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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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nicht. Kommst du mit?«
    Obwohl Mathias allem, was sich nach 10000 vor Christus hatte ereignen können, gleichgültig und eher feindselig gegenüberstand, hatte er bei dem schlanken, stets schwarzgekleideten Mediävisten mit dem silbernen Gürtel immer eine unbegreifliche Ausnahme gemacht. Um die Wahrheit zu sagen: Er sah diese freundschaftliche Schwäche eher als eine Geschmacksverirrung. Aber seine Zuneigung zu Marc, seine Wertschätzung für den wendigen und scharfen Geist dieses Typen hatten ihn gezwungen, die Augen vor der empörenden Entscheidung zu verschließen, die sein Freund zugunsten dieser degenerierten Epoche der Menschheitsgeschichte getroffen hatte. Trotz dieses schockierenden Fehlers neigte er dazu, Marc zu vertrauen, und hatte sich sogar häufig dazu hinreißen lassen, ihm in seine albernen Phantasien eines verarmten Feudalherrn zu folgen. Selbst heute, wo klar war, daß dieser verarmte Feudalherr eindeutig vom Pferd geworfen war und nichts mehr besaß als den Pilgerstab, kurz, daß er in einer der seinen völlig gleichwertigen Scheiße saß (was ihm übrigens Vergnügen bereitete), selbst in diesem Zustand hatte Marc jenen Anflug von liebenswürdiger und überzeugender Majestät nicht verloren. Gewiß, ein bißchen Bitterkeit in den Augenwinkeln, auch etwas Kummer, Erschütterungen und Krache, die er sicherlich lieber nicht erlebt hätte, das alles ja. Aber trotzdem noch Charme und Reste von Träumen, die er, Mathias, längst in den Metrogängen der Station Châtelet verloren hatte.
    Sicher, Marc erweckte nicht den Eindruck, als hätte er das Mittelalter aufgegeben. Trotzdem würde Mathias ihn bis zu der Baracke begleiten, von der Marc ihm auf dem Weg erzählte, während er mit seiner beringten Hand durch die graue Luft fuchtelte. Also, eine runtergekommene Baracke mit vier Stockwerken, wenn man den Dachstuhl mitzählte, und einem Garten. Mathias war nicht abgeneigt. Versuchen, die Miete zusammenzubringen. Feuer im Kamin machen. Den Patenonkel von Marc mit dort unterbringen. Was war das für eine Geschichte mit dem alten Paten? Unmöglich, ihn allein zu lassen, entweder mit ihm oder gar nicht. Aha, gut. Unwichtig. Das war Mathias schnurz. Langsam verblaßte die Station Châtelet. Er folgte Marc durch die Straßen, zufrieden, daß auch Marc in der Scheiße saß, zufrieden mit der betrüblichen Nutzlosigkeit dieses arbeitslosen Mediävisten, zufrieden mit der Manieriertheit der Kleidung seines Freundes, zufrieden mit der Baracke, in der sie sicher vor Kälte umkommen würden, denn es war erst März. So zufrieden, daß er, als sie schließlich in einer dieser unauffindbaren Straßen von Paris an dem verrotteten Gitter angekommen waren, durch das man die Baracke inmitten von hohem Gras sah, nicht in der Lage war, die Baufälligkeit des Gebäudes objektiv zu beurteilen. Er fand das alles tadellos. Er wandte sich wieder Marc zu und schüttelte ihm die Hand. Der Handel war perfekt. Aber das, was er mit dem Verkaufen von Ramsch verdiente, würde nicht ausreichen. Marc, der am Gitter lehnte, stimmte mit ihm überein. Beide wurden wieder ernst. Lange Stille. Sie überlegten. Noch ein Verrückter in der Scheiße? Mathias schlug einen Namen vor. Lucien Devernois. Marc schrie auf.
    »Das ist doch nicht dein Ernst, Mathias? Devernois? Weißt du noch, was der Typ macht? Was er ist?«
    »Ja«, seufzte Mathias. »Weltkriegshistoriker. 14-18.«
    »Na also! Du drehst ja wohl völlig ab... Uns bleibt nicht mehr viel, wir müssen über Kleinigkeiten hinwegsehen, ich weiß. Aber es bleibt uns ein bißchen Vergangenheit, um noch von der Zukunft zu träumen. Und was schlägst du vor? Den Ersten Weltkrieg? Einen Zeitgeschichtler? Was denn noch alles? Ist dir eigentlich klar, was du sagst?«
    »Schon gut«, erwiderte Mathias, »aber der Typ ist wirklich kein Arschloch.«
    »Mag sein. Trotzdem. Daran ist nicht zu denken. Alles hat seine Grenzen, Mathias.«
    »Es schmerzt mich genauso wie dich. Obwohl Mittelalter und Zeitgeschichte für mich eigentlich keinen großen Unterschied machen.«
    »Paß auf, was du sagst.«
    »Ja, ja. Aber ich glaube, daß Devernois zwar ein kleines Gehalt hat, aber trotzdem in der Scheiße sitzt.«
    Marc kniff die Augen zusammen.
    »In der Scheiße?« fragte er.
    »Genau das. Er hat seine Stelle an einem staatlichen Gymnasium im Departement Nord-Pas-de-Calais aufgegeben. Jetzt hat er eine jämmerliche halbe Stelle in einer kirchlichen Privatschule in Paris. Überdruß, Enttäuschung, Schreiben und

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