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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Adrien.
    »Und, du bist ganz schön zerstreut«, sagte sie fast gutgelaunt. »Ein bedauerliches Missverständnis. Er hat mir gesagt, du hättest ihn für nächsten Freitag eingeladen! Die ganze Mühe für nichts und wieder nichts! Na ja, er wird gegen zehn Uhr kommen, nach irgendeinem großen Diner, an dem er teilnehmen muss, sobald er sich freimachen kann, was immerhin sehr rücksichtsvoll ist, wenn man bedenkt, dass das mit Sicherheit seine Pläne durcheinanderbringt. Also Adrien, wirklich, ich begreife nicht, wie du so zerstreut sein kannst!«
    Er wehrte sich nicht, aber so leicht ließ er sich nicht täuschen. Fadenscheinig, diese Ausrede des U.G.S. Noch vorgestern hatte er Miss Wilson eine Nachricht für den U.G.S. gegeben, in der er ihn an das Diner von heute Abend erinnert hatte, ein Promemoria, wie die Hellers. Zum Glück hatte er Mammi nichts gesagt. Der U.G.S. hatte es vergessen, das war alles. Aber lieber nichts sagen, besser, man gilt als zerstreut, als man ist jemand, dessen Einladung man vergessen hat. Nur schade um die zweihundert Gramm Kaviar, und frischen Kaviar noch dazu. Nun ja, er würde kommen, das war die Hauptsache.
    »War er selbst am Apparat?«, fragte er.
    »Zuerst ein Lakai«, sagte Frau Deume mit bewegter Stimme, »aber dann wurde ich mit dem Herren Untergeneralsekretär verbunden. Ich muss sagen, er war charmant, eine sehr angenehme Stimme, wohltönend, ein bisschen tief, und von einer Höflichkeit! Also zuerst die Erklärungen über das Missverständnis, dann seine Entschuldigung und sein Bedauern, und alles wunderbar formuliert, man merkt sofort, sehr gutes Mijöh! Ein Glück, dass ich die Eingebung hatte, ihn anzurufen, es war im letzten Moment, denn er war fast schon zur Tür hinaus, um zu einem großen Galadiner zu gehen.«
    »Das hat er dir einfach so gesagt?«, fragte Adrien.
    »Na ja, ich nehme an, dass es sich um ein Galadiner handelt, weil er zur Argentinischen Delegation geht. Er hat mir erklärt, er würde sich bei der Delegation entschuldigen und das Missverständnis erklären und gleich nach dem Diner gehen, um zu uns zu kommen. Wirklich, absolut charmant! Ich muss gestehen, er hat mich erobert. Man muss zugeben, dass er sich wirklich Mühe gibt, schließlich zeugt es von gutem Willen, wenn er gleich nach diesem Diner bei den Herren von der Argentinischen Regierung zu uns kommen will, das ist schmeichelhaft für uns. Es ist komisch, aber ich fühlte mich so entspannt, als ich mit ihm sprach. Ich kann sagen, dass wir bereits Bekanntschaft geschlossen haben«, sagte sie mit jungfräulichem Lächeln.
    »Jedenfalls sseint man bei den Argentiniern sspät zu essen«, sagte Herr Deume, der am Verhungern war.
    »Je höher man gestellt ist, desto später isst man«, sagte Frau Deume, die ihr Telefongespräch wohlwollend gestimmt hatte. »Jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind, und ich muss sagen, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen. Jetzt ist alles klar und eindeutig, er hat mir gesagt, er würde Punkt zehn hier sein. Jetzt müssen wir als erstes einmal diesen Oberkellner loswerden, denn ich will sein Gesicht hier nicht mehr sehen. Für die Erfrischungen werden wir uns mit Martha behelfen. Hippolyte, geh zu diesem Clown und sag ihm, das Diner findet nicht statt, und sag es auch dem Koch. Gib ihnen etwas, damit sie keine Geschichten machen, drei Franken für jeden, das genügt vollkommen. Didi wird es dir zurückgeben.«
    »Weißt du, ich trau mich nicht.«
    »Ich gehe«, sagte Adrien, »und dann erkläre ich gleich auch Ariane die Situation.«
    »Ach, mein armer Didi, dir bleibt auch nichts erspart. Aber du bist eben der Mann im Haus. Und schick mir bütte Martha ins Esszimmer.«

***

    Als Herr Deume, seiner Gemahlin folgend, ins Esszimmer trat, war er wie geblendet vom Anblick des prunkvoll gedeckten Tisches, der durch Blumen, Kerzen und Champagner noch zusätzlich geadelt wurde. Er schnaufte glücklich. Jetzt konnte man endlich all die schönen Dinge ungestört im Familienkreis genießen, ohne ständig von diesem wichtigen Herrn beobachtet zu werden, und vor allem konnte man den Spargel mit den Fingern essen! Er blickte mit seinen großen runden Augen gerührt drein und rieb sich die Hände.
    »Also gehen wir zu Tisch?«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte Frau Deume. »Wir werden im Stehen einen kleinen Imbiss nehmen, rapido presto. Martha, bringen Sie Brot und Käse und die drei Schinkensandwiches, die vom Mittag übrig sind. Stellen Sie das alles auf das

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