Die-Schnaeppchenjaegerin
können die ganze Angelegenheit vergessen.
Aber ehrlich gesagt, könnte ich auch sehr gut darauf verzichten. Jetzt habe ich schon zwei Gründe, nicht ans Telefon gehen zu wollen.
Wie dem auch sei - bis Samstag habe ich weder von-Tarquin noch von Derek Smeath gehört. Sieht ganz so aus, als würden sie mich endlich alle in Ruhe lassen!
An geringfügig Negativem gibt es zu berichten, dass ich statt der geplanten einhundertfünfzig diese Woche nur drei Rahmen gemacht habe, und dass keiner dieser drei so aussieht wie der auf dem Musterfoto. Der eine ist nicht genug gepolstert, beim zweiten stoßen die Stoffstreifen in der Ecke nicht aneinander, und den dritten ziert ein fetter Klebstofffleck. Ich verstehe nicht, warum mir das so schwer fällt. Andere machen ohne Probleme Hunderte von den Dingern in einer Woche. Frau S. aus Ruislip kann ihre gesamte Familie jedes Jahr auf eine Kreuzfahrt mitnehmen von ihrem Rahmengeld. Wieso kann die das und ich nicht? Das ist wirklich niederschmetternd. Ich meine, ich sollte doch eigentlich relativ intelligent sein, oder? Ich habe schließlich studiert, verdammt noch mal.
Egal, Kopf hoch, sage ich mir. Heute fange ich meinen neuen Job bei Ally Smith an. Wenigstens etwas Geld extra.
Ich bin richtig aufgeregt. Mein erster Tag als Modeexpertin! Ich brauche ziemlich lange, bis ich mich endlich entschieden habe, was ich anziehe. Meine Wahl fällt schließlich auf eine schwarze Hose von Jigsaw, ein knappes Kaschmir-T-Shirt (na gut, halb Kaschmir) und ein pinkfarbenes Wickeltop von Ally Smith.
Ich bin sehr zufrieden mit meinem Outfit und erwarte, dass Danielle eine anerkennende Bemerkung dazu macht -aber sie nimmt gar keine Notiz davon. Sie sagt nur: »Hi. Hosen und T-Shirts sind im Lager. Suchen Sie sich Ihre Größe heraus und ziehen Sie sich in der Kabine da um.«
Natürlich. Wie konnte ich das vergessen? Die Verkäuferinnen bei Ally Smith tragen ja alle das Gleiche. Ist fast schon so eine Art... Uniform, würde ich sagen. Etwas widerwillig ziehe ich mich um und betrachte mich im Spiegel. Was für eine Enttäuschung! Die graue Hose schmeichelt mir nun nicht gerade, und das T-Shirt ist ganz schlicht und langweilig. Ich bin versucht, Danielle zu fragen, ob ich mir nicht etwas Anderes aussuchen darf, aber sie ist so unglaublieh beschäftigt, dass ich es besser lasse. Ich kann sie ja nächste Woche darauf ansprechen.
Und obwohl ich die Uniform nicht mag, ergreift mich dennoch eine Art Lampenfieber, als ich wieder im Laden stehe. Die Scheinwerfer strahlen grell, der Fußboden glänzt frisch poliert, im Hintergrund läuft Musik, und es herrscht eine erwartungsvolle Atmosphäre. So müssen sich Schauspieler oder Musiker fühlen, wenn sie auf die Bühne kommen. Ich betrachte mich wieder im Spiegel und murmele: »Kann ich Ihnen behilflich sein?« Oder vielleicht besser: »Darf ich Ihnen behilflich sein?« Ich beschließe, die freundlichste, zuvorkommendste und beliebteste Verkäuferin aller Zeiten zu werden.
Bis jetzt hat mir noch niemand gesagt, was ich eigentlich tun soll. Ich entwickle also Eigeninitiative - immer sehr beliebt -, gehe zu der blonden Frau, die auf der Kasse herumtippt, und sage:
»Sollen wir das eben schnell hinter uns bringen?«
»Was?«, fragt sie, ohne aufzusehen.
»Na ja, ich sollte doch wohl besser wissen, wie die Kasse funktioniert, bevor die Kunden kommen, oder?«
Dann sieht sie doch auf und fängt zu meiner Überraschung schallend an zu lachen.
»Die Kasse? Sie glauben im Ernst, dass Sie sofort an die Kasse dürfen?«
»Ah«, sage ich und erröte etwas. »Na ja, ich dachte...«
»Sie sind Anfängerin, meine Liebe«, sagt sie. »Sie haben an der Kasse überhaupt nichts verloren. Lassen Sie sich von Kelly zeigen, was Sie heute zu tun haben.«
Pullover zusammenlegen. Elende Pullover zusammenlegen. Das habe ich heute zu tun. In Windeseile das Chaos beseitigen, das die Kundinnen hinterlassen, die sich einen Cardigan ansehen und ihn achtlos wieder auf den Stapel legen. Um elf Uhr bin ich schon fix und fertig. Und davon, dass mir meine Arbeit Spaß machen würde, kann leider auch keine Rede sein. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie deprimierend das ist, jeden einzelnen Cardigan auf die ganz spezielle Ally-Smith-Weise zusammenzulegen und fein säuberlich wieder ins Regal zu räumen - und dann mit ansehen zu müssen, wie irgendjemand ihn rücksichtslos wieder herauszieht, auseinanderfaltet, das Gesicht verzieht und das gute Stück wieder hinlegt. Man würde
Weitere Kostenlose Bücher