Die Schlacht der Trolle
Mitte des Trollzuges ging, wirkte weitaus weniger eingeschüchtert, als Sten sich fühlte. Natürlich zeigte auch der Mensch nicht, was er empfand, aber Tarlin bewegte sich so unbeschwert, als sei er in dieser dunklen Welt zu Hause. Seine bloßen Füße machten auf dem harten Stein kein Geräusch, so als wandele er über den weichen Waldboden seiner Heimat. Rein äußerlich war der Elf Sten weitaus ähnlicher als die Trolle, doch bisher waren deren Verhaltensweisen dem Wlachaken immer verständlicher erschienen als die der geheimnisvollen Elfen.
Als Tarlin Stens forschenden Blick bemerkte, zog er die dünnen Augenbrauen zusammen. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nein«, beeilte Sten sich zu sagen. »Ich fragte mich nur, wie du die Welt unter den Bergen empfindest.«
Der Elf dachte kurz nach. »Als fremd.«
»Ich auch.«
Damit erstarb das Gespräch wieder, da Tarlin sich abwandte und weiterging. Stens Lampe leuchtete nicht sehr weit, doch störte es die Trolle wohl nicht, sich in fast absoluter Dunkelheit zu bewegen. Für Sten hingegen war sein kleiner Lichtschein der Rand der eigenen Welt; dahinter lag die undurchdringliche Finsternis des unterirdischen Reiches, das nur schrittweise Wirklichkeit wurde, sofern das Licht es erfasste.
»Kennst du den Weg hier?«, fragte Sten Kerr, der ein wenig hinter ihm lief.
»Nein. Ich war noch nie hier.«
»Woher wisst ihr, dass er zu euren Höhlen führt?«
»Die Welt unter eurem Land ist groß. Es gibt nur wenige Wege, die einfach so enden. Viele teilen sich und stoßen auf andere«, erklärte der junge Troll. »Dieser Gang ist lang, das kann ich spüren. Vermutlich wird er auf einen anderen Pfad treffen, und von dort aus sehen wir weiter.«
»Wie findet ihr euch überhaupt zurecht, wenn ihr eure Welt gar nicht auf Karten malt?«, erkundigte sich Sten erstaunt.
»Wie kann es helfen, einen Weg aufzumalen? Die Erfahrenen zeigen den anderen die Pfade. Viele sind bekannt, gerade dort, wo wir leben. Man kann den Luftzug spüren oder manchmal den Spuren von Tieren folgen. Viele Späher kennen den Fels genau und wissen, wo Durchgänge sind und wo es Höhlen gibt. Aber am wichtigsten ist der Herzschlag der Welt, das Echo im Stein, das uns den Weg weist.«
»Das verstehe ich immer noch nicht ganz. Das ist der Atem des Dunkelgeistes, oder?«
»Ja«, mischte sich Tarlin ein. »Hier in den Eingeweiden der Welt ist er viel lauter und stärker. Ich kann ihn spüren. Kurperla atmet.«
Kerr zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Ich habe da noch nie drüber nachgedacht. Der Herzschlag war immer da, solange ich mich erinnern kann.«
»Habt ihr keine Geschichten darüber? Keine Legenden?«
»Als ich klein war, hat mir ein Troll meine Hand auf die Brust gelegt und mich meinen Herzschlag spüren lassen. Er hat gesagt, dass die Welt ebenso ein Herz besitzt, das schlägt. Laut und regelmäßig. Wir zählen in Dreeg, das sind die Schläge des Herzens.«
»Es ist das Herz des alten Trolls«, warf Grena ein. »Als das furchtbare Himmelslicht erschien, ist er mit seinen Kindern unter die Erde gegangen. Dort liegt er und schläft, und seinen Herzschlag können wir immer hören.«
»Woher kennst du diese Geschichte?«
»Na ja«, erwiderte die Trollin mit einem Schulterzucken. »So ist es mir erzählt worden. Der Herzschlag gehört dem Vater aller Trolle.«
»Und woher kam das Himmelslicht?«
»Die Zwerge haben alles gehasst, was es auf der Welt gab, denn sie wollten sie für sich ganz allein haben. Aber gegen Menschen und Trolle und Elfen hätten sie niemals einen Krieg gewinnen können. Also dachten sie sich einen Plan aus, wie sie alle anderen vertreiben konnten. Sie schlugen den größten Edelstein aus dem Fels, den sie finden konnten, und füllten ihn mit Feuer. Sie überlisteten die Menschen und ließen sie ein großes Gerät bauen, mit dem sie den Edelstein an den Himmel schossen. Das
Feuer brannte heiß darin und war viel heller als der gütige Mond. Der alte Troll führte seinen Stamm unter die Erde, denn das Himmelslicht bannte sie und zwang sie zu schlafen, wenn es am Himmel stand. Die Trolle hatten schon immer in Höhlen gelebt, doch nun gingen sie tiefer und tiefer. Unter der Welt bekämpfte der Stamm die Zwerge, um sie für ihre Tat zu bestrafen. Aber die Menschen und Elfen blieben oben, denn das Licht war nicht hell genug, um sie zu vertreiben.«
Als sie mit ihrer Geschichte fertig war, sah Grena Mensch und Elf unsicher an, als erwarte sie, ausgelacht zu werden. Helfend
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