Die Schöne des Herrn (German Edition)
wirst sehen, sehr elegant. Mein Vorname steht natürlich auch drauf. Und dahinter
Esq
. Also, ich fahre fort. Am nächsten Tag Punkt dreizehn Uhr erscheine ich in großer Gala im Palast. Ich weise mich dem Wachhabenden gegenüber aus, das heißt, ich zeige ihm meine Einladung, worauf er Haltung annimmt, tadellos salutiert und mich durchlässt. Ich gehe weiter zu den Stufen, und da, auch wieder bezeichnend, präsentieren die beiden Wachen vor mir das Gewehr! Sie sehen, liebe gnädige Frau, wie aufmerksam man Ihren Herrn Gemahl behandelt! O là là, wie sehr hätte ich mir gewünscht, du wärst dabei! Nach allen möglichen monumentalen Treppen und Riesensälen werde ich von einem Adjutanten in einen grandiosen Salon geführt. Seine Exzellenz erhebt sich, als ich eintrete. Wie ich dir sagte, ist er Feldmarschall.
His Excellency Field Marshal
Lord Plummer. Also Shakehands, ich verneige mich leicht, danke ihm für die Ehre und so weiter, aber mit ausdruckslosem Gesicht, ganz junger Diplomat, der das Protokoll gewohnt ist. Natürlich Handkuss für Lady Plummer, als sie kurz nach mir eintritt, und ich verneige mich leicht, nun ja, alles sehr gelungen. Dann Cocktails, gefüllte Oliven, Gespräch über diverse politische, wirtschaftliche und soziale Themen. Schließlich tritt ein Majordomus ein und teilt Lady Plummer,
Her Ladyship
auf Englisch, mit, dass das Essen serviert sei. Also auf in den Speisesaal! Ich biete Lady Plummer den Arm und trete folglich als Erster ein! Zum Glück hat mich der Adjutant vorher noch diskret instruiert. O là là, wenn du mich hättest sehen können, wie ich feierlich mit der Gattin eines englischen Feldmarschalls eintrat! Prächtiger Speisesaal, tadellose Dienerschaft, ein paar arabische Diener von mindestens zwei Metern Größe mit blendend weißen Dschellabas und breiten roten Seidengürteln, der Tisch funkelnd von Kristall, Besteck mit dem offiziellen britischen Wappen! Man spürte direkt die Macht eines überlegenen Milieus! Ich muss zugeben, ich war bewegt. Morgen werde ich dir in extenso meine Notizen vorlesen, mit allen Einzelheiten, wie ich mich bei Tisch gehalten habe, und die anderen Gäste, lauter hochgestellte Leute, und trotzdem, hm, war ich derjenige, der Lady Plummer den Arm geboten hat! (Er streckte kurz die Zungenspitze heraus und ließ sie sofort wieder verschwinden.) Nun ja, morgen werde ich dir alles erzählen, was aufgetragen wurde, ich habe alles notiert, die Themen der Tischgespräche, auf Englisch natürlich, meine Erwiderungen, die ich wohl ohne falsche Bescheidenheit als geistreich bezeichnen kann, wenn auch natürlich stets in den Bahnen der Vorsicht,
esprit latin
und Diplomatie! Und ich zur Rechten von Lady Plummer! Tja, also das alles morgen, meine Notizen sind äußerst vollständig, ich habe sie gleich nach meiner Rückkehr ins King aufgeschrieben, als die Erinnerung noch frisch war. Nur noch eins, mein darauffolgendes Mittagessen mit dem Adjutanten, ein charmanter junger Offizier, alte Adelsfamilie, Eton und Oxford, spricht ausgezeichnet Französisch, literarisch interessiert. Ich hatte ihn für den nächsten Tag ins King eingeladen. Champagner während der ganzen Mahlzeit! Und im Laufe des Gesprächs habe ich ganz nebenbei und ohne jeden Hintergedanken gesagt, es ärgere mich, noch eine ganze Woche auf einen Platz im Flugzeug warten zu müssen, na ja, ich habe natürlich ›unangenehm‹ gesagt. Und da hat er geheimnisvoll gelächelt, weißt du, so ein reserviertes Lächeln, ganz englischer Adel. Und dieses Lächeln habe ich erst am nächsten Tag verstanden, als er mich im King anrief, um mir zu sagen, und jetzt halte dich fest, um mir zu sagen, dass einer der von Amts wegen für das Hochkommissariat reservierten Plätze mir in dem Flugzeug, das noch am Abend starte, zur Verfügung stehe! Stell dir vor, ein richtiger V.I.P.-Platz, das bedeutet
Very Important Person
. Da erübrigt sich jeder Kommentar, hm? Jedenfalls siehst du wieder mal, was einflussreiche Beziehungen ausmachen, das ist das Einzige im Leben, was zählt, ohne Beziehungen, ohne Kontakte bringt man es zu nichts. So, und morgen alle weiteren Einzelheiten. Sag mal, du hast doch hoffentlich all meine Briefe aufbewahrt? Ich gebe darin nämlich allerhand Details hinsichtlich des Lokalkolorits, die ich für meinen großen Missionsbericht brauchen könnte. Sehr gut, Gott sei Dank. Denn das wird auch die nach jeder Unterredung gemachten Notizen vervollständigen. Ich brauche dir nicht zu sagen, dass ich
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