Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Charity die zwei Meter große Gestalt einer Ameise, die mit grotesk aussehenden Sprüngen über die zusammengebrochene Wand setzte und auf sie zurannte. Aber dann schlössen sich die Türen, und der Lift setzte sich summend in Bewegung. Zehn Sekunden lang. Dann traf die Faust eines Riesen den Aufzug, schleuderte ihn zwei oder drei Meter weit in die Höhe und ließ ihn dann wieder zurückfallen. Die Erschütterung schmetterte Charity und die anderen mit furchtbarer Wucht zu Boden. Für Momente blieb sie benommen liegen und lauschte auf das schreckliche Geräusch der überanspruchten Stahlseile, an denen die Liftkabine hing. Aber das Wunder geschah - die Trossen hielten, und die Kabine stürzte nicht haltlos in die Tiefe. Vollkommene Dunkelheit umgab sie. Blind tastete sie um sich, fühlte einen Körper, über dem sie zusammengebrochen war, und hörte ein unterdrücktes Stöhnen. »Bist du verletzt?« fragte sie. »Ja«, antwortete Net. »Aber nicht schwer. Ich ... glaube jedenfalls nicht.« Einer der Soldaten schaltete eine Taschenlampe ein und ließ den Strahl durch die winzige Kabine gleiten. In seinem bleichen Licht erkannte Charity, daß sie tatsächlich alle mehr oder minder unverletzt davongekommen waren. Bis auf Net und sie selbst hatten sich alle wieder erhoben, und auch die Wasteländerin richtete sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Der Lift aber war schwer beschädigt worden. Die Türen hatten sich verzogen und ließen sich wahrscheinlich nicht einmal mehr mit einer Brechstange öffnen. Aus der Schalttafel an der Kabinenwand kräuselten sich dünne, graue Rauchfahnen. Trotzdem trat einer der Soldaten heran und drückte mehrmals auf den obersten Knopf - aber nichts geschah. »Mist!« fluchte Skudder. »Sieht so aus, als säßen wir fest.« »Es gibt noch einen Weg!« sagte der Soldat und deutete mit dem Lauf seines Gewehres nach oben. »Können Sie klettern?« Skudder sah ihn fragend an. »Die Trossen«, sagte der Soldat. »Es ist nicht leicht, aber es geht. Und es sind nur sieben oder acht Meter.« Statt direkt zu antworten, richtete sich Skudder auf und hob die Arme. Er erreichte spielend die Decke der Liftkabine. Charity sah, wie sich seine Muskeln spannten, als er mit aller Macht dagegendrückte. Das Metall knirschte, gab aber nicht nach. Enttäuscht ließ er die Arme sinken und trat zurück. »Wir brauchten etwas, um...« murmelte er. Ein dumpfer Schlag traf die Liftkabine. Einen Augenblick später hörte Charity das Geräusch harter Krallen, die über Metall kratzten. Einer der beiden Soldaten feuerte auf die Tür. Die Geschosse blieben im Metall stecken, aber dennoch erscholl von draußen ein wütendes Zischeln und Pfeifen - und ein zweiter, noch heftigerer Schlag, der die Lifttür traf. Der Soldat zielte abermals auf die Kabinentür, besann sich dann aber eines Besseren und riß die Waffe plötzlich in die Höhe, um den Rest des Magazines in die Decke zu feuern. »Jetzt!« schrie er, während er zurücktrat und das Magazin auswechselte. »Versuchen Sie es noch mall« Skudder hob abermals die Arme, und diesmal gab das Metall nach, als der Hopi zornig mit der Faust dagegen schlug. Ein weiterer Hieb traf die Lifttür - und durchschlug sie. In einem handlangen, gezackten Riß tauchte für eine Sekunde eine Insektenklaue auf, die sich aber blitzschnell zurückzog, als der Soldat einen weiteren Schuß aus seiner MP durch die Tür jagte. »Beeilt euch!« sagte er. »Ich versuche sie aufzuhalten - aber ich weiß nicht, wie lange ich es schaffe.« Skudder schwang sich mit einer kraftvollen Bewegung auf das Dach der Kabine und streckte die Hände herab, um erst Net und dann Charity zu sich heraufzuhelfen. Charity blickte aus eng zusammengepreßten Augen in den vollkommen schwarzen Liftschacht. »Wir brauchen Licht!« rief sie in die Kabine hinunter. Einer der beiden Soldaten kletterte umständlich zu ihnen herauf, während der zweite zurückblieb und in fast regelmäßigen Abständen einen Schuß auf die Tür abgab. Der Mann schaltete seine Taschenlampe ein und ließ den Strahl an den Stahltrossen hinaufwandern, an denen der Lift hing. Schließlich blieb er an den geschlossenen Türen des Ausgangs hängen - ungefähr zehn Meter über ihnen, wie Charity erschrocken erkannte. »Schaffst du das?« fragte Skudder besorgt. Die Frage galt eher Net als Charity, aber sie beantwortete sie trotzdem mit einem Nicken, warf einen letzten, nervösen Blick in die Kabine zurück und begann an

Weitere Kostenlose Bücher