Die Schlacht der Trolle
müsst ihr kommen und sie euch holen«, fuhr Gyula selbstsicher fort. »Doch an diesen Mauern werdet ihr euch die Zähne ausbeißen!«
Wieder brandete Jubel auf, und die ersten höhnischen Beleidigungen wurden ihnen von den Feinden entgegengeschleudert. Die Verteidiger hoben ihre Waffen in die Luft und schrien ihre Erwiderungen in die kühle Morgenluft. Als Flores sich nach Tamár umsah, bemerkte sie das triumphierende Lächeln auf den Lippen des Prinzen, der vor seinem Vater salutierte.
»Vertreibt diese Hunde!«, befahl der Marczeg. Bogensehnen sirrten, der Schrei eines Getroffenen wurde mit Gelächter bedacht. Hektisch rissen die Unterhändler an ihren Zügeln und galoppierten in die Sicherheit ihrer Linien zurück. Jetzt ist es soweit, dachte Flores und packte ihr Schwert fester. Die Erkenntnis ließ das Blut in ihren Adern pulsieren, begrub die schwelenden, dunklen Ängste unter sich. Ihr Blickfeld verengte sich, bis sie nur noch die Reitergruppe um Marczeg Szilas sah. Atemzüge verstrichen, wirkten wie Tage; alle Geräusche verstummten, alles konzentrierte sich auf den Mann, über dem das Drachenbanner aufragte.
Dann fiel das Banner, das Signal zum Angriff war gegeben; die Zeit kehrte in die Welt zurück. Schreiend stürmten die Truppen wie ein einziger Krieger los, während die Verteidiger schweigend abwarteten.
»Alles bereit?«, brüllte Tamár und hielt die Hand erhoben. »Wartet! Noch ein Stück … noch eins … jetzt!«
Noch bevor das Wort ganz ausgesprochen war, lösten sich die Pfeile von den Bögen und senkten sich wie ein dunkler Schwarm auf die Angreifer. Lücken taten sich in der vorstürmenden Menge auf, als Krieger getroffen zu Boden stürzten. Dann waren die gegnerischen Schützen nah genug heran und erwiderten den Beschuss. Fluchend warf sich Flores hinter eine Zinne, als Pfeile überall um sie herum klappernd auf die Steine prallten. Rechts stürzte eine Kriegerin, griff hilflos nach dem Schaft, der aus ihrem Hals ragte. Ihre letzten Worte sprudelten blutig rot über ihre Lippen, gingen im Geschrei und Tumult des Angriffes unter.
»Leitern!«, warnte Tamár seine Untergebenen sicherheitshalber. Flores riskierte einen kurzen Blick über die Brüstung. Tatsächlich legten Szilas’ Krieger grob gezimmerte Leitern an die Mauern oder kletterten einfach auf die Häuserdächer, die an die Burgmauern stießen. Die Verteidiger versuchten mit langen Lanzen, an deren Spitzen sich Widerhaken befanden, die Leitern von der Mauer wegzustoßen. Gleichzeitig schleuderten andere Soldaten schwere Steine über die Zinnen hinab, die Schilde und Knochen brachen. Dennoch strömte die Masse der Feinde immer weiter heran, und die ersten erreichten bereits die Zinnen.
»Feuerbälle!«
Der Befehl des Marczegs war Flores zunächst unverständlich, aber dann bemerkte sie die eng zusammengeschnürten Strohkugeln, die in Pech getaucht worden waren. Viel zu klein, wunderte sie sich. Doch die in Brand gesteckten Kugeln wurden nicht auf die Feinde geschleudert, sondern auf die Dächer der Häuser, die sie mühelos entzündeten. Mit einem Mal loderten Flammen auf, leckten an der Burgmauer, reichten beinahe bis zu den Zinnen. Innerhalb eines Herzschlages verwandelte sich die Szenerie in ein grauenhaftes Inferno. Die Hitze türmte sich wie eine Wand vor Flores auf und nahm ihr für einen Moment den Atem.
Die Schreie unterhalb der Burg wurden noch lauter, aber diesmal waren es angsterfüllte Schmerzensschreie. Ihr Blick wanderte zu Tamár, der ebenfalls hinter den Zinnen vor der Hitze Schutz gesucht hatte. Mit der Hand wischte der Prinz sich den Schweiß von der Stirn und raunte ihr gepresst zu: »Man hätte die Häuser zerstören können. Oder man benutzt sie als Falle.«
Einen Moment lang sah Flores den Masriden ungläubig an, dann nickte sie grimmig. Ein gefährlicher Bastard.
Obwohl noch vereinzelt gekämpft wurde, hatten die Flammen den ersten Angriff aufgehalten und den größten Teil der Angreifer in die Flucht geschlagen. Zurück blieben nur die Toten und jene Verwundeten, die nicht aus eigener Kraft fliehen konnten. Obgleich Flores noch nicht einen Schwertstreich geführt hatte, war sie dankbar für die Atempause.
Die Feuer brannten bis zum Mittag ungeheuer heftig, dann ließ ihre Kraft nach. Viele der Häuser waren eingestürzt, von manchen waren nicht mehr als hohle Gerippe übrig, in denen Glut und Flammen tobten. Während die Flammen noch loderten, hielten sich Marczeg Laszlárs Soldaten in
Weitere Kostenlose Bücher