Die Scheune (German Edition)
entschuldigte und aus dem Gastraum verschwand wurde der Lochschaufler unruhig, zumal Dane nicht wiederkam. Nach einer halben Stunde beglich er seine Rechnung und verließ verärgert das Lokal.
Doch am Ausgang wartete Dane bereits auf ihn. Der Lochschaufler wusste nicht wie ihm geschah, aber plötzlich packten zwei Hände an seine Kehle und zerrten ihn zum Hinterhof. Fäuste droschen auf ihn ein, dass er keine Luft mehr bekam.
Er kannte Dane kaum wieder, die Wut, die er zeigen konnte, die Kraft, die er entwickelt hatte, obwohl er doch um einiges kleiner war als er.
Dane reagierte sich mit seinen Schlägen auf ihn vollends ab. Im Grunde ekelte es ihn, diesem Mann so nahe zu sein und ihn zu berühren. Als er nicht mehr konnte, ließ er von ihm ab. Zu gerne würde er noch einmal zuschlagen, doch er wusste, er hatte genug. Nun konnte er reden: „Du hattest deinen Spaß. Jetzt bin ich dran. Ab heute werde ich dich jagen!“
Er ließ ihn liegen und ging sich waschen und umziehen.
Bei Johnathan entschuldigte er seine kurze Unpässlichkeit mit starken Kopfschmerzen, gegen die er nun eine Tablette genommen hätte.
Den Rest des Abends war sein Einsatz einwandfrei.
Seit diesem Tag verließ er wieder wie üblich das Lokal. Es konnte losgehen.
1993. Vierzehn Jahre später.
Los Angeles. Dane 38 Jahre
Der Vormittag schritt voran und holte Johnathan mit unerträglicher Nervosität ein. Er saß im Wartezimmer und trank viel zu viel Kaffee, taxierte angespannt die Stühle und wippte mit den Füßen. Wie viele Menschen mochten hier schon Stunden verbracht haben, mit reißender Nervosität, ob die OP eine gute oder schlechte Nachricht bringen würde? Alte, abgegriffene Zeitungen lagen zur Ablenkung unter einem Glastisch. Johnathan las, dass es Februarausgaben waren. Gelangweilt legte er sie wieder zurück und dachte an sein Lokal. Gott ja, das Lokal. Panik befiel ihn. Er sah sich nicht in der Lage, es unter diesen Umständen weiterzuführen – vorerst jedenfalls nicht.
Entschlossen suchte er ein Telefon auf und beurlaubte das Personal zunächst für eine Woche mit der höflichen Bitte, einen entsprechenden Aushang an der Lokaltür anzubringen. Eine Vertretung für Dane ließ sich sicherlich nicht so schnell finden. Wer konnte ihm schon das Wasser reichen? Noch nie war Johnathan in die Bedrängnis der alleinigen Führung gekommen. Dane war immer die ziehende Kraft gewesen, vertraut mit allen schriftlichen und praktischen Abwicklungen des Geschäfts. Zu zweit waren sie ein Team, er alleine war ein Nichts. Das stellte er nun schmerzlich fest und spürte, wieder in sein altes Verhalten zurückzufallen. Er konnte nichts dagegen unternehmen und erkannte, wie sehr er Dane brauchte. Dane trug eben ein merkwürdiges Wesen in sich: Er verteilte sich in kleine Stücke in uns hinein, und es begann uns die Luft abzuschnüren, wenn wir an seinen Verlust als Mensch auch nur zu denken versuchten. Ob sich Dane dessen bewusst war kann ich nicht sagen. Das machte wohl die Hochachtung aus, die wir ihm alle entgegenbrachten. Wir waren nicht nur zu seinem Sauerstoff geworden, er war auch zu unserem geworden. Am schlimmsten hatte es Johnathan erwischt, der nun zu ersticken drohte.
Fünf lange, ungewisse Stunden quälte sich Johnathan auf dem Flur hinauf und hinunter, ehe die Lampe über dem Operationssaal erlosch. Seine Finger spielten wieder mit dem Schlüsselbund. OP-Schwestern und Ärzte kamen erschöpft heraus. Ich war nicht unter ihnen. Das machte Johnathan noch nervöser. Er hielt den letzten Arzt zurück und fragte nach mir.
„Kommt gleich“, war die Antwort. Der Arzt ging ungerührt weiter. Johnathan sah wieder zur Türe. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis ich herauskam. Ich hatte mir einen sauberen Kittel übergezogen. Der Alte war von der OP verschmutzt.
Wir sahen uns an und gaben uns die Hand. Eine Geste, die wir nie für nötig hielten. Ich war überarbeitet und schaute betroffen zu Boden. Johnathan wurde unruhig. Ich sah wieder auf und wusste nicht, wie ich anfangen sollte. Ich zwang mich zu einer gefassten Haltung, um John zunächst zu beruhigen.
„Alles o.k.?“, eröffnete Johnathan das Gespräch.
„Ich denke schon. Dane hat die OP gut überstanden. Wir müssen nun abwarten, ob er auch gut über diese Nacht kommt. Wollen wir das Beste hoffen. Er ist zäh.“ Mehr fiel mir nicht ein.
Johnathan nickte. „Was ist passiert?“
Betretende Stille. Ja, was war passiert? Und warum? Wenn ich das damals gewusst
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