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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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machen, es handle sich nicht einmal um eine Operation. Es handle sich um einen Eingriff, und sie müsse im Spital bleiben, weil sie nicht gleich am Morgen drangekommen wäre. 12 Stunden müsse man sie schon beobachten, und dann könne sie sich ausschlafen. Das könne nie schaden. Die Ärztin hatte sie noch kurz prüfend angesehen. Das könne sie sicherlich brauchen. Es wäre doch immer ein Schock.
    Sie musste fürchterlich ausgesehen haben. Alle hatten sie mitleidig angeschaut. Am Ticketschalter in Heathrow. Beim Gepäck-drop-off. Ob sie das wirklich einchecken wolle, hatte der Mann sie gefragt. Sie hatte nur nicken können. Wie hätte sie diesem frischen jungen Mann erklären sollen, dass sie die Prada-Tasche eincheckte, weil sie eine Tupperware-Dose aus Glas mit einem Spurenträger transportierte. Einem Klumpen blutiges Gewebe, den sie eigentlich trocknen lassen sollte. Den sie aber zur Analyse bringen wollte. Und wie sollte sie bei der Sicherheitskontrolle erklären, was das war. Hätte sie diesen Klumpen Gewebe und Blut als »liquids« deklarieren müssen. »My shampoo.« hätte sie dann flüstern müssen.
    Ihr angegriffenes Aussehen. Es hatte ihr die Untersuchung bei der Dr. Immervoll eingetragen. Der Mann, der dann im Laboratorium für Kriminaltechnik und forensische Chemie geholt werden hatte müssen. Der hatte sie ganz vorsichtig behandelt. Er hatte auf die Dose gestarrt. Der weiße Plastikdeckel machte das Ding drinnen unsichtbar. Man müsse von ihrer DNA eine Probe nehmen. Für das Ausschlussverfahren. Ob sie in der letzten halben Stunde etwas gegessen habe. Sie hatte da zwei Tage schon nichts gegessen gehabt. Der Mann hatte Gummihandschuhe angezogen und den Abstrich genommen. Die Innenseite der linken Wange. Ein Auftragsformular. 500 Euro in bar. Man konnte nicht mit Kreditkarte bezahlen. Im Kriminaltechniklabor. Ein Bankomat wäre vorne. Da. Bei der U-Bahn-Station. Der sorgenvolle Blick von der Immervoll. Sie müsse sich selber einliefern. Am Morgen. Um 7.00 Uhr. AKH . 2. gynäkologische Abteilung. Ob sie das schaffen würde. Und nein. Man könne nicht warten. Sie könne zwar eine Tubenschwangerschaft ausschließen, aber nichtbetreute Fehlgeburten wären die Todesursache Nummer 2 für Frauen ihrer Altersgruppe. Sie müsse das ernst nehmen. Hier. In Wien. In Österreich. Da würde das ernst genommen werden. Ohne curettage. Unvorstellbar. Das Risiko reiche von Unfruchtbarkeit bis zu Sepsis, und sie wolle da jetzt gar nicht mehr diskutieren. Und jetzt war ja auch schon alles vorbei. Sie konnte sich kaum an den Tag erinnern. Sie hatte nur geschlafen. Mit Narkose und ohne, und die Klarheit innen war weiter da. Und alle sagten ihr ja, sie solle nicht traurig sein. Sie wäre ja jung, und da könne sie jederzeit wieder schwanger werden, und jede 5. Schwangerschaft ende mit einer Fehlgeburt. Es wäre also alles ganz normal.
    Dann hatten sich alle abgewandt. Nachdem sie diesen Satz gesagt hatten, hatten sich alle weggedreht. Wahrscheinlich hatte sie so pathetisch dreingeschaut, und die dachten, sie wäre zerstört und verzweifelt, weil sie das Kind nun nicht bekam. Wie hätte sie denen sagen sollen, dass sie kein Kind verloren hatte, weil sie keines erwartet hatte. Aber, dass das das Rätsel war. Das schreckliche Geheimnis. Ihr schreckliches Geheimnis. Ihr schreckliches Wodkageheimnis, und dass sie froh war. Dieses Geheimnis war aus ihrem Körper verschwunden. Von ihrem Körper abgestoßen. Sie konnte nicht weinen darüber. Irgendjemand hatte ihr geraten zu weinen. Die Frau im anderen Bett. Oder eine Krankenschwester. Die Frau im anderen Bett. Sie drehte sich nach links. Sie bewegte sich vorsichtig. Als wäre ihr der Bauch aufgeschnitten worden. Es tat aber nichts weh. Sie hatte genügend Medikamente bekommen.
    Die Frau im anderen Bett schlief. Sie war älter. Wie alt, konnte sie sich nicht vorstellen. Die Frau trug eine Mütze. Wegen der Haare. Wahrscheinlich. Das Gesicht war braunfleckig. Die Frau hatte geschlafen, wie sie nachher ins Zimmer zurückgekommen war, und sie schlief noch immer. Sie setzte sich auf. Die Klimaanlage summte, und ein Lufthauch strich über sie. Im Sitzen konnte sie auf den Wilhelminenberg schauen. Der Wienerwald. Wie die Häuser sich hinauffraßen in die waldigen Kuppen. Straßen. Alles durchsichtig ohne Blätter. Wintergrau und bleich. Hier wäre Schnee schön gewesen. Sie sah die Fuchsspuren im Schnee auf dem Rasenstück in London vor sich. Sie musste ganz still sitzen und sich rechts

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