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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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kein einziger Platz mehr im Flugzeug frei, ich habe mich natürlich auf meinen offiziellen Status berufen, aber nichts zu machen, alles besetzt, und da habe ich mich für den Zug heute früh entschieden. Ich wollte dir eigentlich telegrafieren, aber dann habe ich mir gesagt, es wäre doch viel schöner, dich zu überraschen, verstehst du? Sie ist glücklich, meine Rianounette, hm? Ist das nicht eine tolle Überraschung, hm, Zuckerschnäuzchen? Weißt du, Mammi hat natürlich ein Riesentheater gemacht, aber was soll’s, schließlich hat man doch das Recht, nach drei Monaten Trennung sein angetrautes Weib wiedersehen zu wollen! Freust du dich, hm? Warte, ich werde dir gleich die Geschenke zeigen.«
    Er gähnte und murmelte Adelstitel vor sich hin. Baron Adrien Deume, Comte de Deume, General Marquis de Deume. Er gähnte stärker und erhob sich auf der Suche nach einem neuen Zeitvertreib. Er ließ die Scheibe herunter und lehnte sich hinaus. Im heftigen Fahrtwind zwinkerte er mit den Augen, was ihm einen strengen und scharfsinnigen Gesichtsausdruck verlieh. Die Telegrafendrähte schwankten auf und ab, entfernten sich, zogen sich auseinander, die Masten senkten sich und richteten sich wieder auf, weiße Tassen auf ihren Spitzen, Bäume hoben sich mit kinematographischer Geschwindigkeit vom Himmel ab, sausten mit gebeugtem Rücken vorbei, nach hinten zu den zurückgelassenen grünen Bahnsignalen, während auch die für immer unbekannten Steine zwischen den Schienen gegenüber entflohen, schraffiert von schwindelerregenden Streifen, die plötzlich aufleuchteten.
    Die Lokomotive trieb rasend ihre Verzweiflung voran, und er kehrte ins Abteil zurück, setzte sich auf die rotsamtene Sitzbank, seufzte wohlig und lächelte seiner Frau zu. Was für einen schönen Busen sie hatte. Der reinste Marmor, mein Alter, das solltest du mal sehen, du kannst mir glauben, heute Abend werde ich auf meine Kosten kommen. Ja, sobald er da war, würde er sie küssen, sie fest an sich drücken, und dann marsch ins Bett, in ihres oder in seins! Nein, lieber in ihres, das war größer. Sie schnell ausziehen, ihr sagen, sie solle sich hinlegen, und dann nichts wie los, ganz der Draufgänger! Im Grunde liebten die Frauen das. Denn, verdammt noch mal, drei Monate hatte er darauf verzichten müssen, jetzt konnte er einfach nicht mehr! Danach würde er aufstehen, ein gutes Pfeifchen rauchen, denn das liebte er über alles nach Erfüllung der ehelichen Pflichten, und den Koffer mit den Geschenken öffnen! Das Gemälde! Sie würde vor Freude in die Hände klatschen! Und dann würde er ihr alles über seine Dienstreise erzählen, die Unterredung mit dem Hochkommissar, einem Lord, Donnerwetter, und das Mittagessen beim Hochkommissar, Feldmarschall noch dazu, Donnerwetter, und ihr die Fotos von sich mit den hohen Tieren zeigen, einfach alles, das würde sie interessieren, sie würde stolz auf ihren Mann sein.
    »Das interessiert dich, hm, Zuckerschnäuzchen? Ich muss zugeben, dass ich meine Sache nicht schlecht gemacht habe. Erfolg auf der ganzen Linie! Was ihm, glaube ich, unter anderem besonders gefallen hat, ist, dass ich mich nicht darauf beschränkt habe, ein Beamter, wenn auch ein hochgestellter, zu sein, sondern, verstehst du, dass ich mich sozusagen auf eine höhere Ebene begeben habe, indem ich literarische Ansichten, lateinische Zitate eingestreut habe, also ganz Mann von Welt, verstehst du? Schön, also ihr von meinen Glanzleistungen in Syrien erzählen und dann auf das Nonplusultra kommen, nämlich Palästina, weil das der absolute Höhepunkt war, da wird sie große Augen machen. Beginnen mit den Kontakten zu den Abteilungen des Hochkommissariats, dem Sammeln von Elementen für die Dokumentation, den ersten Einladungen in mein Hotel, ihr alles genau beschreiben, phantastisch, weißt du, Liebes, mein Hotel, das King David, das Beste, allererste Klasse. Dort hatte ich ein ganzes Appartement, eine Suite, wie man in den großen Luxushotels sagt, das heißt Salon, Schlafzimmer, Privatbad mit allem Komfort. Eine Suite macht sich besonders schick, denn wenn dich irgendein Hochgestellter besuchen kommt, brauchst du nicht hinunterzugehen, um ihn in einem Gesellschaftsraum unten zu empfangen, du empfängst ihn bei dir, in deinem Salon, verstehst du den feinen Unterschied, das macht einen ganz anderen Eindruck, du bist jemand. Und du kannst mir glauben, man fühlt sich auch so, wenn man eine Suite im King hat! Ja, in einem gewissen Milieu sagt man dort

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