Die schöne Kunst des Mordens

was absurd war; ich habe noch nie jemanden erwürgt. Ich meine, ja, ein wenig Spielerei mit der Schlinge dann und wann, aber doch nur zum Spaß – ich lehne diese Art von persönlichem Kontakt ab, außerdem ist ein Messer so viel sauberer. Selbstverständlich hatte ich mich sehr gefreut, als Coulter für tot erklärt wurde und Dexter damit vom Haken war, doch hatte ich absolut nichts damit zu tun. Wie ich schon sagte, es ist schön, wenn sich alles fügt, nicht wahr?
     
    Das Leben rappelte sich wieder auf und schwankte erneut in seiner alten Routine dahin. Ich ging zur Arbeit, Cody und Astor
     besuchten die Schule, und zwei Tage nach Coulters Beerdigung hatte Rita einen Termin beim Arzt.
    Nachdem sie an diesem Abend die Kinder ins Bett gesteckt hatte, setzte sie sich zu mir auf das Sofa, lehnte den Kopf an meine Schulter und löste die Fernbedienung aus meiner Hand. Sie schaltete den Fernseher aus und seufzte ein paarmal, und als ich meine Neugier nicht mehr zügeln konnte, fragte ich: »Stimmt was nicht?«
    »Nein«, erwiderte sie. »Alles in Ordnung. Ich meine, glaube ich wenigstens. Wenn, äh, wenn du das auch glaubst.«
    »Warum sollte ich anderer Meinung sein?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie und seufzte wieder. »Einfach weil, na ja, wir haben nie darüber gesprochen, und jetzt …«
    »Jetzt
was?
«, fragte ich.
    Es war einfach zu viel. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, auch noch dieses sich im Kreis drehende Gespräch zu ertragen … Ich konnte spüren, wie mein Gereiztheitspegel immer rascher stieg.
    »Der Arzt sagt, es geht mir gut.«
    »Oh«, erwiderte ich. »Das ist gut.«
    Sie schüttelte den Kopf. »
In Anbetracht
 … Du weißt schon.«
    Ich wusste es nicht, und es schien nicht fair, dass sie von mir erwartete, es zu wissen, und das sagte ich auch. Und als sie es mir nach einer Menge Räuspern und Stammeln endlich verriet, stellte ich fest, dass ich ebenso wie sie die Fähigkeit zu sprechen eingebüßt hatte. Das Einzige, was ich herausbrachte, war die Pointe eines uralten Witzes, von der ich wusste, dass sie der Situation nicht angemessen war, doch ich konnte mich nicht bremsen, und sie erklang wie aus weiter Ferne. Ich vernahm Dexters Stimme, die rief:
    Du bekommst
WAS
?

Über Jeff Lindsay
    Jeff Lindsay, geboren 1952, lebt mit seiner Familie in Cape Coral, Florida. Seine Thrillerserie um die Figur des Dexter Morgan
     ist Kult in den USA und fand eine große Fangemeinde. Die Dexter-Thriller sind auch Grundlage für die erfolgreiche TV-Serie
     »Dexter«, die in Amerika einen Quotenrekord nach dem anderen bricht.

Über dieses Buch
    Floridas Metropole Miami wird erneut von einer Mordserie erschüttert. Stets drapiert der Mörder seine Opfer zu einer Art Kunstwerk
     und stellt Videoclips seiner Taten ins Internet. Dexter Morgan, tagsüber Spezialist für Blutanalysen bei der Polizei von Miami,
     ist klar, dass er als »gerechter« Serienkiller nachts mal wieder zu großer Form auflaufen muss …

Impressum
    Die amerikanische Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel
    »Dexter By Design« bei Doubleday, New York.
     
    Deutsche Erstausgabe Dezember 2010
    Copyright © 2009 by Jeff Lindsay
    Copyright © 2010 der eBook Ausgabe by Knaur eBook.
    Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
    Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München.
    Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –
    nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
    Redaktion: Regine Weisbrod
    Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
    Umschlagabbildung: FinePic®, München
    ISBN 978-3-426-40554-3