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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Freund ... wird ... leben«, sagte Gyell, der zwar wie gewohnt vor sich hingestarrt, aber offensichtlich auch sehr aufmerksam zugehört hatte. »Warum tut ihr das?« fragte Charity. Gyell sah sie fragend an. Charity deutete auf Hartmann, dann auf sich. »Sie haben uns erzählt, ihr wärt ... ihre Feinde.« Gyell schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Sie sind blind. Wir sehen. Sie sind unsere Feinde. Nicht wir ihre.« Hartmanns Gesicht verdüsterte sich bei diesen Worten noch mehr, aber zu Charitys Erleichterung sagte er nichts, sondern blickte den Jared nur feindselig an. »Aber der Angriff gestern abend«, fuhr Charity fort. »Ihr habt den Wagen mit Steinen beworfen und ... eine Falle gestellt.« Gyell nickte. Sein Blick streifte Hartmann und blieb einen Moment an der Maschinenpistole über seiner Schulter hängen. Doch was Charity in Gyells Augen las, während er die Waffe betrachtete, war weder Zorn noch Furcht, sondern nur eine tiefe Mißbilligung. »Wir wehren uns«, sagte Gyell. »Sie greifen uns an. Wir vertreiben sie.« »Blödsinn!« sagte Hartmann. »Wir...« Charity brachte ihn mit einer hastigen Handbewegung zum Verstummen. »Du willst behaupten, ihr hättet sie niemals angegriffen?« vergewisserte sie sich. Gyell schüttelte den Kopf und sagte: »Niemals.« Hartmann lachte abfällig. »Sie haben nur drei unserer Basen überrannt und die Besatzung verschleppt; ein halbes Dutzend Wagen zerstört und den Großteil unserer Vorratsdepots geplündert. Aber sonst sind wir richtig gute Freunde, wissen Sie?« »Du hörst, was er sagt«, sagte Charity. »Willst du behaupten, daß er lügt?« »Nein«, antwortet Gyell. »Er glaubt ... die Wahrheit ... zu sagen. Er ist blind. Wir sehen.« »Was meinst du damit?« fragte sie. Gyell lächelte. Aber es war ein Lächeln, das Charity einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Mehr denn je hatte Charity plötzlich das Gefühl, einem Wesen gegenüber zu sitzen, dem menschliche Gefühle nicht fremd waren, dem sie aber nicht so viel bedeuteten wie ihr. »Ihr seid ... anders ... als sie«, sagte Gyell und deutete auf Hartmann und die beiden Soldaten. Charitys Blick folgte der Geste. Hartmanns Gesicht war völlig ausdruckslos, während Lehmann den Jared mit unverhohlenem Haß anstarrte. Felss hingegen blickte die Bratspieße über dem Feuer und das Fleisch daran an, und Charity konnte sehen, wie dem jungen Soldaten das Wasser im Munde zusammenlief. Er mußte ebenso hungrig und erschöpft wie sie selbst sein. »Das stimmt«, antwortete sie. »Aber nicht so sehr, wie du glaubst.« »Sie sind blind«, beharrte Gyell. »Auch ihr ... seid blind. Aber ihr ... könnt nicht ... sehen. Sie wollen nicht.« Charity schüttelte hilflos den Kopf. »Ich verstehe nicht, was du meinst.« Gyell machte eine hilflose Geste. »Du hast ... uns geholfen, Charity Laird«, sagte er. Charitys Augen wurden groß. »Woher kennst du meinen Namen?« fragte sie. Sie war absolut sicher, daß keiner der anderen ihn ausgesprochen hatte, seit sie sich in der Gefangenschaft der Jared befanden. Gyell überging die Frage. »Du hast auf die ... Ratten geschossen. Nicht ... auf uns.« Er hob wieder die Hand und deutete auf Hartmann. »Sie töten uns. Wir töten sie. Vielleicht können wir ... aufhören.« »Wunderbar!« knurrte Hartmann. »Gleich wird er eine Friedenspfeife herausholen und sie stopfen.« »Warum halten Sie nicht endlich den Mund?« fragte Charity matt. Doch diesmal gehorchte Hartmann nicht. Im Gegenteil -seine Stimme wurde noch schneidender. »Wieso zum Teufel glauben Sie diesem Irren jedes Wort und uns überhaupt nicht?« fragte er. »Fragen Sie ihn, was sie mit all den Männern und Frauen gemacht haben, die sie verschleppen. Fragen Sie ihn, was sie mit Stern gemacht haben. Fragen Sie ihn, ob wir ihn wiedersehen werden!« »Sehen wir ihn wieder?« fragte Charity den Jared. Gyell schüttelte langsam den Kopf. »Nein«, antwortete er. »Aber er wird leben?« Der Jared nickte. »Er wird sehen. Aber du ... hast meine Frage ... nicht beantwortete. Du hast ... die Eier ... gerettet. Du hast auf ... die Ratten geschossen, nicht ... auf  uns. Warum?« Charity schwieg einen Moment. Im Grunde war es nur ein bloßer Reflex gewesen, eine Handlung, die viel weniger von bewußtem Denken als vielmehr vom Instinkt geleitet gewesen war. »Sie sind nur Tiere«, antwortete sie schließlich. Gyell schüttelte den Kopf. »Nein. Auch sie sehen.« Charity blinzelte

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