Die schöne Ballerina (German Edition)
Schweißtropfen auf ihren Augenbrauen. Jemand tupfte ihr das Gesicht trocken und legte neues Make-up auf, während sie Nicks ersten Auftritt verfolgte. Binnen weniger Sekunden hatte er wie immer das Publikum fasziniert.
Alles geht gut, dachte Lindsay erleichtert.
Dann kam die letzte Szene. Die Musik war jetzt gedämpft. Lindsay trug ein fließendes blaues Gewand, das bis zu den Knien reichte. Sie war Ariel und musste sich entscheiden, ob sie ihre Unsterblichkeit ihrer Liebe zu dem Prinzen opfern wollte. Sie tanzte allein im Mondlicht, das durch die Bäume des Waldes fiel, und dachte daran, wie sie ihr Leben inmitten der Blumen und Pflanzen geliebt hatte. Nun sollte es vergänglich werden, wollte sie den Mann, den sie liebte, nicht verlieren. Die Wahl war schmerzlich, und sie sank weinend zu Boden, als der Prinz den Wald betrat. Er kniete neben ihr nieder und berührte ihr Gesicht mit der Hand.
Anschließend folgte der große pas de deux , in dem Ariel ihre Liebe zum Ausdruck bringt und der Prinz seine Angst, sie zu verlieren. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen, gleichzeitig fürchtet sie auch, sterblich zu werden. Als der Tag anbricht, muss sie sich entscheiden. Der Prinz streckt seine Hand nach ihr aus, aber sie wendet sich ab. Unsicher. Verängstigt.
Er glaubt, sie verloren zu haben, und will sie verlassen, doch im letzten Augenblick ruft sie ihn zurück. Die ersten Sonnenstrahlen fallen durch die Bäume, als sie ihm entgegenläuft. Er reißt sie in seine Arme und trägt sie von der Bühne.
Als der Vorhang sich schloss, hielt Nick sie immer noch an sich gedrückt. Er sah ihr in die Augen und sagte einfach: »Danke.« Dann küsste er sie so sanft, als wolle er einem Freund Lebewohl sagen.
»Nick.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Horch«, forderte er sie auf und wies auf den Vorhang. »Hörst du, wie das Publikum tobt? Wir können es nicht warten lassen.«
Blumen. Menschen. Lindsays Garderobe war so voll, dass kaum jemand sich bewegen konnte. Champagner wurde herumgereicht. Lindsay beantwortete Fragen, nahm Glückwünsche entgegen und lächelte unaufhörlich, bis ihre Wangen schmerzten.
Als es Ruth gelang, sich zu ihr durchzukämpfen, bat Lindsay: »Bleib in meiner Nähe, bitte. Ich bin immer noch nicht wieder ganz da. Ich brauche dich.«
»Oh Lindsay.« Ruth warf ihre Arme um Lindsays Nacken. »Du warst wundervoll. Ich habe nie etwas Schöneres gesehen!«
Glücklich darüber, dass Ruth sie beim Vornamen genannt hatte, lachte Lindsay und erwiderte die Umarmung. Dann stand Nick plötzlich neben ihr. Er sah, dass sie am Ende ihrer Kraft war, und lud die Anwesenden zu einer Feier in ein nahe gelegenes Restaurant ein.
»Ihr müsst ptitschka – mein Vögelchen – jetzt allein lassen, damit sie sich anziehen kann«, sagte er jovial und klopfte einem der Herren auf den Rücken. »Und verwahrt uns genug Champagner und Kaviar! Aber russischen!«
Innerhalb weniger Minuten waren nur noch Lindsay, Ruth und Nick in der Garderobe.
»Fandest du deine Lehrerin gut heute Abend?«
Ruth lächelte. »Hinreißend!«
»Das finde ich auch.« Er nickte. »Ruth, würdest du uns bitte einen Augenblick allein lassen? Diese Dame hier und ich, wir haben noch etwas zu besprechen.«
»Natürlich«, antwortete Ruth und wollte sich sofort zurückziehen.
»Warte«, rief Lindsay, nahm eine einzelne Rose von ihrem Toilettentisch und reichte sie dem Mädchen. »Für eine zukünftige Primaballerina.«
Ruth konnte nichts sagen. Ihre Augen glänzten verdächtig, als sie das Zimmer verließ.
»Was für ein gutes Herz mein Vögelchen hat«, flüsterte Nick, nahm ihre Hand und küsste sie.
»Du wirst sie schon in zwei, drei Jahren herausbringen, nicht wahr, Nick?«
Er nickte. »Sie gehört zu denjenigen, die es schaffen.« Er sah ihr in die Augen. »Nie werde ich mit einer besseren Partnerin tanzen als mit dir, ptitschka . Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch, Nick.«
»Willst du mir heute Abend noch einen Gefallen tun?«
»Wie könnte ich dir etwas abschlagen.« Sie lächelte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
»Da ist jemand, der dich gerne noch heute Abend sprechen möchte.«
Sie sah ihn mit komischer Verzweiflung an. »Ich hoffe nur, es ist nicht noch ein Reporter! Aber ich empfange, wen immer du willst, solange du nur nicht von mir verlangst, zu diesem Empfang zu gehen.«
»Gut, du bist entschuldigt.« Nach einer Verbeugung ging er zur Tür, von wo aus er noch einmal zurückblickte.
Lindsay blieb erschöpft
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