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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gyell ins Freie trat. Jetzt, im hellen Licht des Morgens, konnte sie sehen, daß der Eindruck, den sie am vergangenen Abend gehabt hatten, richtig gewesen war. Sie schienen sich inmitten einer Stadt der Jared aufzuhalten. Charity bemerkte Hunderte der struppigen Gestalten, aber es war die sonderbarste Siedlung, die sie je zu Gesicht bekommen hatte. Es gab eine Anzahl einfacher, aus Ästen und Blättern errichteter Hütten und einige wenige, niedrige Gebäude aus Stein und rostigem Wellblech. Die Jared hatte sich bemüht, so wenig wie möglich zu verändern und nichts zu zerstören. Die Hütten lehnten sich an den natürlichen Wuchs der Bäume an und folgten dem Verlauf des Bodens, der zum Fluß hin sanft abfiel. Dann sah Charity den Schatten, drehte sich automatisch herum - und hielt überrascht den Atem an. In der vergangenen Nacht hatte sie nichts als einen verschwommenen Umriß wahrgenommen, eine weitere Ruine in einer Stadt aus Trümmern, der sie kaum einen flüchtigen Blick geschenkt hatte, aber jetzt erkannte sie das Bauwerk als das, was es war: ein gigantischer Dom, dessen Doppelspitze sich Hunderte von Metern über den Fluß erhob. Der riesige Keller, in dem sie übernachtet hatten, mußte sich unter seinen Fundamenten befinden. »Das ist...« »Der Dom«, sagte Hartmann. Er seufzte. »Ich bin sicher, Sie haben selbst in den Staaten davon gehört. Irgendwie hat er die Invasion überstanden.« Abgesehen von einigen kleinen Schäden, war die imposante Kathedrale tatsächlich unversehrt geblieben - ein absurder Anblick in einer ansonsten völlig zerstörten Stadt. Gyell deutete heftig gestikulierend auf eine Stelle unweit des Flußufers, an der einige Jared um ein Feuer saßen, über dem sie auf großen metallenen Spießen Fleisch brieten. Sein Geruch war fremdartig, aber nicht unangenehm. Und er allein reichte aus, um sie daran zu erinnern, daß sie seit fast achtundvierzig Stunden nichts mehr gegessen hatte. Gyell mußte seine Einladung nicht wiederholen, als er sich an einen Platz am Feuer setzte und sich vorbeugte, um einen der Spieße aus den Flammen zu klauben. Skudder, Net und Kyle folgten Charity, während Hartmann und seine beiden Begleiter unschlüssig in zwei Schritten Entfernung stehenblieben. »Worauf warten Sie, Hartmann?« fragte Charity. »Sind Sie nicht hungrig?« »Doch«, antwortete Hartmann. »Dann essen Sie etwas«, sagte Charity. Hartmann verzog nur trotzig das Gesicht, und Charity wandte sich mit einem Achselzucken um und griff dankbar nach dem Stück Fleisch, das ihr Gyell hinhielt. Sein Aussehen war so fremdartig und beunruhigend wie sein Geruch, aber Charity biß entschlossen hinein. So seltsam das Stück Fleisch roch und aussah, so gut schmeckte es. Nach der ersten Sekunde vergaß sie all ihre Hemmungen und kaute genüßlich. »Wissen Sie eigentlich, was Sie da essen?« fragte Hartmann hinter ihr. »Nein«, antwortete Charity mit vollem Mund. »Und ich will es auch gar nicht wissen.« Gyell blickte sie an, und für einen Moment glaubte sie, ein Lächeln in seinen Augen zu entdecken. Sie aßen schweigend. Zu dem Fleisch reichte ihnen Gyell Obst und klares Wasser aus dem Fluß, das mit irgendeinem Gewürz versetzt zu sein schien, denn es schmeckte köstlich und hinterließ einen angenehmen Nachgeschmack auf ihrer Zunge. Nach einer Weile hörte sie Schritte, und als sie aufsah, erkannte sie Helen und Gurk, die sich in Begleitung zweier erwachsener Jared und des blonden Mädchens vom vergangenen Abend dem Feuer näherten. Helen wirkte erschöpft, während auf Gurks faltigem Gesicht ein zutiefst verwirrter Ausdruck lag, der Charity beunruhigte. Aber sie beherrschte ihre Ungeduld und wartete geduldig, bis auch Helen und der Zwerg ihren ärgsten Hunger gestillt hatten. »Wie geht es Stern?« fragte sie schließlich. Helen sah sie an und fuhr sich müde mit dem Handrücken über die Augen. »Nicht gut«, sagte sie. »Aber ich glaube, er überlebt es.« Sie sah das Mädchen neben sich an. »Sie hat ihm das Leben gerettet«, sagte sie leise. »Ich weiß nicht wie, aber sie hat es geschafft.« Charity wandte sich an Gurk. Sie sagte nichts, aber der Zwerg spürte ihren Blick und ahnte, was sie ihn fragen wollte. Kauend bemerkte er: »Stimmt. Sie hat irgend etwas mit ihm gemacht.« »Was meinst du damit?« fragte Skudder, der neugierig geworden war. Gurk zuckte abermals mit den Achseln und verschlang ein Stück Fleisch, das so groß wie seine geballte Faust war. »Euer

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