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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich dem Verletzten und dem Mädchen. Lehmanns Hand sank auf den Kolben der Pistole in seinem Gürtel herab und blieb darauf liegen, während Felss immer unglücklicher aussah und von einem Bein auf das andere zu treten begann. »Helft ihm«, bat Charity Gyell. Dann wandte sie sich wieder an Hartmann. »Pfeifen Sie Ihre beiden Zinnsoldaten zurück, Leutnant Hartmann. Oder Sie werden sie verlieren.« Vielleicht war es der ruhige, fast freundliche Ton ihrer Stimme, der Hartmann klarmachte, wie ernst sie ihre Worte meinte. »Also gut«, sagte er schließlich. Diesmal haben Sie gewonnen, Captain Laird. Aber wir reden noch darüber. Und glauben Sie nicht, daß ich Angst vor Ihnen habe. Ich will nicht, daß diese Wilden sehen, wie wir uns streiten. Das ist alles.« »Natürlich«, sagte Charity spöttisch. Auf einen Wink Hartmanns hin zogen sich die beiden Soldaten wieder zurück, und auch Kyle und der Hopi traten wieder beiseite. Das Mädchen stand auf, und auf einen knappen Befehl Gyells hin trat der zweite Jared neben den Verletzten und trug ihn scheinbar mühelos aus dem Raum. Das Mädchen folgte ihm, während Gyell noch zurückblieb. »Was werdet ihr mit ihm tun?« erkundigte sich Charity. »Ihm geschieht ... nichts«, antwortete Gyell langsam. »Bringt ihr ihn zurück?« fragte Charity. Gyell antwortete nicht darauf.

Kapitel 10
    Irgendwie brachte sie das Kunststück fertig, in dieser Nacht doch noch einige Stunden zu schlafen. Mit einem Ruck erwachte sie und sah sich um. Durch die Tür fiel noch immer der flackernde rote Schein der Feuer, die draußen in der Halle brannten, aber in dieses Licht hatte sich jetzt ein grauer Schimmer gemischt. Sie stand auf und fuhr mit einem leisen Schrecken zusammen, als sie sah, daß zwei Mitglieder ihrer Gruppe fehlten: Helen und Gurk. »Was ist passiert?« fragte sie erschrocken. Hartmann, der mit vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen lehnte und in den angrenzenden Kellerraum hinausstarrte, warf ihr einen abfälligen Blick zu. »Ihre Freunde haben sie geholt«, sagte er. »Gyell und das Mädchen«, erklärte Skudder. »Sie kamen vor einer Viertelstunde und haben mit Gurk gesprochen. Und dann sind Helen und er mit ihnen gegangen.« Skudders Stimme klang sehr ernst, aber er machte auf Charity trotzdem nicht den Eindruck, daß er sich um Helen und den Zwerg sorgte. Offensichtlich spürte der Hopi wie sie, daß das Geheimnis, das die Jared zweifellos umgab, völlig anders war, als Hartmann und seine Männer glauben mochten. Langsam trat sie neben den Leutnant und blickte in die Halle hinaus. Der riesige, unterirdische Saal war fast völlig verwaist. Einige Feuer brannten noch, aber bis auf eine Handvoll Männer und Frauen hatten alle Jared den Keller verlassen. Plötzlich kam eine Gestalt mit langsamen Schritten auf sie zu. Es war Gyell. Obwohl er nicht einmal in ihre Richtung gesehen hatte, wußte Charity, daß er nur auf ihr Erwachen gewartet hatte. »Warum habt ihr mich nicht geweckt?« fragte sie. Hartmann zog nur die Augenbrauen hoch und schwieg, und Skudder antwortete beinahe verlegen. »Du brauchst deinen Schlaf. Wir sind seit fast achtundvierzig Stunden auf den Beinen.« Charity wollte etwas entgegnen, aber Gyell war bereits näher gekommen und hob die Hand, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wortlos und mit knappen, aber eindeutigen Gesten forderte er sie und die anderen auf, zu ihm herauszukommen. Sie durchquerten den Kellerraum und stiegen wieder nach oben. Das graue Zwielicht, das durch den halb verschütteten Eingang herabgefallen war, verwandelte sich langsam in das helle, klare Licht eines frühen Morgens. Plötzlich hörte Charity eine erstaunliche Vielfalt von Geräuschen: das Rauschen des Flusses, das Wispern des Windes in den Baumwipfeln, den Gesang von Vögeln und das seltsame vertraut klingende Bellen eines Hundes - aber auch fremdartige, fast unheimliche Laute, die sie nicht einordnen konnte. All ihre Sinne schienen mit einem Male viel schärfer zu arbeiten als noch am Abend zuvor. Sie hörte Skudders Atem hinter sich, die Schritte jedes einzelnen auf der Betontreppe, das leise Rascheln ihrer Kleidung und die metallischen Laute, die ihre Waffen verursachten. Und sie nahm Farben und Gerüche in einer Intensität wahr, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte. Verwirrt überlegte sie, ob es wirklich nur diese wenigen Stunden Schlaf gewesen waren, die ihre Sinne so geschärft hatten. Sie blinzelte, als sie hinter

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