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Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Krähe sprach, und daß seine Stimme zitterte – »Silver,« sagte er, »du bist ein alter Mann, und du bist ein ehrlicher Kerl oder giltst wenigstens dafür; und außerdem hast du auch Geld, was eine Masse armer Matrosen nicht haben; und du bist mutig, oder ich müßte mich sehr irren. Und willst du mir sagen, du hättest dich verführen lassen von diesen jämmerlichen Kerlen? Du doch nicht! So wahr Gott mich sieht, lieber wollte ich meine Hand verlieren! Wenn ich gegen meine Pflicht und Schuldigkeit handle –«
    Und in diesem Augenblicke wurde er plötzlich von einem Lärm unterbrochen. Ich hatte einen von den ehrlichen Leuten gefunden – nun, hier, in diesem selben Augenblick, kam etwas Neues von einem anderen! In der Ferne, jenseits der Mastfenne, erhob sich plötzlich ein lauter Schrei wie von einem zornigen Mann, und dann gleich darauf ein anderer Schrei; und dann ein einziges gräßliches, langgezogenes Kreischen. Die Felswände des Fernrohrs warfen den Widerhall ein dutzendmal zurück; der ganze Schwarm der Sumpfvögel erhob sich wieder mit einem gleichzeitigen Flügelschlagen in solcher Menge, daß der Himmel verfinstert wurde; und jener Todesschrei war längst verklungen, als endlich wieder Schweigen herrschte, und nur das Rascheln der wieder in das Rohr schlüpfenden Vögel und das Rauschen der fernen Brandung ließ sich in der Nachmittagshitze hören.
    Tom war bei dem Schrei aufgesprungen wie ein Pferd, das die Sporen fühlt; aber Silver hatte nicht mit der Wimper gezuckt. Er blieb ruhig stehen, sich leicht auf seine Krücke lehnend, und beobachtete seinen Kameraden wie eine zum Sprung bereite Schlange. Da streckte der Matrose die Hand aus und sagte:
    »John!«
    »Hände weg!« rief Silver laut und sprang dabei einen Schritt zurück, so schnell und sicher wie ein geübter Akrobat.
    »Hände weg – meinetwegen, John Silver!« sagte der andere. »Nur ein schwarzes Gewissen kann dir Angst vor mir machen. Aber um Gottes willen – sage mir: was war das?«
    »Das?« erwiderte Silver; er lächelte dabei, aber mit einem ganz besonders listigen Ausdruck; seine Augen sahen in dem großen Gesicht so klein wie Nadelköpfe aus, aber sie funkelten wie Glasscherben. »Das? Oh, ich nehme an, das wird Alan sein.«
    Da fuhr der arme Tom auf wie ein Held und rief:
    »Alan! Dann möge seine arme Seele Ruhe haben, wie ein braver Seemann sie verdient! und du, John Silver – lange bist du mein Maat gewesen, aber mein Maat bist du nicht mehr. Wenn ich sterben soll wie ein Hund, so will ich für meine Pflicht sterben. Ihr habt Alan ermordet, nicht wahr? Schlag auch mich tot, wenn du kannst! Tu’s nur!«
    Mit diesen Worten drehte der brave Bursche dem Koch den Rücken zu und ging nach dem Strand hinunter. Aber er sollte nicht weit kommen.
    Mit einem wilden Schrei griff John nach einem Baumast, riß die Krücke aus seiner Achselhöhle heraus und wirbelte das furchtbare Wurfgeschoß durch die Luft. Es traf den armen Tom mit der Spitze mitten auf den Rücken zwischen die Schulterblätter. Seine Hände flogen in die Luft, er stöhnte kurz auf und fiel auf sein Gesicht.
    Ob er schwer oder leicht verletzt war, hat nie ein Mensch sagen können. Nach dem Klang zu urteilen, wurde wahrscheinlich sein Rückgrat sofort gebrochen. Jedenfalls hatte er keine Zeit, zur Besinnung zu kommen. Schnell wie ein Affe, auch ohne seine Krücke, war Silver im nächsten Augenblick über ihm und hatte zweimal sein Messer bis ans Heft in den wehrlosen Leib gestoßen. Ich konnte von meinem Versteck aus ihn laut keuchen hören, während er zustieß.
    Ich weiß nicht so recht, was eigentlich eine Ohnmacht ist; aber das weiß ich: für den nächsten kurzen Augenblick schwand die ganze Welt um mich herum wie in einem wirbelnden Nebel: Silver und die Vögel und der hohe Fernrohrberg gingen vor meinen Augen um und um, kopfüber, kopfunter, und in meinen Ohren war es, wie wenn unzählige Glocken klingelten und ferne Stimmen riefen.
    Als ich wieder zu mir kam, hatte das Scheusal sich aufgerafft und stand aufrecht, die Krücke unter dem Arm und den Hut auf dem Kopf. Unmittelbar vor ihm lag Tom bewegungslos auf dem Grase; aber der Mörder kümmerte sich um ihn nicht im geringsten, sondern reinigte sein blutiges Messer, indem er es mit einem Grasbüschel abwischte.
    Sonst war alles unverändert; die Sonne schien noch immer erbarmungslos heiß auf die dampfende Mastfenne und auf den hohen Gipfel des Berges, und ich konnte kaum glauben, daß hier unmittelbar

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