Die Scheune (German Edition)
Sie dürfen hier nicht rein.“
Johnathan erschrak. Er hatte sie nicht kommen sehen und sagte: „Aber ich komme auf Dr. Clarks Anruf.“ Immer deutlicher fing ihn der Ernst der Situation ein. Ein Stein machte sich in seinem Magen breit – so schwer, dass Johnathan umzufallen drohte. Der graue Gang links und rechts mit vielen, verschlossenen Türen gab ihm ein unbehagliches Gefühl. Er dachte an Dane, der irgendwo hinter einer dieser Türen liegen musste und um sein Leben kämpfte, während er auf diesem tristen Flur mit einer übergewichtigen Schwester redete. Er las Emma auf ihrem Namensschild und wollte an ihr vorbeigehen. Doch ihre Leibesfülle versperrte ihm den Weg.
„Was hat Dr. Clark gesagt?“, fragte sie im unfreundlichen Ton. Ihr Kittel saß eng und zeichnete deutlich ihr Übergewicht ab. Johnathan mochte sie nicht, doch er riss sich zusammen und sagte: „Ich komme wegen Dane Galloway. Dr. Clark hat gesagt, ich solle sofort kommen. Es sei dringend.“
Ehe die Schwester antworten konnte, fragte er weiter: „Wie geht es Mr. Galloway?“
„Sind Sie ein Verwandter?“, herrschte sie ihn nun überreizt an. Sie mochte es nicht, wenn sich Fremde auf der Intensivstation aufhielten. Ihnen war der Zutritt untersagt, und sie behinderten nur ständig ihre Arbeit. Aber immer wieder meinten diese Ärzte, sie müssten die Benachrichtigten hier erscheinen lassen, wo es doch einen Stock tiefer einen Aufenthaltsraum direkt vor dem OP-Saal gab. Diese Intensivstation galt den Notfällen und vor allen Dingen der Ruhe. Sie atmete tief durch, um ruhig zu bleiben.
„Nein, ich bin kein Verwandter. Wir sind nur sehr eng befreundet. Würden Sie bitte Dr. Clark holen?“
„Einen Moment“, sagte die Schwester, rückte ihren Kittel zurecht und wies mit der Hand auf einen Stuhl neben der Aufnahme. Die Aufforderung war unmissverständlich. Ein grauer Stuhl stand neben einer großen Theke und sah nicht sehr viel benutzt aus. Johnathan nahm Platz und begann nervös mit seinem Schlüssel zu spielen. Eine Angewohnheit aus seiner Kindheit. Die Stille ließ seinen Atem hören, sein Herz kräftiger schlagen. Seit letzter Nacht keine Antwort.
Die Schwester fegte durch den Flur und betrat ein Besprechungszimmer. Kurze Zeit später kam sie wieder heraus. Johnathan erhob sich nervös, immer noch mit dem Schlüssel spielend.
„Dr. Clark ist mit Mr. Galloway im OP. Über die Dauer der OP kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Ich kann Ihnen aber einen Platz im Wartezimmer anbieten. Da bekommen Sie warmen Kaffee am Automaten, und unten ist ein Shop mit frischen Muffins.“
Johnathan schaute zu Boden und nickte. Er erinnerte sich wieder an meine Worte: Wir sind im OP.
„Es tut mir leid, aber mehr kann ich für Sie momentan nicht tun.“ Sie wirkte genauso steril wie diese Station, zeigte ihm einen Stock tiefer das Wartezimmer und begab sich wieder an ihre Arbeit.
*
Ich sehe heute noch die ganze Szene auf der Palloma Street 34 vor mir, als wäre es erst gestern gewesen:
Alles erleuchtete im gellen Sirenenlicht der Polizei- und Rettungsfahrzeuge. Ein Aufgebot uniformierter Männer strömte in das große Mietshaus und breitete sich überall aus. Doch sie erkannten schnell, dass dies wieder eines der typischen Einsätze war, die sie sich sparen konnten. Alles, was ihnen als Indiz dienen konnte, waren einige Spuren auf dem Boden vor dem Holztisch. Der intakte Telefonanschluss ließ jedoch auf einen geplanten Überfall schließen. Dane war der einzige Zeuge, und die Spurensicherung sah ihn mitleidig auf der Bahre im Krankenwagen verschwinden.
Ich konnte nur nichtssagende Informationen geben und fuhr mit meinem Wagen dem Krankenwagen hinterher, in dem ein Notarzt Dane mit Schmerzmittel versorgte.
Die Spurensicherung hielt sich noch zwei weitere Stunden in dem Gebäude auf – ergebnislos. Dann verschwand auch sie wieder. Es war saubere Arbeit geleistet worden, was in Los Angeles nicht selten war und Unmengen von Aktenordnern sinnlos füllte.
Der Krankenwagen fuhr schnell und stoppte härter als nötig vor der Notaufnahme.
Wir rannten mit Dane auf der Bahre zum Röntgen und machten zwischendurch eine Blutabnahme. Wir schnitten seine Kleidung vorsichtig auf und trennten sie behutsam von seinem Körper. Wir desinfizierte ihn überall und deckten ihn mit einem vorgewärmten Tuch zu. Sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit entstellt, aber ich war froh, dass er überlebt hatte, bis jetzt!
Dane hörte mich. Da bin ich mir ganz
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