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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erkannte die Stimme Sirdeys.
    »Nun, und dann? fragte der ehemalige Koch, welcher seiner Rolle als Kritiker treu geblieben war.
    – Was – und dann? sagte Dorick in ärgerlichem Ton.
    – Ja… sagte Sirdey. Deine Bombe und das Pulverfaß, das sind zwei verschiedene Dinge… Du kannst damit nicht alle umbringen… Und wenn auch der Kawdjer in die Luft geflogen ist, bleiben noch Hartlepool und die Männer der Wache!
    – Was liegt an denen!… antwortete Dorick heftig. Ich fürchte sie nicht!… Wenn der Kopf abgeschnitten ist, zählt der Körper nichts mehr!«…
    Umbringen!… Dem Gouverneur den Kopf abschneiden!… Dick war mit einem Male todernst geworden, als er, an allen Gliedern zitternd, diese schrecklichen Reden anhören mußte!
Fünftes Kapitel.
Ein Held.
    Dem Gouverneur den Kopf abschneiden!… Dick vergaß gänzlich, seine Löwenrolle weiterzuspielen und dachte nur daran, schnell zu entkommen. Er mußte nach Liberia laufen… dort erzählen, was er vernommen hatte.
    Unglücklicherweise hinderte ihn die Schnelligkeit, mit der er diesen Gedanken ausführen wollte, an der gebotenen Vorsicht seiner Bewegungen. Ein Stein löste sich unter seinen Füßen los und kam ins Rollen. Sofort eilte jemand zum Eingang der Höhle und schickte argwöhnische Blicke nach allen Seiten. Der erschreckte Dick erkannte Fred Moore.
    Doch auch dieser hatte das Kind erblickt.
    »Ach, das ist dieser Knirps!… sagte er. Was machst du hier?«
    Dick war vor Schrecken wie gelähmt und antwortete nicht.
    »Wo hast du denn heute deine Zunge gelassen?… fragte Fred Moore in barschem Tone. Du bist ja sonst immer so schlagfertig… Na, warte! Ich werde dich schon reden lehren!… Ich!«
    Trotz aller Angst fiel es Dick jetzt ein, daß er ja Beine zu seiner Verfügung habe. Er rannte, so schnell er konnte, den Abhang hinab. Aber sein Feind hatte ihn mit wenigen Schritten eingeholt, packte ihn beim Gürtel und hob ihn wie eine Feder in die Luft.
    »Warte nur!… zischte er zwischen den Zähnen hervor, indem er das sprachlose Kind bis zu seinem Gesicht emporhob. Die Lust zum Spionieren soll dir gründlich benommen werden, kleine Schlange!«
    Im selben Augenblicke war er in der Grotte und warf Dick wie ein lebloses Bündel Dorick vor die Füße.
    »Seht, sagte Fred Moore, was ich draußen gefunden habe. Er hat spioniert.«
    Ein Fußtritt Doricks nötigte das Kind zum Aufstehen.
    »Was hast du hier zu suchen? fragte er strenge.
    Dick fürchtete sich sehr; offen gesagt, er zitterte wie Espenlaub. Aber sein Stolz war größer als seine Furcht und überwand sie. Er richtete seine kleine Gestalt hoch auf; wie ein gereizter Hahn auf dem Kampfplatz stand er da und sagte in seinem arrogantesten Tone:
    »Das geht Sie gar nichts an!… Man wird wohl noch das Recht haben, in der Grotte »Löwe« spielen zu dürfen… Die Grotte gehört nicht Ihnen!
    – Willst du wohl höflicher antworten, du Giftkröte!« schrie Fred Moore, indem er nach dem Knaben schlug.
    Aber Schläge erwiesen sich bei Dick als wirkungsloses Erziehungsmittel. Lieber hätte er sich in Stücke hauen lassen, als daß er nachgegeben hätte. Anstatt eine demütige Haltung anzunehmen, schien seine winzige Gestalt im Gegenteil noch zu wachsen; er ballte die kleinen Fäuste, sah seinem riesigen Gegner fest ins Auge und sagte verachtungsvoll: »Großer Feigling!«…
    Fred Moore beliebte es, dieses Schimpfwort nicht aufzugreifen.
    »Was hast du erlauscht? fragte er. Du wirst es uns augenblicklich sagen, sonst«…
    Fred Moore hob die Hand auf, ließ sie auch mehrmals und stets mit erneuter Kraft niederfallen. Dick beharrte in seinem hartnäckigen Stillschweigen.
    Dorick mischte sich hinein.
    »Laß ihn in Ruhe! sagte er. So erfährst du nichts… Für uns ist es auch ganz gleichgültig, ob er etwas erlauscht hat oder nicht, wir werden nicht so dumm sein, ihm seine Freiheit wiederzugeben…
    – Du wirst ihn doch nicht töten, sagte Sirdey, welcher entschieden blutigen Lösungen feindlich gegenüberstand.
    – Fällt mir nicht ein, sagte Dorick und zuckte die Achseln. Aber binden will ich ihn… Hat einer einen Strick bei sich?
    – Hier, sagte Fred Moore und zog aus seiner Tasche den verlangten Gegenstand.
    – Und hier,« fügte William Moore hinzu, in dem er Dorick seinen Ledergürtel reichte.
    Im Handumdrehen war Dick gefesselt, so daß er sich nicht rühren konnte. Die Knöchel waren aneinandergeschnürt, die Hände am Rücken gebunden, es war ihm auch nicht die leiseste Bewegung

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