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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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wolle nicht hierbehalten werden. Sie hielt der Krankenschwester die Mappe hin. Sie müsse hier weg. Die Frau nahm die Mappe. Es würde wieder gut, sagte sie. Beim Weggehen. Es würde alles wieder gut werden. Sie sei ja so jung. Sie habe noch alles vor sich. Die Krankenschwester blieb einen Augenblick am Bett der anderen Frau stehen. Dann ging sie davon.
    Sie lag da und zitterte. Sie hatte einen Zitteranfall. Sie konnte nichts dagegen tun. Es wurde dann ein Scheppern. Im Liegen klapperten ihre Zähne, und ihre Knie flatterten. Als wäre ihr eiskalt. Ihre Gliedmaßen schepperten, und es wäre unmöglich gewesen, vom Kaffee zu trinken. Sie lag da und schaute die Decke an. Machte die Augen zu. Konnte den Kopf nicht bewegen. Wieder diese wilde Übelkeit. Kurz. Dann. Sie fand sich ruhig liegen. Gelassen und in Ordnung. Innen.
    Die Tür wurde aufgerissen. Eine Gruppe kam herein. Alle in weißen Mänteln. Der wichtige Mann. Es war sofort klar, dass er der wichtige Mann war. Die Gruppe schob ihn in die Zimmermitte. Eine junge Frau reichte ihm ein clipboard. Er schaute drauf. Dann auf sie im Bett. Er wandte sich an die Gruppe zurück. Ob die junge Dame da unterwiesen sei. Die Ärztin, die sie operiert hatte, sagte »Ja.« und »Selbstverständlich«. Dann wandte der Mann sich der anderen Frau zu. Die lag in tiefem Schlaf. Er schaute auf das clipboard und nickte. Dann verließ er das Zimmer. Die Gruppe schob sich hinter ihm her. Ihre Ärztin kam zurück. Wie es ihr ginge. Ob die Blutungen stark wären. Und sie solle zur Nachversorgung zu ihrer Gynäkologin gehen. Und alles Gute.
    Sie lag auf dem Bett. Es schien ihr alles eine Erscheinung zu sein. Ein Film. Sie lächelte die Ärztin an. Und ihr ginge es gut. Danke. Dann lag sie da. Sie konnte jetzt gehen. Offenkundig. Sie musste lachen. Ein bisschen musste sie lachen. Die Ärztin war wirklich nett gewesen. Sie hatte versucht, so freundlich wie möglich zu sein, aber sie war dann doch sehr froh weggelaufen, den anderen nachzukommen. Sie schätzte das. Sie konnte das schätzen. Sie blieb liegen. Es gefiel ihr, wenn jemand versuchte, nett zu sein. Es half. Sie konnte sich aufsetzen und überlegen. Sie sollte etwas trinken. Sie nippte am Kaffee. Sie war froh, nicht mit dem Auto hierhergefahren zu sein. Ein Taxi. Es gab Taxis unten. Am Haupteingang. Sie musste Geld abheben. In der Halle ein Bankomat. Sie konnte auch gleich etwas zu essen einkaufen. In der Halle. Sich versorgen und dann in die Margaretenstraße. Es war wahrscheinlich sogar ein Glück, dass keine Ferien waren. Dass ihre Mieter noch nicht in die Semesterferien geflüchtet waren. Sie hatte sie nur gehört. Sie hatte niemanden getroffen. Die waren alle den ganzen Tag unterwegs. Aber in der Nacht. Wenn etwas war. Der eine studierte sogar Medizin. Die anderen zwei waren Physiker. Die würden ihr auch etwas bringen. Sie brauchte nichts einzukaufen. Sie konnte vom Lift direkt zu einem Taxi und in die Margaretenstraße und dort schlafen. Wieder schlafen. Sie hatte noch die Tabletten von der Immervoll. Wenn etwas weh tat. Sie würde die dreifache Dosis nehmen und schlafen.
    Die Frau im anderen Bett drehte sich zur Wand. Die Frau hob den rechten Arm und zeigte gegen die Decke. Sie dachte, die Frau wachte auf und wollte etwas sagen. Dann legte die Frau den Arm auf die andere Seite und rollte sich dem Arm nach zur Wand.
    Sie war erschrocken. Die Frau war nicht aufgewacht. Es musste aus einem Traum gekommen sein. Diese Geste der Anklage. Sie schob das Tischchen weg und stand auf. Sie schaute in das Fach unter dem Tischchen. Zog die Schublade heraus. Ging zum Kasten. Holte den Mantel. Nahm die Taschen. Sie schaute das Bett noch einmal an. Schaute zum Fenster hinaus. Blauer Himmel zwischen dünnen Wolkenstreifen. Alles sonnig.
    Sie schaute die Frau im anderen Bett nicht mehr an. Sie hätte sich gerne von ihr verabschiedet. Diese Frau war freundlich gewesen. Sie hatte ihr gleich gesagt, dass sie dann schlafen würde, und ihr alles Gute gewünscht. Weil sie dann schon entlassen sein würde, wenn sie wieder aufwachte. »Wissen Sie.« hatte sie gesagt. »Diese Chemo. Das ist eine Übung. Und wenn das Sterben dann so ist, wie dieses Einschlafen bei der Chemo. Dann soll es mir recht sein.« Das wirklich Schwierige bei Krebs wären nämlich die Bestrahlungen. Die Chemo, das sei belastend. Ja. Aber die Bestrahlungen. Da wüsste man dann schon viel zu viel. Vom Ende. Sie war dann abgeholt worden. Sie war ewig in einem Vorzimmer zum

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