Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
möglich. Dann trug ihn Fred Moore in die zweite Grotte und warf ihn dort auf den Boden nieder.
    »Daß du dich ruhig verhältst, schärfte er dem Gefangenen beim Hinausgehen ein, sonst bekommst du’s mit mir zu tun, verstanden?«
    Nach dieser Ermahnung kehrte er zu seinen Gefährten zurück und das gleiche Gespräch wurde weitergesponnen. Aber bald war alles bestimmt und der Zeitpunkt des Handelns nahe. Während die anderen miteinander Rat pflogen, hatte Dorick den Teer aufs Jener gesetzt und machte sich gleich darauf mit unendlicher Sorgfalt an die Herstellung seiner todbringenden Bombe.
    Aber während die fünf Elenden alles zum Verbrechen vorbereiteten, war ihr Schicksal ohne ihr Wissen besiegelt. Die Gefangennahme Dicks alte einen Zeugen gehabt. Als Sand sich zu der vereinbarten Stelle begeben wollte, wo ihn der Löwe überfallen und fressen sollte, beobachtete er die ganze Szene. Er hatte gesehen, wie Dick gepackt, geschlagen, gefesselt und in die zweite Grotte geschleppt worden war.
    Sand war der Verzweiflung nahe. Warum hielt man Dick zurück?… Warum hatte man ihn geschlagen?… Warum hatte ihn Fred Moore fortgetragen?… Was wollte man ihm tun?… Vielleicht umbringen?… Vielleicht war er auch nur verwundet und rasche Hilfe konnte ihn noch retten!…
    Dann konnte nur Sand sie ihm bringen. Er stürzte den Hügel hinauf, kletterte wie eine Gemse bis zur oberen Grotte und kroch die enge Galerie hindurch, welche die beiden Höhlensysteme verband. In weniger als einer Viertelstunde war er unten, wo die Spalte sich zu der finsteren Grotte erweiterte, die jetzt Dicks Kerker war.
    Durch die Verbindung, die von der äußeren Höhle zu dieser Grotte führte sickerte ein wenig Licht; von dorther drang auch verworrenes Stimmengeräusch, man hörte Lewis Dorick und seine Gefährten reden. Sand war sich der Größe der Gefahr wohl bewußt und schlich mit äußerster Vorsicht und bedeutend verlangsamten, unhörbaren Schritten zu seinem Freund.
    Schiffsjungen führen immer ein Taschenmesser mit sich. Schnell hatte Sand das seinige geöffnet und zerschnitt damit die Bande des Gefangenen.
    Als dieser sich wieder Herr seiner Bewegungen fühlte, lief er, ohne ein Wort zu sagen, auf die Spalte zu, durch welche ihm Rettung geworden war. Es handelte sich auch um keinen Scherz. Er allein wußte, dank der wenigen aufgefangenen Worte, wie ernst die Situation war und daß sie schnelles Handeln erforderte.
    Ohne deshalb seine Zeit mit Dankesworten zu verschwenden, stürzte er durch die Spalte und erklomm die Höhe, während der arme Sand ihm atemlos und keuchend folgte.
    Die Flucht der beiden hätte leicht gelingen können, hätte nicht das Unglück es gewollt, daß Fred Moore gerade in diesem Augenblick, einer Laune folgend, nach dem Gefangenen sehen wollte. In dem unsicheren Lichte, das aus der ersten Grotte hineinfiel, glaubte er zu sehen, daß sich etwas bewegte. Auf gut Glück folgte er der Gestalt und entdeckte so die aufsteigende Galerie, deren Vorhandensein er bisher noch nicht geahnt hatte. Natürlich begriff er sogleich, daß sein Gefangener entflohen war; er stieß einen furchtbaren Fluch aus und begann als dritter die Höhe zu erklettern.
    Wenn auch die Kinder fünfzehn Meter Vorsprung hatten, so besaß Fred Moore viel längere Beine, und nachdem der Gang im unteren Teile ziemlich geräumig war, konnte er sie tüchtig ausgreifen lassen. Zwar bildete die vollständige Dunkelheit, die ihn umgab, ein bedenkliches Hindernis für sein Vordringen in dieser finsteren Galerie, die Dick und Sand sehr gut kannten. Aber Fred Moore war zornig und im Zorne achtet man nicht auf die Ratschläge der Vernunft. So lief er in der Finsternis aus Leibeskräften weiter, mit vorgestreckten Händen, ohne zu ahnen, daß er sich an einer der Unebenheiten der Decke den Kopf zerschellen konnte.
    Fred Moore wußte nicht, daß er zwei Flüchtlinge vor sich hatte. Er konnte gar nichts unterscheiden und die Kinder hüteten sich, miteinander zu sprechen. Nur die vom Abhang niederrollenden Steine sagten ihm, daß er sich auf der richtigen Fährte befand und nachdem er sich dem Lärm näherte, vermutete er, daß er das Kind bald erreicht haben würde.
    Die Knaben taten ihr Möglichstes. Sie wußten, daß sie verfolgt waren und daß der Verfolger ihnen immer näher kam. Aber sie verzweifelten nicht. Ihre Anstrengungen zielten darauf hin, die Verengerung der Spalte zu erreichen, wo das Gewölbe nur von einem einzigen Stein gestützt wurde; hatten sie diese

Weitere Kostenlose Bücher