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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Vergrößerung der Belegschaft machte es notwendig, neben den ausgebildeten Sanitätern in der Grube auch noch im Krankenrevier eine ausgebildete Krankenschwester zu engagieren. Nach langem Suchen hatte die Personalabteilung endlich die junge Carla Hatz gefunden. Sie hatte gerade ihre Schwesternprüfung hinter sich und trat bei Zeche Emma II ihre erste Stelle an. Dr. Pillnitz betrachtete das schwarzhaarige, zierliche, hübsche Mädchen mit kritischen Blicken. Ein pausbäckiges Gesicht, flinke Äugelchen, ein appetitlicher Körper, schlanke Beinchen, ein von Jugend und Lebensfreude sprühendes Schwesterchen. Dr. Pillnitz fand die Sache bedenklich.
    »Willkommen, Schwester Carla«, sagte er mit seinem typischen sarkastischen Unterton. »Soweit man willkommen zu einem Kuckucksei sagen soll.«
    »Bernhard –« Dr. Waltraud lächelte der verblüfften Schwester aufmunternd zu. »Dr. Pillnitz hat eine besondere Art von Humor.«
    »Sie sind zu hübsch!« Dr. Pillnitz zeichnete in der Luft mit seinem Bleistift die Figur der appetitlichen Carla nach. »Das ist es! Wir haben hier über 400 unverheiratete Männer, und neuerdings 120 Italiener, die den Vesuv in ihrem Blut mitgebracht haben.« Er wandte sich ab. Wieder stand das Bild vor seinen Augen: Veronika, wie sie sich in die Arme Luigi Cabanazzis warf. Eine Frau, die alle Hemmungen verlor und nur noch Lust erleben wollte, die ihr vermittelt wurde von diesem jungen, starken Cabanazzi. Ein Name, den er nie vergessen würde.
    »Ich weiß mich zu wehren, Herr Doktor!« sagte Carla Hatz fröhlich. »Ich habe ein Jahr lang auf einer Männerstation praktiziert. Da lernt man alle Kniffe.«
    »Bravo!« Dr. Waltraud lachte amüsiert. »Da haben Sie's, Bernhard!«
    Dr. Pillnitz ordnete auf seinem Schreibtisch einige Blätter und die Schreibutensilien. Veronika, dachte er, sie hat mich weggeworfen wie einen alten Gegenstand, den man nicht mehr braucht.
    »Ein Krankenhaus und ein Pütt sind zwei verschiedene Stiefel«, sagte er. »Lassen Sie erst einmal unsere Leute hier aufmarschieren, wenn sich herumspricht: Im Revier ist ein leckeres Mäuschen …«
    Schwester Carla wurde rot, aber Dr. Pillnitz fuhr ungerührt fort: »Sie sollten einen Judolehrgang machen, Schwester, glauben Sie mir. Lachen Sie nicht. Sie werden noch an meine Worte denken.«
    Nach dieser ziemlich ungewöhnlichen Begrüßung begann die Arbeit: Einige Verletzungen, die ambulant behandelt wurden, Röntgendurchleuchtungen, Kontrolluntersuchungen und die umstrittenste Tätigkeit: das Gesundschreiben.
    Unter denen, die sich krank gemeldet hatten, war auch Luigi Cabanazzi. Dr. Pillnitz preßte die Lippen zusammen, als der Italiener plötzlich im Untersuchungszimmer stand, lächelnd, die schwarzen Locken kraus in der Stirn, mit bloßem Oberkörper, braungebrannt und dunkel behaart. Schwester Carla Hatz starrte ihn an und vergaß, was sie tun sollte.
    »Einen Spatel!« herrschte Dr. Pillnitz sie an. Sie zuckte zusammen und lief zum Instrumentenschrank. »Das ist ein Mann, Schwester! Von oben bis unten und auch in der Mitte! Ich denke, Sie kennen Männer?«
    Schwester Carla schwieg. Sie reichte den Holzspatel und machte sich daran, Tupfer zurechtzulegen. Dr. Waltraud Born war nicht im Zimmer. Sie stand nebenan im Durchleuchtungsraum und betrachtete auf dem Röntgenschirm eine mit feinen schwarzen Punkten durchsetzte Lunge: Kohlenstaub in den Luftbläschen.
    »Was wollen Sie?« Dr. Pillnitz stand vor Cabanazzi. Er hat Parmesan gegessen, dachte er. Wenn er atmet, riecht er nach Käse. Und von diesem Mund läßt sich Veronika küssen. Man sollte dem Kerl so in die Fresse schlagen, daß ihm die stinkenden Zähne aus dem Maul springen.
    »Na, was ist?« fragte er grob.
    »Husten, dottore«, sagte Cabanazzi höflich.
    »Na und?«
    »Hier wehtun, wenn husten.« Cabanazzi zeigte auf seine Brust. »Und hier auch, dottore.« Er fuhr sich mit den Fingern über den Hals. Lange, schmale Finger. Finger, die Veronika betastet, die ihr das Kleid geöffnet hatten, die … Dr. Pillnitz schluckte und zerbrach in der Hand den hölzernen Spatel. Er merkte es gar nicht, er sah auf den Hals Cabanazzis und wünschte sich, ihm die Kehle zudrücken zu können.
    »Mund auf!« sagte er rauh. Cabanazzi sperrte den Mund auf und streckte die Zunge heraus. Es kostete Dr. Pillnitz eine ungeheure Überwindung, ihm in den Hals zu sehen. Er sah einen weißgelben Belag und wünschte sich, daß es keine Mandelentzündung, sondern eine tödliche Diphtherie

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