Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
davongekommen.
Irgendwo in Masklins Kopf hielt das wahre Selbst –jenes Selbst, über das sich Torrit so oft beklagte – entsetzt den Atem an, als er nach dem immer noch im Boden steckenden Speer griff und ihn mit ganzer Kraft an den Hinterlauf des Fuchses schlug.
Das Tier jaulte, wich zurück und wandte sich hungrig und überrascht um. Zwei gelbe Augen hielten Ausschau und entdeckten Masklin, der sich keuchend auf seinen Speer stützte und den Eindruck gewann, daß sich die Zeit dehnte, wodurch ihm alles sehr viel realer erschien. Vielleicht spürten die Sinne den nahen Tod und versuchten, möglichst viele Einzelheiten wahrzunehmen, solange sich noch Gelegenheit dazu bot…
Blutflecken klebten an der Schnauze des Fuchses. Neuerlicher Zorn erwachte in Masklin, schwoll an wie eine dicke Blase. Er hatte nicht viel, und dieses knurrende
Etwas
wollte ihm selbst das Wenige nehmen. Eine rote Zunge tastete sich aus dem Maul, und der Nom begriff, daß es nur zwei Möglichkeiten für ihn gab. Entweder floh er – oder er starb.
Statt dessen entschied er sich für den Angriff. Wie ein Vogel flog ihm der Speer aus der Hand und traf den Fuchs an der Schnauze. Der jaulte erneut, noch lauter diesmal, und hob die Pfote zur Wunde. Und Masklin lief. Er rannte durch den Schlamm, angetrieben vom Motor der Wut, grub die Hände in zotteliges rotes Fell. Rasch zog er sich an der Flanke des Tiers hoch, saß kurze Zeit später rittlings auf dem Hals und holte mit einem Steinmesser aus. Immer wieder stieß er zu, stach auf alles ein, was mit der Welt nicht in Ordnung war… Der Fuchs heulte und sauste davon. Hinter Masklins Stim herrschte noch immer Chaos. Andernfalls wäre ihm klargeworden, daß er mit dem Messer kaum Schaden anrichtete, sondern seinen Gegner nur verärgerte. Doch das Geschöpf war nicht an Mahlzeiten gewöhnt, die sich mit solcher Entschlossenheit zur Wehr setzten, und es wollte jetzt nur noch
weg.
Es erreichte die Böschung und setzte die Flucht in Richtung Autobahn fort.
Die Vernunft kehrte in den Wicht zurück, alarmiert vom Lärm des nahen Verkehrs. Er ließ sich fallen und landete im hohen Gras, als das Tier zum Asphalt galoppierte.
Der Aufprall preßte ihm die Luft aus den Lungen, und er rollte sich ab.
Masklin vergaß nie, was nun geschah. Er erinnerte sich selbst dann noch daran, nachdem er so viele seltsame Dinge gesehen hatte, daß in seinem Gedächtnis eigentlich gar kein Platz mehr sein konnte.
Der Fuchs erstarrte in gleißendem Scheinwerferlicht und zischte herausfordernd, als er versuchte, einen zehn Tonnen schweren und mehr als hundert Stundenkilometer schnellen Lastwagen allein mit dem Blick aufzuhalten.
Ein dumpfes Pochen, ein
Wusch –
und Dunkelheit. Eine ganze Weile lag Masklin mit dem Gesicht nach unten auf kühlem Moos. Dann stand er auf, schlurfte langsam nach Hause und fürchtete sich vor der Situation, die ihn dort erwartete. Unterwegs versuchte er, seine Phantasie im Zaum zu halten.
Grimma stand vor dem Eingang des Baues und hielt einen Zweig wie eine Keule in der Hand. Sie hätte Masklin fast den Schädel eingeschlagen, als er aus der Finsternis heranwankte und sich an die Böschung lehnte. Müde hob er den Arm und drückte den Zweig beiseite.
»Wir wußten nicht, wo du warst«, sagte Grimma, und Hysterie vibrierte in ihrer Stimme. »Wir hörten ein Geräusch, und dann kam der Fuchs, und du hättest hier bei uns sein sollen, und er erwischte Herrn Mert und Frau Coom, und er grub noch tiefer…« Sie unterbrach sich und ließ die Schultern hängen.
»Oh, keine Sorge, ich bin unverletzt«, erwiderte Masklin kühl. »Danke der Nachfrage.«
»Was – was ist geschehen?« Er schenkte Grimma keine Beachtung, stapfte in den dunklen Bau und legte sich hin. Die Alten flüsterten und raunten, als er in einen tiefen kalten Schlaf sank.
Ich hätte hier bei ihnen sein sollen,
dachte er.
Sie brauchen mich.
Wir verlassen diesen Ort. Wir alle.
Zu jenem Zeitpunkt schien es eine gute Idee gewesen zu sein.
Jetzt sah alles ganz anders aus.
Die Nomen hockten nun im Innern des Lastwagens, drängten sich in einer Ecke zusammen. Sie waren still. Es gab gar nicht genug
Platz,
um laut zu sein. Das Dröhnen des Motors füllte die ganze akustische Welt aus. Manchmal verstummte es für einen Sekundenbruchteil und begann dann erneut. Gelegentlich erbebte der Laster.
Grimma kroch über den zitternden Boden.
»Wie lange dauert es, bis wir dort eintreffen?« fragte sie.
»Wo?« erwiderte Masklin.
»Wohin
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