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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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Verlorene-Kinder-im-Pfadfinderlager-Verhältnis hatte. Dass sie beide allein da gewesen wären. Die Einzigen ohne Ziel. Dass sie Gino liebte. Aber nicht so, wie Gregory sich das vorstellte. Dass es noch mehr gab als Gregorys einfache Welt von Macht und Ohnmacht. Sie konnte aber nichts sagen. Sie hielt den Kopf gebeugt. Sie hielt das Gesicht in den kalten Luftstrom von vorne. Sie konnte keinen Ton von sich geben. Sie konnte auch nur atmen, weil die Luft so kalt war. Wäre die Luft wärmer gewesen. Sie hätte keine Luft bekommen können. Ihre Brust wie verriegelt. Die Erklärungen. Die Einsprüche. Die Wahrheiten. Ihre Meinung. Es brandete gegen diese Verriegelung an. Und dann gleich die Angst wie vor Erbrechen. Dass diese tobende Masse von Sprechen-Wollen den Riegel durchbrechen und sich in einem Schwall ergießen. Sie spürte es. Sie konnte spüren, wie das sein würde. Schreien. Schreien war das. Alle diese Dinge, die gesagt werden sollten. Die gesagt werden mussten. In einem Schwall. Und Gregory sie einliefern konnte. Würde. Musste. Und sie nie sagen können würde, was geschehen war. Was wirklich geschehen war. Was sie wirklich erlebt hatte. Was die Wahrheit gewesen war. Was die Wahrheit war. Und sie nickte. Sie deutete Gregory zu gehen. Sie spielte eine Rolle und sah sich zu. Sie war die gebrochene überforderte Freundin dieses halbtoten Mannes. Gregory grinste. Sie spürte Gregory grinsen. Das mache sie sehr gut. Selbst wenn jetzt noch jemand zusähe, wäre sie glaubhaft. Sie müsse es für ihn nicht machen, aber wenn sie es für sich bräuchte, die Rolle durchzuhalten, dann solle sie das ruhig tun. Sonst wäre es ja nicht notwendig, für einen solchen toyboy Gefühle zu verschwenden. Es täte ihm ja leid, aber man müsse einfach sehen, dass es besser wäre, dieser kleine Stricher wäre drangekommen als Cindy. Cindy ginge es schlimm genug. Und sie solle diesem Ingotypen ausrichten, dass Allsecura sich erkenntlich zeigen würde. Die Kosten für das Krankenhaus jedenfalls. Sie schaute Gregory fragend an. Der wäre bestimmt nicht versichert. Das würde er jedenfalls annehmen. Aber das wäre ja gleichgültig. Es wäre nichts passiert, was nicht wieder gut werden könne, und sie. Amy. Sie habe sich bestens bewährt. Das freue ihn, dass er der lieben Tante in London Gutes berichten könne. Er habe es ja gewusst. Sie wäre ein Talent. Und wäre es nicht erstaunlich, was eine schöne Frau alles behaupten könne, ohne dass jemand nachfragte. Wie dieser Mann am Eingang ihm gesagt hatte, dass die Ehefrau schon bei Ingo Denning sei und er ihr Auto auf dem Parkplatz gesehen habe.
    Gregory war in Hochstimmung. Er wetzte beim Reden und fuchtelte mit den Händen. Er riss ihre rechte Hand in seiner eingefangen mit herum. Sie wurde herumgerissen. Seine Begeisterung riss sie in alle Richtungen. Dann hob Gregory die Hand, um mit ihr abzuklatschen. Sie schaute aber weiter nach vorne. Gregory wurde ruhig und beugte sich vor. Er entließ ihre Hand. Er zog den Handschuh von der rechten Hand. Er legte den Handrücken der rechten Hand gegen ihre linke Wange. Er ließ den Handrücken an ihrer Wange liegen. Dann stieß er sie mit einem kleinen Schubs weg. »Attagirl.« sagte er. Leise. Verschwörerisch. Dann schwang er sich nach rechts und stieg aus. Er schloss die Autotür und schlug mit der flachen Hand auf das Autodach. Zweimal. Sie stieß den Schaltknüppel in den Rückwärtsgang. Stieg auf das Gas. Sie schoss auf den Parkplatz hinaus. Schaltete. Wandte den Wagen und raste davon. Ein großer dunkelgrüner SUV stand links in der Ecke des Parkplatzes. Mit laufendem Motor. Einen Augenblick der Impuls, dagegenzufahren. Einfach auf dieses Auto und hinein. Dann war sie schon auf der Straße. Sie war zu schnell um die Kurve. Sie hatte Mühe, das schleudernde Auto auf der Straße zu halten. Sie fuhr dann langsamer. Davon. Nur davon. Es war wieder dunkel geworden. Es begann zu schneien. Auf dem Weg zurück ins Hotel. Es schneite dicht. Sie fuhr zum Hotel zurück, weil sie zu müde war, gleich nach Wien zu fahren. Zum Mammerl. Oder in ihre Margaretenstraße. Zu den Schottolas konnte sie ja nicht. Die hatten ja jetzt diese Sandra. Noch einmal ein Pflegekind, hatten sie gesagt. Sie hatte nichts sagen können. Was konnte sie, das Pflegekind Nummer 3, schon sagen. Aber es würde nicht gut ausgehen. Das war traurig. Das war sehr traurig. Es war überhaupt das Traurigste, wenn es die Netten traf. Sie. Sie kannte die Welt. Sie hatte eine

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