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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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die Schachteln mit den Zigarren und Zigaretten besser zur Geltung kamen, und Adrien erwies sich als Spezialist für die ständig perfektionierte künstlerische Unordnung seiner Luxusausgaben in limitierter Auflage.
    Frau Deume verließ ihrerseits nicht weniger als siebenmal den Salon: um »den Dienstboten Anweisungen zu geben«, um sich zu vergewissern, dass es im Vestibül nicht nach Potage Bisque roch, um noch etwas Puder aufzulegen, um einen letzten Blick auf den Tisch im Esszimmer und den Waschraum zu werfen, um ihr Samthalsband zu richten, um ein mögliches Zuviel an Puder wieder zu entfernen und sich die Augenbrauen zu glätten, und schließlich, um letzte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, denen das Geräusch der Wasserspülung folgte. Als sie zurückkehrte, gab sie, während sie sich über das Hinterteil strich, Hippolyte und Didi den Rat, nacheinander ihrem Beispiel zu folgen.
    »Wie spät?«, fragte sie zum dritten Mal.
    »Sieben Uhr dreizehn«, sagte Adrien.
    »Nur noch siebzehn Minuten«, sagte Herr Deume, der sich innerlich noch immer die Vorschriften des Leitfadens für gutes Benehmen vorsagte.
    Nicht den Teller mit einem Stück Brot auswischen, einverstanden, das war leicht. Es ist Sache des Höhergestellten, die Konversation zu beginnen, ebenfalls einverstanden. Wenn nun aber dieser Herr nicht beginnt, soll man dann nichts sagen? Es wäre doch komisch, wenn alle sich stumm anblickten und warteten, bis dieser Herr sich entschlösse zu beginnen. Und was noch? Ach ja, gemeinsame Bekannte erwähnen, wenn man vorgestellt wird. Aber er hatte ja keine gemeinsamen Bekannten mit diesem Herrn. Oder doch, er hatte Didi. Man würde also von Didi reden. Aber was sollte er sagen, außer dass er Didi gern hatte. Im Grunde hätte man noch ein bisschen länger in Brüssel bleiben und nicht so schnell nach Genf zu diesem verdammten Galadiner zurückkehren sollen. Das war mal wieder ihre Schuld, sie konnte es einfach nicht lassen, die große Dame zu spielen.
    »Didi, es ist doch ausgemacht, dass deine Frau herunterkommt, sobald er eingetroffen ist?«
    »Ja Mammi, ich habe Martha entsprechende Anweisungen erteilt. Sie wird sie rufen, sobald er da ist.«
    »Was Martha betrifft«, sagte Frau Deume, »so wird sie die Tür aufmachen, ich habe sie eben entsprechend angewiesen.«
    »Aber warum nicht der Oberkellner? Das ist doch vornehmer.«
    »Er wird den Oberkellner schon sehen, denn der Oberkellner wird bei Tisch bedienen. Ich will aber auch, dass er das Dienstmädchen sieht, oder vielmehr die Kammerzofe, denn sie wird die kleine gestickte Schürze und das weiße Häubchen tragen, die ich ihr gestern gekauft habe. Wenn wir schon eine Kammerzofe und einen Oberkellner haben, dann soll er auch ruhig beide sehen. Ich habe Martha genaue Anweisungen erteilt, wie sie die Tür öffnen, wie sie Guten Abend sagen, wie sie ihm den Hut abnehmen und ihn in den Salon führen soll, wo wir ihn empfangen werden. (Der kleine Alte erschauderte.) Ich habe ihr auch weiße Handschuhe gekauft, wie bei Madame Ventradour. Ich habe ihr gesagt, sie soll sie jetzt schon anziehen, damit sie sie nicht im letzten Moment vergisst. Bei ihrem Spatzenhirn! Nun ja, falls nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt, ist alles in Ordnung.«
    »Hör mal, Mammi, ich habe eine Idee«, sagte Adrien, der stehen geblieben war, die Hände in den Taschen. »Weißt du, was mir etwas Sorge macht, das Vestibül ist ein bisschen kahl. Ich werde das abstrakte Gemälde, das bei mir hängt, schnell herunterholen und im Vestibül aufhängen, es ist von einem gegenwärtig sehr geschätzten Maler. Es wird sich gut machen an Stelle dieser nichtssagenden Radierung.«
    »Aber Didi, dafür haben wir keine Zeit mehr!«
    »Oh, hör mal, es ist genau sieben Uhr zwanzig, ich werde nicht mal zehn Minuten dazu brauchen.«
    »Und wenn er zu früh kommt?«
    »Ein hohes Tier kommt nie zu früh! Also los.«
    »Jedenfalls will ich nicht, dass du dieses Gemälde selbst trägst, es ist zu schwer, das ist eine Arbeit für Martha.«
    Um sieben Uhr vierundzwanzig stand Martha auf einem Schemel, der auf einem Stuhl stand, und versuchte das große Gemälde voller Kreise und Spiralen aufzuhängen, während Frau Deume sie fest an den dicken Knöcheln hielt.
    »Vorsichtig, damit Sie nicht fallen!«, schrie Herr Deume.
    »Was schreist du denn so?«, fragte Frau Deume, ohne sich umzudrehen.
    »Pardon, ich entssuldige mich«, sagte Herr Deume, der sich nicht zuzugeben traute, dass er das tat, um sich daran zu

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