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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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schon überhaupt nichts von der Welt. Von dieser Welt. Obwohl. Der Onkel Schottola war ja schon mit einem Herzinfarkt ins Spital eingeliefert worden. Aber es war dann nur ein Verdacht gewesen, und er war auch gleich in ein normales Zimmer gebracht worden.
    Nein, antwortete sie der Frau links. Nein, sie hätte nicht gewusst, dass Gino mit dem Auto unterwegs gewesen wäre. Die Frauen schauten einander an. Das wäre er ja auch nicht. Die Krankenschwester kam in den Vorraum. Sie räusperte sich. Das alles wäre nicht interessant für die Frau Denning. Amy schaute sie fragend an. Die Frau starrte zurück. Abweisend. Dann fiel Amy ein, dass sie die Frau Denning war. Sie beugte sich vor. Sie war rot geworden. Unter dem vorwurfsvollen Blick der Krankenschwester war sie rot geworden. Sie beugte ihr brennendes Gesicht über die Kaffeetasse. Sie war sogar dazu zu dumm. Die Verzweiflung stieg wieder auf. Das Gefühl, eigentlich weit weg zu sein, aber mithören zu müssen, wie alle schlecht über sie sprachen. Böse. Vorwurfsvoll. Anklagend. Und es stimmte ja auch. Es war nicht so, wie diese Frauen das dachten. Aber es war mindestens so schrecklich. Mit ihr. Und plötzlich war sie diesen Frauen dankbar für ihre schlechte Meinung von ihr.
    Sie stand auf und ging in den Saal zurück. Gino lag unverändert. Das Licht war abgedreht. Draußen. Hinter den großen Fenstern hatte der Morgen begonnen. Sie ging um das Bett herum und schaute zum Fenster. Gino würde hauptsächlich Himmel zu sehen bekommen.
    »Du musst dann aufwachen.« sagte sie zu ihm. Sie stand hinter ihm und redete von da auf ihn ein. »Du musst aufwachen und denen sagen, was los war. Und warum sitzt die Cindy da draußen. Wo wart ihr denn. Ihr seid doch nicht auf dem Weg in diese Disco gewesen. Die im Internet angegeben ist. Da sind wir doch gewesen. Die haben wir doch gesucht. Da gibt es doch das Haus nicht mehr. Aber ich weiß schon, ihr seid nach Kötzting ins Casino gefahren. Oder doch nach Tschechien. Seid ihr nach Strazny gefahren. Na ja. Ist ja gleichgültig. Ich kann auch gar nicht dableiben. Ich kann mich nicht um dich kümmern. Du weißt doch. Ich muss nach London, und das ist wichtig. Und ich will natürlich gar nicht wissen, was passiert ist. Ich will nur, dass es dir gutgeht. Du bist doch der Stärkere von uns beiden. Wie kannst du hingehen und einen Unfall bauen. Ich nehme an, dass es ein Unfall gewesen ist. Ihr seid doch nicht. Sag. Das kommt davon. Wie kannst du dich mit jemandem wie dieser Cindy einlassen. Du hast nichts verstanden. Ich habe dir doch gesagt, dass das komisch ist. Das ist alles komisch da, und wenn du mit der ausgehst, dann musst du damit rechnen, dass du überfallen wirst. War es das? Seid ihr in einen Hinterhalt. Ja? Ich habe es ja gewusst. Diese Geschichte mit diesem Grotowski. Die hat dich dazu benutzt, Kontakt aufzunehmen. Das heißt, ihr wart in Strazny, und sie hat da mit irgendwelchen Russen geredet. Weil die da Kontakte haben. In Afghanistan haben die noch ihre Kontakte. Ist ja klar. Und es waren die Falschen. Ingo. Ingo. Warum hast du mich nicht gefragt. Die haben da ein riesiges Problem. Die sind verzweifelt. Da muss man sich heraushalten. Nein. Du glaubst immer, dass das eine Spielerei ist. Aber da wird nicht gespielt. Weil du mich nicht ernst nimmst. Du. Du Dummkopfi, du.«
    Der Pfleger schob sie zur Seite. Der Patient dürfe nicht berührt werden. Jetzt noch nicht. Und sie solle gehen. Sie habe den Blutdruck des Patienten so erhöht, dass da eine Pause. Er stellte etwas an der Infusion ein. Die Krankenschwester kam von der Tür auf sie zu. Sie ging. Sie hätte weinen können. Aber sie weinte nicht. Sie ging an allen vorbei hinaus. Sie ging steif. Sie spürte sich selbst steif gehen. Die Gelenke widerständig. Beugten sich nicht rechtzeitig. Eine Holzpuppe. Ich bin eine Holzpuppe, dachte sie und ging. Sie machte die Tür betont leise hinter sich zu. Sie konnte noch kurz hören, wie die Frauen sprudelnd zu reden begannen. Die redeten jetzt über sie. Sollten sie doch. Die verstanden auch von nichts etwas. Solchen Leuten ging es aber ohnehin nur ums Reden. Da musste so ein Redefluss aufrecht bleiben. Das war alles.
    Auf dem Gang. Cindy saß nicht mehr da. Sie war allein. Sie ging zum Lift. Geschlossene Türen. Schilder, dass der Eintritt nur Befugten erlaubt war. Einen Augenblick stellte sie sich vor, wie das mit den Befugten sein konnte. Wie so ein Arzt in Weiß mit Fugen versehen werden konnte und dann befugt war. Sie

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