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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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mein Sohn ist?« »Werde ich meinen Ehemann je wiedersehen?« »Bitte heile mein Geschwür.«
    Primo bahnte Ulrika einen Weg durch die Menge. Miriam kam ihr mit ausgestreckten Armen entgegen. »Wie bin ich froh, dich wiederzusehen!«
    »Wie konnte es nur zu diesem Andrang hier kommen?«, fragte Ulrika.
    »Ich habe mich höchst ungeschickt angestellt. Wie du sagtest, hat mein Judah in deiner Vision darum gebeten, dass wir die Erinnerung an ihn bewahren. Das habe ich einigen Nachbarn erzählt sowie Mitgliedern unserer Gemeinde. Daraufhin kamen sie hierher, um ihm ihre Hochachtung zu erweisen, und irgendwie passierte es dann, dass man sich erzählte, hier würden Wunder geschehen.«
    »Und? Sind Wunder geschehen?«
    »Ach, Ulrika, wer weiß das schon? Manche haben hier gebetet und dann behauptet, geheilt worden zu sein. Andere, die ebenfalls hier beteten, fanden anschließend zu Hause etwas wieder, was sie verloren hatten. Wiederum andere kehrten, nachdem sie hier gebetet hatten, in die Stadt zurück und begegneten jemandem, der seit langer Zeit als verschollen galt. Vielleicht sind das alles Zufälle, vielleicht die Art Wunder, die mein Judah zeit seines Lebens vollbrachte. Ich weiß es nicht. Aber diese Besuche haben überhand genommen, und wir wissen nicht, wie wir sie eindämmen sollen.«
    Die Situation war weitaus bedrohlicher, als Ulrika angenommen hatte. Marduks Priester würden bestimmt erfahren, dass Menschenmassen hierherkamen und Geld und Opfergaben spendeten, und dann würden sie auch Sebastianus’ Mitwirkung aufdecken.
    »Hilf uns. Bitte. Hilf meinem kleinen Mädchen.« Eine junge Frau mit Kind drängelte sich vor bis zu Primos Männern, die mit Schwertern und Schilden die Menge zurückhielten.
    »Bitte hilf uns!«, rief die junge Mutter. »Wir haben unser Haus verkauft und ich obendrein meinen Schmuck. Als wir die Ärzte nicht mehr bezahlen konnten, hat sich mein Mann als Sklave verdingt. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Meine Tochter und ich haben weder ein Zuhause noch Geld. In die Sklaverei will ich nicht, denn was wird dann aus meiner Tochter? Angehörige haben wir keine. Wir können nirgendwohin.«
    Etwas in der Stimme der Frau, dem Ausdruck in ihren Augen, in der Haltung ihres mageren Körpers in den erbärmlichen Lumpen, die sie trug, vor allem aber dadurch, wie schlaff das Kind in ihren Armen lag, ließ Ulrika aufmerken. Während man weiterhin gegen die Schilde von Primos Männern drückte und sich gegenseitig anrempelte, hielt die junge Frau ihr Kind fest und flehte mit Augen, die vor Hunger und Angst tief umschattet waren.
    »Was ist mit der Kleinen?« Ulrika sah, dass das Kind aufgewacht war und sie mit großen Augen anschaute.
    Die Umstehenden verstummten, damit ihnen nicht entging, wenn sich eventuell gleich ein Wunder ereignete.
    »Vor einem Jahr brach in unserer Nachbarschaft Fieber aus«, sagte die junge Mutter. »Drei Tage lang glühte auch meine kleine Tochter, und seither kann sie nicht mehr laufen. Nach Meinung der Ärzte wird sie das auch nie wieder können. Ich bitte dich, verwende dich für uns bei Rabbi Judah, damit er uns hilft. Ich bin völlig verarmt, liebe Frau. Ich bin am Ende, und dies ist meine letzte Hoffnung. Ohne meine Tochter bin ich nichts. Bitte hilf ihr, wieder gesund zu werden. Unterweise mich, wie ich zum Rabbi sprechen, was ich sagen, wie ich ihn anreden soll. Es heißt, dass er zu seinen Lebzeiten Menschen geheilt hat. Und manche sagen, dass er das noch immer tut.«
    Miriam trat vor. »Geh zurück in die Stadt, ich bitte dich. Euch alle! Bitte lasst meinen Mann in Ruhe.«
    »Ich werde alles tun«, sagte die junge Mutter. »Was immer Rabbi Judah von mir verlangt, ich werde es tun.«
    Während Miriam versuchte, sie zur Umkehr zu bewegen, kniete die junge Mutter neben ihrem verkrüppelten Kind nieder, neigte den Kopf und begann, leise zu beten.
     
    Der Turm zu Babel war der höchste in Babylon, lediglich Marduks Zikkurat konnte es mit ihm aufnehmen. Der Legende zufolge ging er auf einen überheblichen König zurück, der sich in den Kopf gesetzt hatte, ein himmelhohes Bauwerk zu erstellen und dann den Göttern von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. Er beschloss, den höchsten Treppenaufgang überhaupt zu errichten, ein Vorhaben, für dessen Durchführung mehrere tausend Handwerker nötig waren, weshalb er sich gezwungen sah, Arbeiter aus fremden Ländern herbeizuholen. Was, weil es infolge der Sprachenvielfalt am Bau immer wieder zu Missverständnissen bei

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