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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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meinen Freunden, unbedingt erzählen.«
    Er reckte die Schultern, holte tief Atem und wandte sich an seinen Meister. »Nestors Tod war eine Bestrafung für mich, Meister, nicht für ihn, sondern für
mich
. Mein Sohn starb einen entsetzlichen Tod, weil ich gefehlt hatte. Er selbst war unschuldig. Sogar als er Bessas in Antiochia den Kopf abschlug, war er unschuldig.«
    Sebastianus und Ulrika tauschten einen verdutzten Blick.
    Kurz berichtete Timonides, was in Antiochia vorgefallen war. »Und dann fand Nestor den Tod, indem man seinen Kopf zertrampelte. Ich sah das als Vergeltung der Götter an, ein Kopf für einen Kopf. Nestor aber begriff gar nicht, was er tat. Das weiß ich jetzt ganz genau. Ulrika, ich habe die Sterne erforscht und erfahren, dass die Götter nicht Nestor bestraften, sondern
mich

    »Ich kann dir nicht folgen, alter Freund«, sagte Sebastianus. »Wovon redest du da? Wofür sollen dich die Götter bestraft haben?«
    »Vergib mir, Meister, für all das Schreckliche, was jetzt kommt! Aber ich kann diese Bürde nicht länger mit mir herumschleppen. Ich muss mein Gewissen erleichtern, damit ich meine Seele entlaste. Als Nestor mir den Kopf von Bessas dem heiligen Mann brachte, verschwieg ich dir das. Dann fälschte ich dein Horoskop, damit du umgehend Antiochia verlässt, das heißt, ehe man meinen Jungen dingfest machen konnte. Noch fataler ist, dass ich dadurch, dass ich Nestor auf unsere Reise mitnahm, dich zum Komplizen eines abscheulichen Verbrechens machte. Du hast einem Flüchtigen Hilfe gewährt, wofür auch dir die Todesstrafe drohte, falls wir geschnappt worden wären.«
    Einen Augenblick lang starrte Sebastianus völlig entgeistert den Astrologen an. »Schon gut, alter Freund. Ich verstehe.«
    »Das ist noch nicht alles! Hinsichtlich deiner Horoskope habe ich dir Lügen aufgetischt! Immer wieder! Gleich zu Anfang, als Ulrika in unser Lager außerhalb von Rom kam, habe ich die Botschaft deiner Sterne falsch ausgelegt, weil ich, selbstsüchtig wie ich war und aus Angst vor einem weiteren Stein in meinem Mund, wollte, dass das Mädchen bei uns blieb. Und so ging es weiter. Aus purem Egoismus habe ich meine Deutungen gefälscht. Den Göttern versprach ich immer wieder, ich würde damit aufhören, aber dann tötete Nestor Bessas, und ich musste weitermachen. Ach, Meister, in Antiochia stand in den Sternen, du solltest mit Ulrika nach Süden gehen, ich aber sagte dir, du müsstest sofort nach Babylon.«
    Sebastianus’ Gesichtsausdruck erstarrte zu Stein, er schwieg beharrlich, schien kaum noch zu atmen.
    »Um meinen eigenen selbstsüchtigen Bedürfnissen zu entsprechen, habe ich die Astrologie missbraucht«, fuhr Timonides fort, »und deshalb haben die Schicksalsmächte bewirkt, dass mein Sohn ein Verbrechen begeht. Das ist meine Schuld! Ich allein bin verantwortlich für den Tod von Bessas dem heiligen Mann, und ebenso habe ich mich des Frevels und der Beleidigung der Götter schuldig gemacht, indem ich die Sterne zu meinen Gunsten missbrauchte! Vergib mir, Meister.« Timonides sank von seinem Hocker, fiel auf die Knie und umfasste Sebastianus’ Knöchel. »Bitte sag mir, dass du mir vergibst!«
    Während der Wind heftiger wurde und ihnen die Geräusche der Stadt und des Verkehrs auf dem Fluss, die Gerüche von Kochstellen und den von der langen Reise schweißnassen Tieren, die Rufe von Männern, das Dröhnen von Schmiedehämmern und das Geschrei von Eseln zutrug, blickte Sebastianus Gallus auf seinen alten Astrologen und erfasste nach und nach die Bedeutung von Timonides’ Geständnis.
    Mit hölzerner Stimme sagte er schließlich: »Ich vergebe dir.«
    »Danke, Meister!«, schluchzte Timonides erleichtert auf, wischte sich die Tränen ab und nahm wieder auf seinem Hocker Platz. »Deine Vergebung ist meine Belohnung. Auch mit etwas anderem bin ich belohnt worden. Ich weiß jetzt, was ich schon immer hätte wissen müssen. Dass nämlich die Götter, als Nestor von ihnen zur Rechenschaft gezogen wurde, seine Seele nicht als die eines Mörders erachteten, sondern als schlicht und rein und liebenswert. Die Götter wussten, dass Nestor unschuldig war! Deshalb ist er auch nicht im finsteren Hades, sondern bei den Göttern.
    Liebes Kind«, wandte er sich an Ulrika, »eigentlich
wusste
ich das, und doch verdrängte ich dieses Wissen. Wie wundersam fürwahr diese Meditation ist, denn die Antworten auf meine Qualen waren die ganze Zeit über in mir! Du hast mir etwas Kostbares vermittelt, und ich

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