Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
Pilz, jawohl.«
»Unsinn«, erwiderte Oma Morkie automatisch.
»Nein.« Torrit schüttelte den Kopf. »Und ich erinnere mich noch an Opa Dimpos Worte: ›Welch gräßliches Leben, bei jedem Wetter draußen zu stehen. Vögel lassen einem ihren Dingsbums auf den Hut fallen, und man wird von Hunden bepinkelt.‹ Er meinte, es handele sich um einen Riesenwicht, der versteinert sei, weil er zu lange am Teich hockte, ohne jemals einen Fisch zu fangen. Und er sagte. »Welch ein Tod. Das ist nichts für mich, Jungs. Ich möchte ganz plötzlich sterben…‹ Er konnte den Satz nicht beenden, weil eine Katze auf ihn zusprang. Ironie des Schicksals, wenn ihr mich fragt.«
»Und dann?« erkundigte sich Masklin.
»Oh, wir verpaßten ihr eine Abreibung mit unseren Speeren, zerrten Opa auf die Beine und rannten wie …« Torrit bemerkte Oma Morkies strenges Gesicht.
»Und wir rannten ziemlich schnell.«
»Nein, nein!« jammerte der Priester. »Es ist ganz anders!«
Er begann zu schluchzen.
Oma zögerte kurz, bevor sie ihm tröstend auf den Rücken klopfte.
»Na, na«, sagte sie. »Du brauchst nicht gleich zu weinen.
Der dumme alte Narr redet dauernd dummes Zeug. Weil er dumm ist.«
»Ich bin nicht…« Torrit unterbrach sich, als ihm Oma einen warnenden Blick zuwarf.
Sie kehrten langsam zurück und versuchten das schreckliche Bild versteinerter Nomen aus der Vorstellung zu verbannen.
Torrit schlurfte hinter der Gruppe her und grollte dabei wie ein erschöpftes Gewitter.
»Ich habe ihn gesehen, habe ich«, flüsterte er. »Ein blöd grinsender Riesenwicht. Hockte auf einem fleckigen Pilz. Ganz
deutlich
habe ich ihn gesehen. Bin allerdings nie wieder zum Feld vor dem Haus gegangen. Um jedes Risiko zu vermeiden.
Aber ich habe ihn
gesehen.«
Alle schienen der Meinung zu sein, daß Gurder der neue Abt werden sollte. Der alte Abt hatte Anweisungen hinterlassen, und niemand stellte sie in Frage. Die einzigen Einwände stammten von Gurder selbst.
»Warum ich?« klagte er. »Ich wollte nie ein Anführer sein!
Außerdem …« Er senkte die Stimme. »Manchmal kommen mir
Zweifel.
Der alte Abt wußte bestimmt davon, und ich verstehe einfach nicht, wieso er mich für einen geeigneten Nachfolger hielt.« Masklin schwieg und dachte daran, daß der alte Abt möglicherweise eine ganz bestimmte Absicht verfolgt hatte.
Vielleicht war die Zeit reif für ein wenig Zweifel. Vielleicht wurde es Zeit, Arnold Bros (gegr. 1905) aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Sie standen auf einer Seite des großen UnterdemFußboden-Saals, in dem wichtige Versammlungen der Büromaterialer stattfanden. Nur hier und im Speisesaal waren Kämpfe streng verboten. Familienoberhäupter und die Leiter verschiedener Abteilungen und Untersektionen schlenderten umher. Zwar durften sie keine Waffen tragen, aber bei jeder sich bietenden Gelegenheit wechselten sie giftige Blicke.
Ohne die Hilfe der Büromaterialer konnte man sie unmöglich dazu bringen, auch nur an Zusammenarbeit zu
denken.
Seltsam: Die Büromaterialer verfügten über keine echte Macht, doch alle Familien benötigten sie. Man brachte ihnen keine Furcht entgegen, und deshalb überlebten sie nicht nur, sondern herrschten auch, auf eine sonderbare Art und Weise. Kurzwarenler weigerten sich aus Prinzip, selbst sehr vernünftige Ratschläge von den Eisenwarenlern entgegenzunehmen, aber sie lauschten aufmerksam, wenn ein Büromaterialer sprach, denn alle wußten: Büromaterialer ergriffen für niemanden Partei; sie vertraten einen neutralen Standpunkt.
Masklin wandte sich an Gurder.
»Wir müssen mit den Eisenwarenlern reden. Sie kontrollieren die Elektrizität, nicht wahr? Und das Lastwagennest.«
»Dort drüben steht der Graf von Eisenwaren.« Gurder deutete in die entsprechende Richtung. »Der Bursche mit dem Schnurrbart. Ist nicht sehr religiös. Allerdings versteht er kaum etwas von Elektrizität.«
»Aber du hast mir doch gesagt…«
»Oh, die Eisenwarenler
kontrollieren
das Elektrische. Die Untertanen und Bediensteten und so. Aber nicht Leute wie der Graf.« Gurder lächelte. »Glaubst du etwa, der Herzog von Kurzwaren rührt jemals eine Schere an? Und die Baronin del Ikatessen läßt sich bestimmt nicht dazu herab, selbst zu kochen.« Er sah Masklin an.
»Du hast einen Plan, stimmt’s?«
»Ja. Glaube ich.«
»Was willst du ihnen erzählen?«
Geistesabwesend betastete Masklin die Spitze seines Speers.
»Die Wahrheit. Ich werde darauf hinweisen, daß sie das Kaufhaus
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