Die Schlacht der Trolle
Flores das Loch in der Brüstung an. Einige Zinnen hatten gehalten oder leisteten noch Widerstand, aber drei oder vier waren von den an Seilen befestigten Geschossen zerstört worden.
»Elende Hunde«, fluchte Tamár neben ihr und wollte gerade zur Mauer stürzen, als Flores ihn am Arm fasste und zurückhielt.
»Ihr seid nun der Marczeg«, erinnerte sie ihn. »Jetzt gilt, was Ihr für richtig haltet.«
Kurz zeigte sich Zorn auf seinem Gesicht, aber dann nickte er. »Ich halte es für richtig, die Mauer zu halten, selbst wenn die ganze Welt einstürzt. Seid Ihr dabei, Nemes Flores?«
Sie nickte stumm, und gemeinsam liefen sie zurück, während der Feind erneut wie eine gewaltige Woge gegen die Wälle der Festung brandete.
15
D a sie nun dank ihrer Unterkunft tagsüber nicht durch das Licht der Sonne zur Untätigkeit verdammt waren, besserte sich die Stimmung der Trolle merklich. Ebenso durch das frische, saftige Fleisch, das Pard unter ihnen verteilte. Zwar waren sie für den Tag an diesen Ort gebunden, doch er war den Höhlen ihrer Heimat ähnlich genug, um ein Wohlbehagen bei Kerr auszulösen, das er seit langer Zeit nicht mehr verspürt hatte. Selbst Vroks derbe Scherze verloren ihren Biss, und der große Jäger hackte nicht mehr so oft auf Kerr oder den Menschen herum. Pard selbst hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und sich demonstrativ schlafen gelegt. Hier und da standen noch Trolle in kleinen Gruppen zusammen und redeten lautstark und von vielerlei Gesten begleitet über die Erlebnisse an der Oberfläche, aber die meisten ruhten sich zufrieden aus.
Nach seinem Gespräch mit dem Menschen, den Pard »Halbzwerg« genannt hatte, war Sten nur noch einmal in die gebaute Höhle hinabgekommen, um sein Bündel zu holen. Ohne ein Wort war der Mensch wieder emporgestiegen und dann anscheinend ganz hinausgegangen, obwohl ihn Kerr gern zu dem Gespräch befragt hätte.
Auch der junge Troll war müde, aber die Eindrücke der letzten Nächte schwirrten in seinem Kopf umher und vermischten sich mit Traumgebilden, die ihn immer wieder aus dem Halbschlaf aufschrecken ließen. Es schien ihm, als wandere ein wichtiger Gedanke gerade so am Rand seines Bewusstsein; eine Erkenntnis, nach der er hätte greifen mögen, die sich ihm jedoch stets entzog, wenn er wieder aufwachte.
In seinen Träumen kämpften menschliche Krieger gegen Trolle. Genauso, wie Druan und Pard es ihm erzählt hatten. Zwischendrin stand Anda, wahrhaft grauenerregend, die Mensch und Troll ohne Ansehen erschlug. In der Ferne erklang ein dumpfes Flüstern, doch die gewisperten Worte ergaben keinen Sinn. Und über allem lag der langsame, ewige Herzschlag der Welt, zu dessen Rhythmus alle Figuren einen unablässigen Tanz aufzuführen schienen.
Als Sten wieder hinabkam und sich umsah, wurde Kerr wach und fühlte sich so, als wäre er den ganzen Tag über gelaufen.
»Es wird bald dunkel werden, dann brechen wir auf«, sagte der Wlachake zu niemandem im Speziellen, während Kerr seine Glieder streckte. Seine Gedanken waren noch wirr und von Traumfetzen durchsetzt.
»Bist du bereit, Kerr?«, fragte Pard aus seiner Ecke, der sich soeben gähnend erhob und dabei seine gewaltigen Hauer und kräftigen Zähne entblößte. Während der junge Troll sich ein übrig gebliebenes Stück Fleisch nahm, ging Sten zu Pard und hockte sich neben ihren Anführer. Kauend gesellte sich Kerr zu den beiden.
»Solange wir in Teremi sind, werden die anderen Trolle hierbleiben müssen. Sie können oben mehr Tiere … essen«, erklärte der Mensch mit einem Seitenblick auf Kerr, der gerade einen weiteren Bissen aus dem Fleisch riss. »Aber sie sollen den Hof nicht verlassen. Hier in der Nähe der Stadt leben viele Menschen; es ist besser, wenn sie mit ihnen nicht zusammentreffen.«
Pard nickte.
»Überlasst mir bitte das Reden. Die Menschen werden eher auf mich hören. Auch wenn manche euch noch aus dem letzten Jahr kennen, seid ihr, sozusagen, gefürchtet.«
Das veranlasste Pard zu einem breiten Grinsen, und er fletschte freudig die Zähne.
»Ionna wird nicht auf das Gerede der Leute hören und sich ihre eigene Meinung bilden. Aber es ist vermutlich einfacher und besser, wenn ich mit ihr rede.«
»Warum sollen wir dann überhaupt mit dir gehen?«, fragte Kerr verwundert.
»Weil es um unsere Haut geht. Außerdem wolltest du doch die Stadt sehen, oder nicht?«, fragte Pard.
»Ja«, antwortete Kerr, aber bei dem Gedanken an die vielen Menschen, die dort lebten, wurde
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