Die Schmerzmacherin.
Operationssaal gelegen und hatte warten müssen. Aber vielleicht war das nur ihr Gefühl gewesen. Vielleicht war sie gleich drangekommen, und es war nur für sie so lange gewesen. Sie konnte sich kaum noch an den Aufwachraum erinnern. Nichts. Die Zeit nicht vorhanden. Diese Stunde oder wie lang das gewesen war. Nichts. Nicht einmal Nebel. Dieser Vorraum. Dann der Aufwachraum. Dazwischen. Leer. Und. In diesen Räumen. Sie ging auf den Gang hinaus. Schloss die Tür vorsichtig. In diesen Räumen verloren sich die Grundlagen. Wahrscheinlich hing deshalb eine Uhr in jedem Zimmer. Dann fiel ihr ein, dass man diese Uhren sicherlich zentral umstellen konnte, und sie musste lächeln. Sie konnte doch hintergründig denken. Gregory hatte keinen Grund, sie als kleines braves Mädchen hinzustellen. Sie konnte in Gesamtzusammenhängen denken. Sie war misstrauisch. Sie konnte sich vorstellen, wie man einen ganzen Komplex nur über die Uhren manipulieren konnte. Jedenfalls innerhalb. Blöder Gregory. Eine Welle Wut. Eine große Welle Wut. »Ah. Da ist sie ja.« Sie schaute auf. Der Onkel Schottola kam vom Schwesternzimmer her auf sie zu. Die Krankenschwester, die ihr die Tropfen gegen die Kreislaufprobleme eingeträufelt hatte, hinter ihm. Dann sei ja alles in Ordnung, sagte sie. Sie hätten eigentlich Namensschilder an den Türen, und sie könne sich nicht erklären, warum das für die Frau Schreiber nicht vorhanden sei. »Ihr Vater hat sich jetzt schon Sorgen gemacht.« sagte die Krankenschwester zu ihr gewandt. Vorwurfsvoll. Dann drehte sie sich um und ging zum Schwesternzimmer zurück.
»Onkel Schottola.« Sie musste lachen. Sie konnte ihre Freude nicht verbergen, obwohl sie wusste, dass ihm das Schwierigkeiten machte. Er schaute auch gleich zu Boden. Das sei doch selbstverständlich, murmelte er. Dann nahm er ihr die Prada-Reisetasche aus der Hand und hängte sich bei ihr ein. Er habe das Auto in der Garage unten. Enge Stellplätze wären das. Und ob sie noch etwas holen musste. Aus ihrer Wohnung. Ein paar von ihren Sachen gäbe es ja im Haus.
Sie lehnte sich in seinen Arm. Sie lächelte ihn an. Das wäre die schönste Überraschung. Sie standen vor dem Lift und warteten. Sie musste sich keine Gedanken machen, wie sie in diesen Lift einsteigen konnte und wo sie stehen musste. Sie lehnte sich gegen den Onkel Schottola. Sie merkte, wie ihre Fassung zerbröselte. Sie musste grinsen. Mit dem Onkel Schottola. Da musste sie es gar nicht so weit kommen lassen. Neben ihm. Da reichte dieses Gefühl aus. Dass sie am Ende war. Das Ende musste dann gar nicht ausbrechen. Sie war sicher vor sich selbst. Bei denen. Und wahrscheinlich war das besser als bei leiblichen Eltern. »Gut, dass du angerufen hast.« sagte er. Sie trat einen kleinen Schritt zur Seite und zog ihren Arm aus seinem. Sie stand neben ihm. Sie stieg in den Lift. Sie fuhr mit ihm in die Garage. Ins zweite Untergeschoss. Es wäre schwierig gewesen, einen Parkplatz zu finden. »Ja, weil du so ein Riesenauto fahren musst.« sagte sie. Sie lachten beide. Er ging an den Kassenautomaten. Sie wartete. Sie gingen zum Auto. Er klickte das Auto von weit weg an, damit sie sahen, wo es stand. Im Auto. Sie schnallte sich an. Die Panik war verschwunden. Diese Welle von Elend und Angst und Schmerzen und Sorgen. Abgeflaut. Abgeklungen. Sie saß im Auto und schnallte sich an. Woher er gewusst habe, dass sie nach Hause gehen könne. Der Onkel steckte gerade die Parkkarte in den Automaten und wartete darauf, dass die Schranke aufging. Man musste aber die Parkkarte erst abziehen. Dann erst öffnete sich die Schranke. Er zog die Karte ab und warf sie in den Papierkorb neben dem Automaten. Die Schranke hob sich. Sie musste an den Arm der anderen Frau im Zimmer oben denken. Das Zimmer war aber schon weit weg. Alles in diesem Gebäude war schon gleich weit weg. Sie lehnte sich zurück. Der Sitz kalt. Das Auto kalt. Das Gebläse voll aufgedreht, aber es kam erst noch eiskalte Luft heraus. Sie steckte die Hände in die Manteltaschen.
Der Onkel fuhr die steile Rampe zur Straße hinauf. Man musste nach rechts einbiegen. Wo sie da herauskämen, fragte er. Sie zuckte mit den Achseln. Sie wusste es nicht. Er beugte sich weit vor und schaute sich um. Dann bog er in die Straße nach rechts. Er habe telefoniert, sagte er dann. Und er habe sich als ihr Vater ausgegeben. Es tue ihm leid, aber diese Lüge sei notwendig gewesen. Er hätte sonst keine Auskunft bekommen. Sie nickte. Das sei schon in Ordnung. Das
Weitere Kostenlose Bücher