habe.«
    »Du hast was getan?« stieß ich hervor und ließ so äußerste Beunruhigung erkennen, was die Schabe veranlaßte, einen Schritt zurückzuweichen.
    »Mach dir bitte keine Sorgen. Meine Wortwahl ist vielleicht nicht präzise genug. Ich habe mir soviel wie möglich aus deinem Lexikon geholt, aber ohne sprachliche Interaktion entgehen einem die Nuancen.« Die Schabe bemerkte, wie ich die Hand zum Hinterkopf führte, und fügte schnell hinzu: »Nein, nein, du wirst nichts fühlen können. Das Implantat ist nicht größer als einer meiner Fühler, verstehst du?« Sie wedelte heftig damit herum. »Du siehst wahrscheinlich nur zwei, aber in Wirklichkeit sind es vier. Naja, jetzt nur noch drei. Einen mußte ich ja opfern, um mit dir kommunizieren zu können.«
    »Wie hast du... wie ist der Fühler dorthin gekommen?«
    »Das war nicht leicht. Gestern abend, als du in dem großen Sessel im Wohnzimmer eingeschlafen bist. Du hast irgendeine Unterhaltungssendung gesehen.«
    »Und du –«
    »Es war ein sehr langer Aufstieg. Ich habe zwei volle Stunden gebraucht, um deine Medulla oblongata zu erreichen. Vielleicht hätte ich besser einen Sherpa anheuern sollen.«
    Ein leise glucksendes Geräusch wurde hörbar. Ein Lachen?
    Ich legte die Hand auf meinen Nacken. »Du bist keine gewöhnliche Küchenschabe, was?«
    Alles, was ich sagte, klang lächerlich.
    »Genaugenommen«, antwortete das Geschöpf, »bin ich überhaupt gar keine Schabe. Zugegebenermaßen ist eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden. Ich war ziemlich überrascht, als ich in deinen Büchern etwas zu diesem Thema fand. In denen, die sich Enzyklopädie nennen. Ich nehme an, daß es irgendeine genetische Verbindung zu meiner Art gibt, aber die ändern sind natürlich auf der Evolutionsskala etliche Milliarden Jahre zurück.«
    Ich schob den Küchenstuhl beiseite und besah mir die Schabe genauer. Oder was immer das war. Es gab da etwas, was einem Mund ähnlich sah, aber es bewegte sich nicht. Ich gelangte langsam zu der Überzeugung, daß die Worte in meinem Kopf gesprochen wurden. Das war ganz und gar nicht beruhigend.
    »Willst du sagen, daß du meine Bücher lesen kannst?« fragte ich.
    »Das ist seit meiner Ankunft meine Hauptbeschäftigung gewesen«, antwortete die Schabe. »Natürlich mußte ich erst einmal euer Alphabet entziffern und die Phonetik eurer

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