Die-Schnaeppchenjaegerin
man vier mitnehmen darf!«, sagt das Mädchen. »Ich meine, schließlich hängen da Schildchen mit einer 4 drauf!« Sie seufzt ungeduldig. »Jedenfalls habe ich ihr die Jeans gegeben und die anderen Sachen anprobiert. Und dann bin ich wieder herausgekommen und wollte die Jeans haben - und jetzt ist sie weg!«
»Weg?«, fragt Danielle spitz. »Wie >weg«
»Ich weiß auch nicht«, sage ich und bemühe mich, völlig ratlos auszusehen. »Vielleicht hat eine andere Kundin sie genommen.«
»Aber Sie haben sie doch in der Hand gehabt!«, sagt das Mädchen. »Also, wie? Ist jemand einfach auf Sie zugestürzt und hat Ihnen die Hose aus der Hand gerissen?«
Ach, halt doch die... - Die muss ja wirklich ein mächtiges Problem haben. Wie kann man nur so besessen sein von einer dämlichen Jeans?
»Vielleicht könnten Sie ja ein anderes Exemplar aus dem Regal holen?«, schlage ich hilfsbereit vor.
»Das war die Einzige«, sagt sie frostig. »Sie hing an dem Ständer mit der reduzierten Ware.«
»Rebecca, jetzt denken Sie doch mal nach!«, sagt Danielle. »Haben Sie die Jeans irgendwo abgelegt?«
»Muss ich wohl«, sage ich unbestimmt. »Hier war so viel los... Wahrscheinlich habe ich sie auf die Stange da gehängt, und dann hat sie jemand anders von da weggenommen.« Ich zucke entschuldigend mit den Schultern, als wollte ich sagen: »Die Kunden heutzutage...«
»Moment mal!«, ruft das Mädchen plötzlich. »Was ist denn das da?«
Ich folge ihrem Blick und erstarre. Die Zebra-Jeans ist unter dem Vorhang hervorgekullert. Einen Moment lang starren wir sie zu dritt an.
»Na, so was!«, stoße ich schließlich hervor. »Da ist sie ja!«
»Und was genau macht sie da unten?«, fragt Danielle.
»Ich weiß es nicht!«, sage ich. »Vielleicht ist sie...«Ich schlucke und treibe meine kleinen grauen Zellen an. »Vielleicht...«
»Sie haben sie sich genommen!«, behauptet das Mädchen ungläubig. »Sie haben sie sich unter den Nagel gerissen! Erst wollten Sie sie mich nicht anprobieren lassen, und dann haben Sie sie versteckt!«
»Das ist doch lächerlich!«, wehre ich ab und hoffe, überzeugend zu klingen. Aber ich spüre schon, wie meine Wangen ein schuldbewusstes Rot annehmen. Mein Gott, warum muss ich eine von denen sein, die bei jeder Gelegenheit rot anlaufen? Warum?
»Sie kleines -« Das Mädchen unterbricht sich selbst und wendet sich an Danielle. »Ich möchte mich über eine Ihrer Mitarbeiterinnen beschweren!«
»Rebecca«, sagt Danielle. »Kommen Sie bitte in mein Büro.«
Moment mal! Will sie mich nicht verteidigen? Steht sie dem Mob gegenüber etwa nicht hinter ihren Angestellten? Was ist mit betrieblicher Solidarität?
»Sofort!«, zischt sie, und ich zucke verängstigt zusammen. Auf dem Weg zu ihrem Büro (na ja, wohl eher ein Besenschrank) bemerke ich, wie alle anderen Angestellten mir nachsehen und sich gegenseitig anstupsen. Oh, Gott, ist das peinlich. Aber es wird schon schiefgehen. Ich sage einfach, dass es mir Leid tut, verspreche, dass so etwas nie wieder vorkommen wird und biete an, ein paar Überstunden zu machen. Wenn sie mich nur bloß nicht...
Ich fasse es nicht. Sie hat mich gefeuert. Ich habe nicht einmal einen Tag dort gearbeitet und bin schon rausgeflogen. Ich war so schockiert, als sie mir das sagte, dass ich beinahe geheult hätte. Ich meine, mal abgesehen von der Sache mit der Zebra-Jeans fand ich, dass ich meine Sache ziemlich gut gemacht habe. Aber so, wie es aussieht, gehört das Verstecken von Ware vor den Kunden zu den Vergehen, die automatisch zur Kündigung führen. (Was ich reichlich unfair finde, denn davon hatte sie mir in dem Einstellungsgespräch nichts gesagt.)
Ich ziehe die graue Hose und das T-Shirt wieder aus und bin ausgesprochen bedrückt. Meine Karriere im Einzelhandel ist vorbei, ehe sie richtig angefangen hat. Ich habe bloß zwanzig Pfund bekommen für heute - und Danielle meinte, das sei noch großzügig. Als ich sie fragte, ob ich noch eben schnell mit meinem Angestelltenrabatt ein paar Klamotten kaufen könnte, hat sie mich angesehen, als wollte sie mir eine runterhauen.
Alles ist schiefgelaufen. Kein Job, kein Geld, kein Rabatt, bloß lausige zwanzig Pfund. Trübsinnig und mit den Händen in den Taschen schlendere ich die Straße entlang. Lausige zwanzig Pfund. Was, bitte, soll ich denn mit »Rebecca!« Ich sehe auf und finde mich leicht benommen mit einem Gesicht konfrontiert, das ich kenne. Aber wer ist das? Das ist... das ist... das ist...
»Tom!«, rufe ich
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